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lassen. Gibt es in hundert Jahren eine Geschlechterverschmelzung? Und wie veränderte sich eine Gesellschaft, wenn auch Männer sexistischen Kommentaren bezüglich der Qualität ihrer Titten ausgesetzt wären? Doch was ist der Unterschied, wenn sich die fehlende Zeit im Winter auf mich niederdrückt, während das Nichtendenwollen des Frühlings mich frei fühlen lässt? Die Sonne? Himmelsblau? Ist denn die Misere in meinem Hirn tatsächlich nur die Folge von zu wenig Serotonin? Die Zukunft schlägt Wunden. H.G. Wells Die Tragheit faltet die Zeit und kreist uns rechtwinklig ein. Wir amiisieren uns nicht zu Tode. Huxley war auf dem richtigen Weg mit seiner Vision der geteilten Gesellschaft: In die Wilden und ihrem Versuch zu überleben und die Sauberen mit ihren vielen Spielarten von Vergniigen, die uns doch nicht vor Langeweile bewahren. Aber er hat eine Abbiegung iibersehen, die er zu seiner Zeit nicht voraussehen konnte. Der Mensch ist nicht zufrieden, nur weil er alles hat. Der Mensch braucht ein Brauchen. Das erklärt, warum sich das Phänomen der „Katastrophengeilheit“ verbreitet. Wir warten auf einen Umschwung, darauf, dass die Löwen uns jagen, denn ohne Fluchtgedanke kein Grund zu rennen. Nur: Was, wenn kein Knall kommt? Wenn die Apokalypse das hier ist: Eine zahe Masse, die sich voranschreitendes Jahr schimpft und ihren Himmel versteckt. And how the sky gets heavy when you are underneath it. Macklemore — Otherside Zeitschlaufen mit verstärkten Wänden, durch die kein Licht dränge, existierte es, bilden das Labyrinth, hinter dem der Goldtopf steckt. Aber wir befinden uns in einer sich zuspitzenden Weltwirtschaftskrise. Was, wenn sich kein sauberes Wasser kaufen lässt? Geld macht nicht glücklich. Ich brauche kaum Geld zum Leben, ja natürlich zahlen meine Eltern meine Miete und ja, ich arbeite jede Woche zusätzlich zum Studium. Geld macht nicht glücklich, ist aber das Einzige, was mich zu den Leuten bringen kann, die ich wie einen Mantel um mich brauche. Ironisch, nicht? Für Momente, die unbezahlbar sind, muss ich Geld ansparen. Was früher selbstverständlich war, muss teuer eingekauft werden, der engste Freundeskreis wohnt nicht mehr automatisch im selben Viertel. Unser selbstverständliches Reisen und Leben quer durch die Welt machen Freundschaften und Kontakte speziell und erfordern Kreativität bei der 64 ZWISCHENWELT Schaffung von intimen Momenten. Teilweise habe ich in meinem Terminplaner mehrere Skype-Dates für einen Tag stehen, meinen Kommilitonen habe ich aus solchen Gründen schon abgesagt. Mit einem Freund führe ich immer nur Gespräche im halbwachen Zustand: Er steht in Los Angeles auf, ich bin mental schon im Bett. Wir sehen uns stets in Schlafklamotten vor dem Bildschirm sitzen. Die Ansprüche verschieben sich, ich freue mich, wenn er kurzfristig in derselben Zeitzone ist. Du bist ein Kind deiner Zeit. Matrix hatte den verdunkelten Himmel, Greyhound Dog die wiederkehrenden Tage mit nur geringen Variablen, Brave New World die Drogen und das sich wechselnde Bild von Treue und Partnerschaft, Fahrenheit 451 die Videowände, die uns Werte vorgeben, indem wir anderen Menschen beim Leben zusehen. Sin City kennt unseren Alltag, wenn nichts mehr Bedeutung hat, da Kausalität nur noch in Form von Schmerzen existiert, die mangelnder Durchsetzung durch Kraft oder List folgt. A propos. Kausalität: Wenn Zeitreisen möglich sind und sich Geschichte wiederholt — wer ist der Mensch, der uns das hier gerade einbrockt? Auf welchen Schmetterling ist er getreten? Popstars saugen sich die Energie von Backgroundtänzern, um nicht vorhandene Stimmfertigkeit bei parallel zuckenden Hüften zu kaschieren. So wollte doch auch ich die Richtigkeit meiner Aussagen durch Menschen beweisen, die schlauer sind und dennoch schon über ihre eigenen Schnürsenkel stolperten. Anspielungen und Erwähnungen von Kultur- und Medicenlieblingen sollten ein wenig Glanz bringen, ich vertraue meinen eigenen Empfindungen nicht ganz, kann an ihnen allein keine Gültigkeit festmachen, zu wenig scheinen sie mir Argument. Auf die eigenen Gefühle zu bestehen, hat einen naiven Beigeschmack. Es scheint nicht zu reichen, wie ich aus meiner Ecke des Planeten schöpfe, meine Wahrnehmung hätte zu wenig Follower. Oft nur bleibt am Ende trotzdem oder doch. „Dammit, Morpheus. Not everyone believes what you believe. — „My beliefs do not require them to.“ Commander Lock, Morpheus — The Matrix Gloria Kupsch, geboren 1989 in Berlin, lebt seit 2012 in Wien, nachdem sie zuvor ihr Studium Drehbuch und Dramaturgie an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ nach zwei Jahren aufgab. Seit Oktober 2012 Studium der Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.