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Den nun folgenden Eklat schilderte der deutsche Delegierte Busch so: „Als nun Wells Toller trotzdem das Zeichen zum Beginn seiner Rede gab und Toller anfangen wollte, griff ich zum Zeichen des Aufbruchs nach meiner Mappe. Gleichzeitig erhoben sich meine deutschen Freunde, und bereits im Fortgehen rief SchmidtPauli mit ausgestrecktem Arm dem Präsidenten auf Englisch zu: ‚Wenn wir jetzt zu unserem Bedauern genötigt sind, den Saal zu verlassen, so haben Sie, Herr Präsident, die volle Verantwortung zu tragen.‘ Unter ungeheurem Lärm (...) verließen wir geschlossen, aber ganz ruhig den Saal.“”* Am nächsten Tag, dem 28. Mai, sprach Toller.” Er sagte, er dürfe nicht schweigen: „Der Schriftsteller ist einzig dem Geist verpflichtet.“ Er kritisierte den Ausschluss vieler Schriftsteller aus dem deutschen PE.N., die Inhaftierungen und die Bücherverbrennung in Deutschland. Sein Resümee: „Wahnsinn beherrscht die Zeit, Barbarei regiert die Menschen.“ An dieser Schlusssitzung nahmen die deutschen Delegierten nicht mehr teil.? Der deutsche PE.N., den Busch und Schmidt-Pauli im Mai 1933 in Dubrovnik vertraten, war nicht mehr der deutsche PE.N. der Weimarer Republik: Der bisherige Vorstand war zurückgetreten?', und in der Generalversammlung am 23. April 1933 wurden Hans Hinkel, Hanns Johst und Rainer Schloesser zu neuen Vorsitzenden gewählt.” In dieser Sitzung beschrieb der zum Vorstandsmitglied gewählte Schmidt-Pauli das Ziel des neu formierten deutschen PE.N.-Clubs so: „Wir wollen eine Arbeit leisten im Sinne Adolf Hitlers (...).“”” Roman Roeek spricht deshalb von einem „gleichgeschalteten“ deutschen PE.N.-Zentrum.” Hanns Martin Elster, der dritte deutsche Delegierte, hatte am 3. Mai 1933 auch die deutschen „PE.N.-Vorsitzenden“ Hans Hinkel, Hanns Johst und Rainer Schloesser als Teilnehmer des Kongresses angemeldet”; sie fuhren aber dann doch nicht nach Dubrovnik. Am 8. November 1933 erklärte Schmidt-Pauli die Zusammenarbeit mit dem Internationalen PE.N. für beendet — damit hatte sich der deutsche PE.N. unter den Vorsitzenden Hinkel, Johst und Schloesser selbst aufgelöst. Noch eine Woche zuvor, am 1. November, hatte sich der deutsche PE.N. „vor allen Schriftstellern der Welt zum Führer des deutschen Volkes, Reichskanzler Adolf Hitler“, bekannt; gezeichnet war dieses Schreiben unter anderem von Hinkel, Johst, Schloesser, Schmidt-Pauli und Elster. Dem „Exodus“ der deutschen PE.N.-Delegierten hatte sich auch Grete Urbanitzky angeschlossen, die neben Felix Salten offizielle Delegierte des österreichischen PE.N.-Clubs war; anstatt also, wie von den sozialistischen Schriftstellern gewünscht, Nazi-Deutschland zu verurteilen, unterstützte Urbanitzky Nazi-Deutschland in aller Öffentlichkeit.” In einem wenig später an Busch geschriebenen Brief erwähnte Urbanitzky denn auch ihre „seit langem bestehende Mitgliedschaft“ in der NSDAP In Briefen nannte sich Urbanitzky „die Gründerin“ des österreichischen PE.N.“", auch im österreichischen PE.N.-Mitgliederverzeichnis vom April 1929 wurde sie als „Gründerin“ dieses Clubs apostrophiert.* Arthur Schnitzler, der Ehrenpräsident des österreichischen PE.N., bezeichnete sie in seinem Tagebuch jedoch nur als „unsere Secretärin“.*? Zwar ist es richtig, dass Urbanitzky auf die Gründung des österreichischen PE.N. 1923 hingearbeitet hatte. Jedoch war es ihr allein nicht möglich gewesen, diesen PE.N. zu gründen: Rocek sagt, „Grete von Urbanitzkys Ungestüm sei zunächst unter Hinweis auf die älteren Kontaktnahmen mit Arthur Schnitzler eingebremst worden, auf die London sie jetzt aufmerksam macht, aufmerksam machen muss.