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Billards, der kupferne Kaffeekessel, und sein Tisch wurde gehütet wie ein Heiligtum.“ Der Kellner, der jetzt dort seinen Dienst tut, weiß nichts von Mendel, einzig die Toilettenfrau erinnert sich, ist gerührt, dass er nicht ganz vergessen ist. Als der Krieg ausbricht, gerät Mendel ins Visier der Behörden, da er Briefe mit Buchbestellungen aus dem Ausland bekommt und dies als geheimdienstliche Aktivität ausgelegt wird. Mendel wird verhaftet, kehrt nach Jahren als gebrochener Mann zurück und wird eines Tages aus dem Kaffeehaus vertrieben. Und wo ist in dieser Geschichte die Beziehung zu Krems? Der Besitzer des Kaffechauses zur Zeit Mendels war ein Herr Standharter, welcher das Etablissement nach dem Krieg verkauft und sich auf sein „Gütel bei Krems“ zurückgezogen habe. Ist diese Nennung von Krems ein Zufall, überlegt der Lokalhistoriker. Die erste Frau Zweigs hat ihren ersten Brief an den Dichter als Maria von Winternitz mit der Adresse „postlagernd Rosenburg a. Kamp“ geschrieben. Die Gegend dürfte Zweig also bekannt gewesen sein.’ Bei der Recherche taucht plötzlich ein zweiter Text von Zweig auf, in dem Krems eine Rolle spielt: In diesem Fall ist es sogar die Hautperson, die 28-jährige Postassistentin Christine Hoflehner im Romanfragment „Rausch der Verwandlung“, die aus „Klein-Reifling, einem belanglosen Dorf unweit Krems, etwa zwei Eisenbahnstunden von Wien“, stammt.* Bei einer Prüfung stellt sich jedoch heraus, dass es in der Nähe von Krems kein Klein-Reifling gibt, es aber einen gleichnamigen Ort im Ennstal gibt und sich dort nur der Fluss Krems befindet. Bleibt also nur eine Erwähnung von Krems im Werk von Stefan Zweig. Lohnt dies einer weiteren Untersuchung? Der Zufall führt die beste Regie und liefert weiteres Material. Im Jänner 2016 wird nach dem BRG Krems auch im Gymnasium eine Gedenkstätte für die jüdischen SchülerInnen eingeweiht. Der Verfasser wird gebeten, einen Beitrag über die Geschichte der Schule und den Antisemitismus an dieser altehrwürdigen Bildungseinrichtung zu halten. Und wer begegnet mir in den Recherchen für diese Rede? Richtig erraten: Stefan Zweig, nicht direkt natürlich, aber durchaus bemerkenswert in der Gestalt von Erwin H. Rainalter, einem Freund Stefan Zweigs. Der Maturajahrgang 1911 war ein ganz besonderer Jahrgang im Gymnasium in Krems. Gleich drei Schüler sind literarisch hervorgetreten, Egmunt Colerus, Eduard Kranner und Erwin H. Rainalter. Zwei davon haben sich im nationalen, großdeutschen und nationalsozialistischen Umfeld bewegt und Colerus hat sich möglicherweise eine illegale Vergangenheit zugelegt, um auch in die Reichsschrifttumskammer aufgenommen zu werden. Die zwei eindeutig nationalsozialistisch Gesinnten waren der Rechtsanwalt Eduard Kranner (zwischen 1938 und 1945 auch Bürgermeister von Eggenburg), von ihm liegen nur kleinere literarische Arbeiten vor’, und Erwin H. Rainalter, der von Stefan Zweig sehr geschätzt wurde. So hat Zweig über eine seiner ersten Publikationen eine Kritik in der „Neuen Freien Presse“ geschrieben. „Stefan Zweig sah in Rainalter ‚eine rege, bewegliche Phantasie, die sich im dichterischen Ausdruck zu gestalten weiß, eine außerordentliche Kultur des Könnens, eine makellose Reinheit des Willens‘. (...) Anfang 1920 hatte sich Rainalter für Ginzkey stark gemacht, um diesen eine Stelle im künstlerischen Bereich zu verschaffen. Rainalter sammelte beim künstlerischen Salzburg Unterschriften und erhielt Unterstützung von Stefan Zweig, Max Kalbeck, Dr. 12 ZWISCHENWELT Bernhard Paumgartner — dem Mozarteumsdirektor, Dr. Georg Terramare, Hermann Bahr und Oskar A.H. Schmitz.