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- ich verstehe es nicht. er hat mir nichts davon gesagt. wahrscheinlich hat er es selbst nicht gewusst. du hast doch gesehen, wie der dicke mann reagiert hat. so ungefähr musst du dir ceausescu vorstellen, wenn jemand unsere republik verlässt. er wird wütend und bestraft die menschen. appetitlos rührte ich mit dem löffel in der suppe herum und fühlte mich verraten. hatte einen anhaltspunkt. aber keine adresse, keine telefonnummer. nach der schule verbrachte ich die zeit damit auf das telefon zu starren. wartete von nun an nicht nur auf einen anruf von mama, sondern auch auf einen aus deutschland. vergeblich. bald darauf wurde es november und mein geburtstag stand vor der tür. ich liebte meinen geburtstag. normalerweise. am ersten novembertag schon ging ich jedem auf die nerven damit. doch in jenem jahr wollte ich keinen geburtstag haben. nicht so. nicht ohne nicu. nicht ohne mama. oma ging jetzt regelmäßig zur nachbarin mit den hühnern im ersten stock. die war in unseren block gezogen, als nicus sachen aus dem block am anderen ende der stadt ausgezogen sind. sie war so alt wie oma und kam aus einem dorf in der nähe, das es bald nicht mehr geben sollte. vom staat bekam sie für ihr haus und den hof diese wohnung. die hühner nahm sie mit, obwohl sie es nicht durfte. heimlich lebten sie auf ihrem verglasten balkon, den sie mit schwarzen tüchern verhängt hatte. doamna floare, frau blume, wie sie hieß, roch gar nicht ihrem namen entsprechend. immer, wenn ich an ihrer wohnung vorbeiging, hielt ich mir die nase zu, weil es sehr streng nach bränzä, dem rumänischen käse roch, den oma immer mit polenta zubereitete. dieses gericht sollte es nun auch an meinem geburtstag geben. aus den eiern von doamna floare zauberte meine großmutter eine geburtstagstorte. und ich glaubte an ein geburtstagswunder. es musste ein wunder geben. schließlich sollte ich zehn werden! nach der schule rannte ich also ganz aufgeregt den ganzen schulweg nach hause, die treppen hoch, an der stinkenden wohnung der bäuerin vorbei, riss die tür auf und dachte gleich, gleich stünden mama, papa, oma, nicu und alle, die ich kannte, um meine torte herum und sängen /a multi ani! doch in der küche entdeckte ich nur oma, die am küchentisch saß und laut schluchzte. als sie mich sah, erschrak sie und versuchte vergebens ihre trauer zu unterdrücken. mir schossen plötzlich tränen in die augen und ich schluchzte mit ihr mit. nun war ich wirklich eines der kinder, das not litt. das verdankte ich der partei. und nichts anderes. oma und ich aßen dann schweigend die stinkende polenta, ich aß ein kleines stückchen kuchen und setzte mich vor den fernseher. schaltete ihn an und schaute lethargisch in das schneegewirbel in der röhre. als papa später kam, stupste er mich wach und gab mir ein kleines braunes päckchen. in dem päckchen war ein spielzeugmotorrad aus metall, das man aufziehen konnte, sodass es im kreis fuhr. ich sprach kein einziges wort, zeigte meinem vater ein kurzes freudenlächeln und ging ins bett. papa legte sich neben mich und erzählte mir im dunkeln auf ungarisch die geschichte von der weinenden prinzessin im turm. 44 ZWISCHENWELT hol volt, hol nem volt..., fing er an, ein könig. der lebte in einem großen königreich. in dem königreich war alles rot. alle anderen farben waren verboten. der könig liebte die farbe rot und erlaubte keine andere farben als diese. kurz nach seiner krönung hatte er alle malermeister seines königreiches zusammengerufen und das gesamte königreich rot anmalen lassen. er verbot auch jede erwähnung einer anderen farbe und um ganz sicher zu gehen hatte er die vier feen um einen zauber gebeten, der den menschen die erinnerung an blau und gelb und grün und violett und alle farben aus dem regenbogen vergessen machte. als die frau des königs schwanger wurde, bekam sie ganz viele große rote äpfel zu essen und ihr bauch wurde immer dicker und dicker bis sie schließlich ein mädchen gebar. der könig nannte sie, na wie denn sonst: piroschka. und war sehr glücklich. doch als die kleine prinzessin neun jahre alt war, starb ihre mutter und hinterließ das ganze königreich in trauer. die menschen weinten alle und schnten sich nach etwas. sie fühlten sich plötzlich ganz unwohl in ihren roten kleidern und kostümen. sie wollten lieber schwarz tragen, obwohl sie nicht wussten, was das war. sie weinten viel und ihre vielen tränen fingen an die rote farbe aus dem königreich zu waschen. als der könig das sah, erschrak er so sehr, dass er prinzessin piroschka in einer roten kutsche aufs land hinaus fahren ließ zu einem hohen roten turm. er wollte um jeden preis verhindern, dass piroschka eine andere farbe als rot kannte und sperrte sie ein. dann veranlasste der könig seine malermeister wieder alles rot zu färben. so ganz allein gelassen fing piroschka an zu weinen. und zu schluchzen. sie konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen und zu schluchzen. doch ihre tränen bewirkten plötzlich etwas ganz komisches, ganz neues. ihre langen roten haare veränderten sich. ihr kleid veränderte sich. ihre tränen, ihre trauer, veränderten plötzlich das ganze zimmer in ihrem turm. sie konnte die veränderung nicht benennen, aber sie fand sie schön. eines tages, die prinzessin war schon viele jahre im turm eingesperrt, kam ein prinz vorbei und sah sie am fenster. auch der prinz sah ganz anders aus. sie fand ihn schön. er befreite sie aus ihrem gefängnis und gemeinsam ritten sie zum schloss des königs. der könig aber war schr krank und lag im sterbebett. er erschrak, als er seine tochter sah. das darf'nicht sein, sagte er, warum siehst du so anders aus? so bunt? -bunt?, fragte sie. all die jahre solltest du nur die farbe rot kennen und kehrst zu mir zurück und bist ganz bunt. wie ist das möglich? -meine tränen. meine tränen haben mich, wie du es nennst, „bunt gemacht. und es ist schön. du bist so schön, sagte der könig ganz gerührt zu seiner tochter und ihm wurde bewusst, was er den menschen seines königreiches « genommen hatte. er weinte und rief die vier feen zu sich. weinend bat er die feen den menschen die bunten farben zurückzugeben und aus seiner letzten träne zauberten die vier feen eine große Aut, die alle anderen farben im königreich wieder zum vorschein brachten. nachdem der könig starb, heiratete prinzessin piroschka ihren prinzen und war schr glücklich. es boldogan éltek, mig meg nem haltak, schloss mein vater sein märchen.