“* Schnitzler hatte ja schon 1921 die 14 ZWISCHENWELT Einladung des Internationalen PE.N. in London angenommen, Ehrenmitglied dieses internationalen Clubs zu werden“, und erklärte sich 1923 — vor der Gründung des österreichischen PE.N. — dazu bereit, Ehrenpräsident des Vereins zu werden.“ Nur unter seiner Aufsicht und unter Mithilfe der Schnitzler-Vertrauten Julius Bittner und Leon Kellner konnte der österreichische PE.N. gegründet werden.‘ Auch wurde Urbanitzky bei der Gründung 1923 nicht geschäftsführende Präsidentin, sondern Raoul Auernheimer.‘’ Daher war Schnitzler der eigentliche Gründer des österreichischen PE.N. — und Urbanitzky, wie Schnitzler richtig formulierte, nur „Secretärin“, nicht „Gründerin“. Immerhin hatte Salten nicht mit den deutschen Delegierten und Urbanitzky zusammen den Saal verlassen, sondern war geblieben.“® Aber Salten hatte sich - so berichtete der Redakteur der „ArbeiterZeitung“ Schiller Marmorek in seinem Artikel — der Auffassung angeschlossen, es sei „unzulässig, dass sich die andersnationalen PE.N.-Clubs in die deutschen Angelegenheiten einmengen.“®” In einem nach dem Kongress geschriebenen Brief versuchte der Vorstand des österreichischen PE.N. das Schweigen von Salten und Urbanitzky gegenüber Nazi-Deutschland damit zu rechtfertigen, dass ihnen der österreichische PE.N. ihr Benehmen „klipp und klar“ vorgeschrieben habe.‘ Dieser Brief zitierte den Beschluss des österreichischen PE.N. vom 21. Mai 1933: „(...) mit Rücksicht auf die Verbundenheit, die seit Jahrhunderten zwischen Österreich und Deutschland in Kultur, Sprache und Dichtung besteht und über allen Wechsel der politischen Zustände bestehen bleibt, wird sich die Österreichische Delegation an einer Debatte gegen Deutschland nicht beteiligen.“°' Zwei Tage nach der Abfassung dieses Schreibens, am 25. Juni 1933, berichtete Ludwig Ullmann in der „Wiener Allgemeinen Zeitung“, Wells sei darüber befremdet, „dass die Schriftsteller des Heimatlandes Arthur Schnitzlers in Ragusa das geschändete Andenken dieses großen und gütigen Kameraden nicht würdiger verteidigt hatten.“°? Schon die „erste amtliche Schwarze Liste für Preußen“ für das Gebiet „Schöne Literatur“ hatte alle Werke von Schnitzler außer seinem Roman „Der Weg ins Freie“ verboten.” Der Beschluss, dass man sich „an einer Debatte gegen Deutschland nicht beteiligen“ könne, war bei einer Sitzung des österreichischen PE.N. am 21. Mai 1933 gefasst worden. Bei dieser Sitzung im Haus von Salten waren 15 PE.N.-Mitglieder anwesend: Neben Salten, Urbanitzky und weiteren Autoren auch Csokor, Fontana, Robert Neumann, Leon Schalit und Sonnenschein, nicht aber Kreutz.™ Der Verlauf der Sitzung ist in dem Protokoll festgehalten, das von Sonnenschein und von Urbanitzky unterschrieben wurde.” Seinen „Standpunkt“ umriss Salten so: „Österreich kann sich wegen seiner tausendjährigen Verbundenheit mit Deutschland an einer Deutschland-Debatte nicht beteiligen. Wir müssen den Saal verlassen.“ Und Friedrich Schreyvogel bemerkte: „Im Augenblick, wo sich die österreichische Delegation gegen Deutschland wendet, würden alle nationalen und katholischen Schriftsteller an einem Tage austreten.“ Der ebenfalls anwesende Hugo Sonnenschein wandte ein, dass die „deutschen verfemten Kollegen“ nicht preisgegeben werden dürften, und fragte: „Wollen Sie Arthur Schnitzler preisgeben?“ Salten antwortete: „Wir haben neutral zu sein und zu schweigen.“ Sollte Sonnenschein nicht mit der „Neutralität“ des österreichischen PE.N. in Dubrovnik einverstanden sein, dann könne, so Salten, seine Mitgliedschaft „suspendiert“ werden und dadurch „seine Teilnahme am PE.N.-Club-Kongress verhindert werden“. Sonnenschein erwiderte: „Nach dieser Drohung muss und werde ich nach Ragusa gehen!“ Auch Neumann war dafür,