OCR
NEUE TEXTE Afamia Al-Dayaa erinnern von ferne I der wind weht heimwärts von ferne Il der wind weht heimwärts, ermüdet vom tiefstand der sonne, vom stottern der fenster & der motoren, von ferne von ferne Ill auf dem vorgelände kriecht der morgen. er zieht den tag nach sich. er hat augen so groß wie papier & weiß: geräusche schmelzen, tropfen zu boden von ferne IV von ferne sah ich die bläue eines anderen tages an dem die welt noch keinen namen hatte. ich verneigte mich vor den ästen, die sich vom wind bewegt, verneigten vor der welt. schatten schwammen wie aale von ferne V von ferne hörte ich menschen grausame dinge sagen: dass nicht nur hütten und häuser zerbrachen sondern auch herdplatten und backenknochen ich schloss die augen & hörte die stille, hörte den abend: er kehrte zurück zu den blättern, zum vibrieren der blüten zurück zur bläue des tages, ohne flüchtling zu sein von ferne VI der abend war elektrisch aufgeladen jemand weinte, aber jemand weinte ich wußte keinen rat, die herde war stolz über ihr boden-nahes manöver ich schloss die augen & hörte die stille sie war elektrisch aufgeladen wie der abend, an dem jemand weinte 78 ZWISCHENWELT von ferne VII das boden-nahe manöver hatte trockenes gras hinterlassen, tote körper, hände & köpfe ohne körper zerfetzte hosen & hemden, fenster-rahmen ohne fenster hier und dort fand man panzertürme & mörsergranaten vor wänden, auf denen „peace“ und „smile“ geschrieben stand. das boden-nahe manöver erreichte die städte es dehnte sich aus, zog grenzen nach innen, war störrisch, offensichtlich stachelte es die gesteins-häute an von ferne VIII niemand ist von etwas mehr überzeugt als von der hand vorm mund und von der kurzsichtigkeit dieses bemühens. am eigenen tisch schmeckt das brot am besten, aber sicher ist es nicht. nichts lässt sich genießen wenn dem mond der anstand fehlt — er klopft nicht an, er kennt keine gnade, belagert die straßen, er schlittert entlang einer route aus gähnendem glauben, gähnender klage von ferne IX die gesteins-häute hatten unterschiedliche farben doch das war nicht das, was zählte. je mehr ich hörte vom stottern der fenster & der motoren, vom hunger der herzen in dieser ungenau ausgegossenen landschaft, desto fester schloss ich meine augen beim anblick des mondes, seinem tiefstand — der mond ist die auf den kopf gestellte zitternde unterlippe eines schreienden mundes auf dem die hand liegt. man ist wohl überzeugt von der kurzsichtigkeit dieser hand überm mund 3 (2015, Wallstein Verlag, Berlin).