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beschleunigen zu können. Tatsächlich wurde das Gesuch vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus im Januar 1934 genehmigt und im Februar des Jahres auch amtlich bestätigt. Damit konnte der Jüdische Kulturbund in Bayern seine Arbeit aufnehmen. Neben der Gruppe in München gab es bald auch lokale Sektionen in Aschaffenburg, Augsburg, Bad Kissingen, Bamberg, Fürth, Kitzingen, Nürnberg und Würzburg. Erich Eisner gehörte dem Vorstand des gesamtbayerischen Bundes an, wo er die zentrale Funktion des Geschäftsführers innehatte. Zu den Aktivitäten des Kulturbundes gehörte so breit Gefächertes wie die Organisation von Konzerten, Theateraufführungen, Literaturabenden, Kunstausstellungen sowie von wissenschaftlichen und religiösen Vorträgen. Der Münchener Jüdische Kulturbund war die größte lokale Gruppe und verfügte sogar über ein eigenes Orchester und eine Marionettenbühne. Die Finanzierung der Aktivitäten des Kulturbundes funktionierte über feste Beiträge. Veranstaltungen - so die behördlichen Auflagen — durften nur von Mitgliedern besucht werden. Die Mitgliedschaft war auf Juden/Jüdinnen beschränkt, einzige Ausnahme waren deren gegebenenfalls nichtjüdischen EhepartnerInnen. Selbst „arischen“ Kunstkritikern waren der Besuch der Veranstaltungen wie auch Berichte darüber nicht gestattet. Alle Mitglieder mussten eine Aufnahmegebühr sowie einen jährlichen Mitgliedsbeitrag entrichten. Das bisher Gesagte darf jedoch nicht so verstanden werden, dass die Jüdischen Kulturbünde (in Bayern wie in anderen deutschen Regionen) autonome Organismen waren, die ihre Aktivitäten selbstbestimmt durchführen konnten. Sie standen vielmehr unter ständiger Beobachtung und Kontrolle der Geheimen Staatspolizei. Jede Veranstaltung musste mindestens zwei Wochen vorher beantragt und bewilligt werden. Es kam immer wieder vor, dass Veranstaltungen oder Tourneen jüdischer KünstlerInnen verboten wurden, weil den NS-Behörden oder der Gestapo bestimmte Szenen oder Aussagen nicht passten. Neben seiner umfangreichen administrativen Funktion im Vorstand des Jüdischen Kulturbundes in Bayern war Erich Eisner auch als Kapellmeister tätig. Er leitete das Münchener Kulturbund-Orchester, das bereits 1926 als Jüdisches Kammerorchester gegründet worden war. Ab 1933 wurde es durch arbeitslos gewordene jüdische Orchestermusiker verstärkt. Eisner stand vor der Aufgabe, aus bisherigen Profi- und Amateurmusikern einen einheitlichen Klangkörper zu formen und ein Repertoire einzustudieren, das einerseits den hohen Ansprüchen des jüdischen Bildungsbürgertums genügte, andererseits das Orchester nicht überforderte. Diese Erfahrungen dürften ihm bei seinem späteren Engagement in Bolivien schr genutzt haben. Das Münchener Kulturbund-Orchester brachte unter Eisners Leitung große Symphonische Werke und Instrumentalkonzerte u.a. von Bach, Beethoven, Händel, Haydn, Korngold, Mahler, Mendelssohn, Mozart, Schönberg, Schubert und Wolff zur Aufführung. Zusätzlich zu seiner Arbeit mit dem Orchester gab Erich Eisner im Rahmen des Jüdischen Kulturbundes auch Orgel- und Klavierkonzerte und trat als Klavierbegleiter bei Liederabenden auf. In den Jahren 1937/38 wurden die Möglichkeiten des Kulturbundes zunehmend eingeschränkt. Die Zahl der Veranstaltungen ging zurück, nicht zuletzt weil immer mehr Juden und Jüdinnen, darunter auch viele KünstlerInnen, Deutschland verließen. Die Pogrome vom November 1938 leiteten das Ende jüdischer