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Anmerkungen 1 Paul Nizon: Im Zweistromland der Sprache. Zur Autobiographie „Über die Flüsse“. In: Text und Kritik. München 2009, S. 19. 2 Georges-Arthur Goldschmidt: Im Dialog mit Hans-Jürgen Heinrichs. Schwarzfahrer des Lebens. Frankfurt am Main 2013, $. 121. 3 Siehe sans phrase 6/2015. 4 Georges-Arthur Goldschmidt: Über die Flüsse. Autobiographie. Zürich 2001, S. 175. 5 Georges-Arthur Goldschmidt: Die Faust im Mund. Eine Annäherung. Ziirich 2008, S. 16. 6 Georges-Arthur Goldschmidt: Meistens wohnt der den man sucht nebenan. Kafka lesen. Frankfurt am Main 2010, S. 120. 7 Georges-Arthur Goldschmidt: Der Ausweg. Frankfurt am Main 2014, S. 11. 8 Goldschmidt: Georges-Arthur Goldschmidt im Dialog (wie Anm. 2), S. 107. 9 Georges-Arthur Goldschmidt: Die Befreiung. Frankfurt am Main 2010, S. 178f. 10 Robert Musil: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß. In: Gesammelte Werke 6. Hrsg. v. Adolf Frisé. Hamburg 1978, S. 110. 11 Jean Amery: Gespräch über Leben und Ende des Herbert Törleß. In: Jean Amery Werke. Bd. 7. Aufsätze zur Politik und Zeitgeschichte. Hrsg. v. Stephan Steiner. Stuttgart 2005, S. 71. 12 Ebd. S. 64. 13 Goldschmidt: Die Faust im Mund (wie Anm. 5), S. 57f. 14 Ebd. S. 52. 15 Goldschmidt: Meistens wohnt der den man sucht nebenan (wie Anm. 6), S. 113. Hedwig Wingler Skizze zu: Exil-France Das Mai-Heft der „Zwischenwelt“ 2016, mit vielen aufregenden Beiträgen über die Schicksale von NS-Verfolgten, die es nach Frankreich ins Exil schafften, ermutigt mich, einige persönliche Erinnerungen aufzuschreiben. Ich verdanke sie dem Mann, der sein Leben von 1968 bis zu seinem Tod 1984 mit mir teilte, der deutsche Kunsthistoriker Hans Maria Wingler. Er wird in der Branche als einer der ersten Exilforscher gewürdigt, so etwa beschäftigte er sich schon ab 1950 mit den Werken von Oskar Kokoschka (er verfasste dessen Werkverzeichnisse der Gemälde und der Graphik) und Ludwig Meidner (er gab dessen Schriften heraus), den beiden nach England emigrierten Malern. Doch vor allem Winglers Arbeiten über die Kunstschule BAUHAUS, welche 1962 in dem wirklich grundlegenden monumentalen Buch „Bauhaus. Weimar Dessau Berlin 1919 — 1933“ mündeten, führten auch bei mir zu vielen Begegnungen mit Menschen, die vor dem Dritten Reich geflohen waren, so auch eben nach Frankreich. Am freundschaftlichsten für mich wurde die Begegnung mit Flocon (geboren 1909 in Köpenick-Berlin, gestorben 1994 in Paris). Albert Mentzel, der sich dann in Frankreich Albert Flocon nannte (Nachname seiner französischen Großmutter), emigrierte bereits 1933 als politisch, nicht rassistisch Verfolgter nach Paris, mit seiner Frau Lotte Rothschild (nicht mit den Bankiers verwandt), auch Bauhausschülerin. Sie war jüdischer Herkunft und wurde mit der kleinen Tochter im Jahr 1944 über das berüchtigte Sammellager Drancy nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Flocon selber wurde aus Gestapo-Haft von Resistance-Leuten befreit. Er studierte in Dessau von 1927 bis 1931 bei Josef Albers, Wassily Kandinsky, Paul Klee und Oskar Schlemmer und arbeitete in Paris 12 ZWISCHENWELT 16 Goldschmidt: Des Pudels Kern. Ein Gespräch. Antworten auf Fragen von Tim Trzaskalik. Berlin 2008, S. 41. 