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Georg Terramare, 1939. Foto: Roberto Kalmar Für Paul Simko ergab sich im Mai 1940, kurz vor seinem 13. Geburtstag, eine gute Gelegenheit zum Arbeiten. Er verdiente 150 Bolivianos im Monat. Am Wochenende blieb Zeit für Unternehmungen mit den Pfadfindern. Bald wechselte er zur Anglo American Trading Company’s La Paz Division und verdiente schon 400 Bolivianos. So begann eine schr erfolgreiche Karriere im Handel.” Anfangsschwierigkeiten, Heimweh, Mittellosigkeit betrafen natürlich nicht nur die geflüchteten Österreicher. Die Simkos saßen einmal in einem Park neben einer Gruppe polnischer Juden. Sie staunten nicht schlecht, als sie hörten, dass sie nicht auf einen Zug warteten, sondern auf ein Dampfschiff, um bald wieder nach Europa fahren zu kénnen. They told us they had been in La Paz but just couldnt stand its primitiveness, dirtiness, and altitude. „So were going back to Europe Jor better or for worse, “one of them said. Nothing can be worse than having to live in Bolivia. °° Am 4. Juli 1939 wurde „Die Rundschau vom Illimani“ vom geflüchteten deutschen Sozialisten Ernst Schumacher gegründet. Nur so konnte man sich über nationale und internationale Ereignisse informieren, ebenso wie über das jüdische Leben in Bolivien berichten. Die Zeitung richtete sich an ein breites Publikum, also auch an deutschsprachige Personen der jüdischen Gemeinschaft, die kein besonderes Interesse an politischen Fragen hatten. Aus diesem Grund und um jede Auseinandersetzung mit der Regierung zu vermeiden],] beschloss der Direktor, der Zeitung kein klares politisches Profil zu geben[,] aufser der eindeutigen Opposition gegen das deutsche Naziregime.” Nach insgesamt 330 Ausgaben erschien die letzte Nummer am 8. April 1946. Schumacher kehrte 1947 nach Deutschland zuriick. Die Kalmars in La Paz Ernst Kalmar zog ein Geschaft zur Erzeugung von Lampenschirmen in La Paz auf. Fritz arbeitete nach seiner Ankunft zunächst bei seinem Bruder mit. Damit konnten sie aber nicht genug Geld verdienen, also verdingte sich Fritz, der Jurist, als Zimmermaler. Aber auch das war nur ein Zwischenspiel — schr bald erkrankte er schwer und nach einer Rippenfell- und einer Lungenspitzenentzündung verbat ihm der Arzt diese Arbeit. Mittlerweile waren auch die Mutter und danach der dritte Bruder, Heinz, in La Paz eingetroffen. Da dieser kein Wort Spanisch sprach, musste er während der folgenden zwei Jahre als Glaser tätig sein. Danach arbeitete er elf Jahre im Uhren- und Juwelengeschäft „Juanita“, wo er das Uhrmacherhandwerk erlernte und schließlich auch Teilhaber wurde. Fritz kam mit dem Ehepaar Terramare in Kontakt. Erst hatte Erna Terrel versucht, eine Erzeugung von Kölnischwasser und Eau de Toilette aufzuzichen, hatte damit aber kein Glück. Georg Terramare, Schriftsteller und Theatermensch, schaffte es, eine deutschsprachige Nachrichtensendung im Radio zu installieren, bei der Fritz mitarbeiten konnte. Das erzielte Einkommen war aber schr gering, so dass die Terramares schließlich ein kleines Uhrengeschäft erwarben. Aufgrund der nicht vorhandenen geschäftlichen Fähigkeiten wurden sie aber immer wieder betrogen. In der Zwischenzeit gründeten Ernst und Heinz eine Pfadfindergruppe, die eine größere Anzahl deutschsprachiger Burschen und Mädchen zusammenführte. Heinz Salzmann und Paul Simko wurden auch Mitglieder dieser Gruppe. Die Verbindung zwischen den Mitgliedern der Gruppe blieb ein Leben lang aufrecht. Nachdem die Radiosendung nach kurzer Zeit eingestellt worden war, gründete Terramare im Oktober 1939 die „Kleine CasinoBühne“. Diese hatte keinen langen Bestand, war aber die Basis für die „Bühne der freien Österreicher“. Das Ensemble setzte sich aus Berufs- und Laienschauspielern zusammen, die zum größten Teil Mitglieder der 1941 gegründeten „Federaciön de Austriacos Libres“ (FAL, Vereinigung der freien Österreicher) waren. Im Ensemble spielten auch die drei Brüder Kalmar mit. Bis Ende der vierziger Jahre konnte die Gruppe einen kontinuierlichen Theaterbetrieb aufrechterhalten. Der „Hogar Austriaco“, das Vereinshaus der Federaciön in La Paz, wurde zum Zentrum eines regen kulturellen Lebens. Der Spielplan des Terramare-Ensembles war — wie überall — stark auf die Unterhaltungsbedürfnisse des örtlichen Publikums ausgerichtet. Besondere Akzente wurden durch die Aufführung von Texten des Autors Terramare gesetzt. So wurde im Februar 1943 sein Schauspiel „Hofopernballett“ aufgeführt, desweiteren, 1946, ein von ihm verfafstes gleichnamiges Stück um die Wiener Volksschauspielerin Therese Krones.*® Das Exiltheater blieb eine Enklave in einer fremden Umgebung. Es wandie sich nahezu ausschließlich an die Exilierten selber bzw. an die mit ihnen sympathisierende, eingesessene deutschsprachige (jüdische) Bevölkerungsgruppe. Berührungen zum spanisch- bzw. portugiesischsprachigen Theater entwickelten sich nur punktuell.” Die FAL versuchte die österreichischen Flüchtlinge zu vereinen. Eines der ersten Ziele war, den Autoritäten klarzumachen, dass Dezember 2015 33