Kulturarbeit in Süddeutschland ein. Zahlreiche Künstler und 38 _ ZWISCHENWELT männliche Mitglieder des Kulturbundes, unter ihnen Erich Eisner, wurden am 9. und 10. November verhaftet und in Konzentrationslager gebracht, alle Veranstaltungen wurden untersagt. Mit dem 31.12.1938 wurde der Jüdische Kulturbund in Bayern auch formell aufgelöst. In Berlin existierte der Kulturbund noch bis zum August 1941 und führte bis zuletzt Veranstaltungen durch. Erich Eisner war bis Ende Dezember 1938 „Schutzhäftling“ im Konzentrationslager Dachau. Seine Entlassung war mit der Auflage verbunden, Deutschland umgehend zu verlassen. Über Großbritannien emigrierte er 1939 nach Bolivien. 1940 folgten ihm seine Frau Elsa und sein 1935 geborener Sohn Manfred in die Andenrepublik. Anders als es bei den meisten anderen EmigrantInnen der Fall war, hatte Erich Eisner das Glück, dass in Bolivien Interesse an seiner in Deutschland erworbenen beruflichen Qualifikation bestand. Er lebte zunächst in La Paz, wurde aber 1941 an die Padagogische Hochschule (Escuela Nacional de Maestros) im etwas tiefer gelegenen und klimatisch angenehmeren Sucre, der offiziellen Hauptstadt, berufen, wo er in der Ausbildung von Musiklehrern arbeitete. Bereits in seinem ersten Jahr in Sucre gründete er dort ein Orchester und einen großen Chor. Letzterer hatte 265 Mitglieder, vor allem Studierende, HochschullehrerInnen sowie einige ImmigrantInnen. Im Unterschied zu Egon Schwarz fand der Musiker Erich Eisner schnell Kontakt zu bekannten bolivianischen Intellektuellen und KiinstlerInnen, vor allem solchen, die zeitweilig im Ausland gelebt und studiert hatten. Zu seinem Bekanntenkreis gehörten die Pianisten Humberto Viscarra Monje und Mario Estenssoro sowie die Autorin Yolanda Bedregal, die wahrscheinlich wichtigste bolivianische Lyrikerin im 20. Jahrhundert. Besonders die Freundschaft zu Estenssoro und Bedregal sollten für sein weiteres Wirken in Bolivien besondere Bedeutung erhalten. Als Dank an sein Zufluchtsland Bolivien komponierte Eisner 1941 die Cantata Bolivia für vier Solostimmen, Chor und Orchester nach Texten von Yolanda Bedregal. 1942/43 studierte er sie mit den von ihm in Sucre gegründeten musikalischen Institutionen ein, die Premiere war für den 6. August 1943, dem bolivianischen Nationalfeiertag, vorgeschen. Dazu kam es aber nicht. Leön Bieber schreibt, die Aufführung sei „aus politischen Gründen“ abgesagt worden. Welche das genau waren, wurde mir nicht zweifelsfrei ersichtlich. Allerdings war das Jahr 1943 in Bolivien von heftigen innenpolitischen Konflikten zwischen den die Regierung des Präsidenten Penaranda del Castillo stützenden traditionellen Kräften und einer für weitgehende Reformen eintretenden, heterogenen, nationalistischen und linken Opposition gekennzeichnet, die schließlich im Dezember 1943 in einem Staatsstreich gipfelten, der den Nationalisten Gualberto Villarroel Löpez an die Macht brachte. Die Cantata Bolivia erlebte ihre Uraufführung in der vollständigen Besetzung erst 60 Jahre später, 2003 in Rishon LeZion in Israel unter Leitung von Mendi Rodan. Eine Fassung mit reduzierter Besetzung war 1995 in Schloss Heiligenstädten in Schleswig-Holstein von Siegfried Schwab präsentiert worden. Die bolivianische Erstaufführung mit dem Orguesta Sinfönica Nacional de Bolivia und dem Coral Los Andes unter Leitung von Olivio Patty und David Händel fand im März 2004 im Centro Sinfonico in La Paz statt. Von diesem Konzert stammt auch die erste CD-Einspielung des Werks.