17 Goldschmidt: Uber die Fliisse (wie Anm. 4), S. 346. 18 Goldschmidt: Meistens wohnt der den man sucht nebenan (wie Anm. 6), S. 125. 19 Ebd. S. 124f. 20 Franz Kafka: Der Prozess. Berlin 1958, S. 108. 21 Goldschmidt: Meistens wohnt der den man sucht nebenan (wie Anm. 6), S. 117f. 22 Letztendlich geht es immer - freilich aus zweifellos männlicher Perspektive — um das „Gehängsel“: „Ist nicht jeder, vertikal auf sich errichtet, grotesk dahingepflanzt? Während es oben schwatzt, wartet darunter der ganze Rest; Arme, Schulter, Bauch, bis zu dem unbeschreiblichen ‘Gehängsel’, wie es das stets realistische Deutsche nennt. Oben Reden, unten Warten. Soviel Fleisch für so wenig - der völlig Nackte, der Ausersehene, der Verurteilte in der Strafkolonie.“ Goldschmidt: Meistens wohnt der den man sucht nebenan (wie Anm. 6), S. 122. 23 Theodor W. Adorno: Prismen. Kulturkritik und Gesellschaft. Frankfurt am Main 1977, S. 281. 24 Goldschmidt: Meistens wohnt der den man sucht nebenan (wie Anm. 6), S. 76. 25 Ebd. S. 113. 26 Ebd. S. 52; 78. 27 Ebd. S. 53. 28 Ebd. S. 51. 29 Ebd. S. 118. 30 Ebd. S. 118. 31 Nizon: Im Zweistromland der Sprache (wie Anm. 1), S. 21. als Graphiker und Hersteller von Bilderrahmen. Nach Internierung und letztlich der Befreiung und dem Ende des Weltkrieges wurde er Professor an der Pariser Ecole des Beaux Arts und verdankte seinen breiten Interessen für Literatur auch die Zusammenarbeit mit Paul Eluard, der Gedichte zu Flocons Zeichnungen schrieb, sowie mit dem Philosophen Gaston Bachelard, der dessen Graphiken mit Texten kommentierte. — Hans Wingler hatte 1960 das Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung in Darmstadt gegründet und bereits im Jahr 1966 eine große Zahl graphischer Arbeiten von Albert Flocon ausgestellt. Ein inhaltsreicher kleiner Katalog erinnert daran. — Im Jahr 1983 folgte eine große FloconAusstellung im Bauhaus-Archiv, das 1972 von Darmstadt nach Berlin umgezogen wat. Albert Mentzel-Flocon, geborener Berliner, besuchte uns gerne in Berlin. „Das Leben ist eine Baustelle“, sagte er und vertrat diese Anschauung auch in seinen künstlerischen Werken: Immer sind im Bild Arbeiter beschäftigt, Gebäude zu errichten, Räume zu vermessen, Geometrie anzuwenden. Sein Anliegen war es, theoretisch und praktisch zu zeigen, wie es vom geschenen Raum zum konstruierten Bild, zur Darstellung kommt. Sein Konzept stellte er auch in einigen Büchern vor. So erschienen im Jahr 1983 „Die Kurvenlineare Perspektive“ und „Suites Experimentales“, aus Anlass der umfangreichen Präsentation des Werkes. Seine Maxime war: wie könnte man es anders machen, also ein heuristisches Prinzip, das er von Georg Christoph Lichtenberg übernahm. Es führt zu der Erkenntnis, dass es für die Raumdarstellung „eine unbegrenzte Zahl von Lösungen gibt“, also nicht nur die der „klassischen Perspektive“. — Für mich war Albert Mentzel-Flocon