“° Für Zweigs Novelle „Angst“ hat Rainalter auch ein Nachwort geschrieben. Christian Wiesler schreibt in seiner Diplomarbeit: „Für die Novelle Angst von Stefan Zweig war Rainalter eingeladen das Nachwort zu verfassen und sah dabei als wichtigstes Ereignis im Leben von Zweig, „dass der Österreicher, der Deutsche zu jenem bewussten und großzügigen Europäer wurde, der er heute ist“. Und weiter „... lernte [Reinalter] Verhaeren kennen, und man kann sagen, dass er ihn für die Deutschen entdeckt hat“. Rainalter geht dann noch ein wenig auf das nächste Buch von Zweig ein, „ein Buch“, wie er sagt, „das abgeschlossen vorliegt und bald erscheinen soll, fügt diesen Bildnissen dreier Meister fremder Nationen Bekenntnisse über deutsche Kunst hinzu“. Hölderlin, Kleist und Nietzsche sind die drei von denen Rainalter spricht.” Im Jahr 1933 trat Erwin H. Rainalter aus Protest aus dem PEN Klub aus, da ein Teil des Schriftstellervereins gegen die Bücherverbrennungen in Deutschland protestiert hatte. Rainalter gehörte auch zu den Mitbegründern des nationalsozialistischen „Rings Nationaler Schriftsteller“. Ob er sich tatsächlich der „Österreichischen Legion“ in Deutschland anschloss, müsste noch überprüft werden. Tatsache ist, dass er nach Berlin übersiedelte und Theaterkritiken für den „Völkischen Beobachter“ und den „Berliner Lokal-Anzeiger“ schrieb. Den „Anschluss“ Österreichs im März 1938 begrüßte er, und so gab er auch den Sammelband „Die Ostmark erzählt“ heraus. „Aus diesem Buche spricht die Ostmark zu allen Deutschen in der engeren Heimat und jenseits der Stammesgrenzen.“ Die Hochzeit der Provinz ist angebrochen, meint Rainalter. „Heute ist das Dorf, ist das Gebirge schöpferischer und fruchtbarer denn je; aber die Großstadt ist kein Magnet mehr, die jungen Dichter bleiben daheim, auf dem Boden, der sie schuf und der sie nährt.“® Von Berlin kehrte Rainalter nach Wien zurück und wurde mit 17. März 1938 zum „Hauptschriftleiter“ des „Neuen Wiener Tagblattes“. Rainalter findet zum Beispiel prophetische Worte über die Bedeutung des Burgtheaters. „Als Ausfallstor des mächtigen deutschen Staates nach dem Osten und Südosten wird Wien wieder seine Geltung haben, seine Kräfte werden wieder bis auf den Balkan ausstrahlen wie in alter Zeit. (...) Ihre kolonisatorische Wichtigkeit besteht damit auch für die Zukunft. Wieder werden Menschen aus Polen, aus Ungarn, aus Kroatien nach Wien kommen, das sie von alters her liebten und das ihnen eine unverlöschbare Erinnerung geblieben war.“” Die Zwangsarbeiter aus dem Osten zählten aber in den folgenden Jahren nicht zu den Besuchern des Burgtheaters, aber der Osten und Südosten wurde auf jeden Fall kolonisiert, allerdings nicht mit Kultur. In der Zeit als Hauptschrifteiter liegen von Rainalter lediglich einige Feuilletons im 7agblatt vor. Sieht man von der Würdigung des Gauleiters der Auslandsdeutschen Ernst Wilhelm Bohle!” ab, finden sich Geschichten über cher belanglose Themen „Tage der Erwartung“'' (über die Adventzeit), „Gestorben in Teheran“ (über den Besuch eines Friedhofs im Wipptal)'?, einen gastfreundlichen Berliner Schutzmann’, die „Weinlese“'* und im „Prater blüh’n wieder die Bäume“'? (eine Liebesgeschichte mit Happy End). Bis zum 3. Juli 1939 hatte Rainalter die Funktion des Hauptschriftleiters inne. Das Ausscheiden müsste noch näher untersucht werden. In den folgenden Jahren lebte er als freier Schriftsteller in Wien. Das Jahr 1945 stellte für Rainalter keinen besonderen Einschnitt dar, denn bereits 1959 wird er auf Antrag