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den Verlag lautete: „Abschlüsse über dieses Werk sind nicht mehr zu tatigen.“!°” In einem Brief an Neumann vom 16. April 1947 blickte Kreutz auf den Moment zuriick, in dem er die Resolution einbrachte: „Ich wusste damals, dass ich in Deutschland und bei einem Anschluss meiner Heimat auch in Österreich mit der Einbringung dieser Resolution Selbstmord beging, denn ab 1933 war ich unerwünscht, hatte keine Verleger mehr und alle meine Bücher wurden vernichtet.“ Kreutz war aber wohl erst ab 1936 in Deutschland offiziell ,,unerwünscht“: Hatte er doch noch 1935 in dem erwähnten Brief an Hammerstein vom 27. November 1935 geschrieben, dass er den „Kontakt mit deutschen Verlagen aufrecht“ halte; er habe „erst vor kurzem in einem Berliner Verlag ein Theaterstück erscheinen lassen“.'?® Damit wollte Kreutz sagen, dass die ausgetretenen Schriftsteller in den österreichischen PE.N. zurückkehren könnten, ohne Sanktionen in Deutschland befürchten zu müssen. Kreutz meinte im gleichen Brief sogar, dass „die Fernwirkung jener Resolution übertrieben“ werde, dass also die Resolution vom 27. Juni 1933 ihren Unterzeichnern nicht so schr geschadet habe, wie es behauptet werde. Dass seine optimistischen Aussagen ein fataler Irrtum, eine schöne Illusion waren, musste Kreutz spätestens erkennen, als er den mit „Heil Hitler“ gezeichneten Brief des Theaterverlags „Rampe“ vom 6. April 1936 erhielt. Welche Folgen die PE.N. Resolution für Kreutz nach dem „Anschluss“ 1938 hatte, schilderte Fontana 1947 in einem Brief an Neumann: Kreutz habe „in Österreich am empfindlichsten wegen des Penklub gelitten“; er „wurde von der Berufsliste gestrichen, er war nach dem 20. Juni mehrere Monate lang in Haft.“'” (Fontana meinte den 20. Juli 1944, den Tag des Attentats auf Hitler.) Und Kreutz selbst sprach — in dem schon erwähnten Brief an Neumann - von den „vielen Verfolgungen und schwersten Schädigungen meiner Laufbahn“, die er unter den Nazis „in durchaus logischer Konsequenz meiner weltanschaulichen Einstellung“ erlitten habe.'“ Die BE.N-Resolution habe, so Kreutz in einem anderen Brief an Neumann, „nicht nur meine völlige Aussschaltung zur Folge“ gehabt; noch dazu sei beschlossen worden, „meinen Namen zur Strafe für die Einmengung in die internen Angelegenheiten des Dritten Reiches und mein Eintreten für die Juden auszulöschen, meine Bücher zu verbrennen, mich unter Gestapoaufsicht zu stellen, schließlich einzusperren und fast zu vernichten“. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 hatte Kreutz gehört, dass er nicht in die Reichsschrifttumskammer aufgenommen werden 14 ZWISCHENWELT könne; in einem Brief an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda vom Oktober 1938 wies Kreutz darauf hin, dass dies seine „materielle Vernichtung“ bedeute.'* Als Neumann 1947 fragte, warum er, Kreutz, überhaupt um die Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer angesucht habe'*, antwortete ihm Kreutz: „Ich trachtete einer ‚Kulturkammer‘ anzugehören, da ich ja sonst keine Möglichkeit hatte, auch nur einen Pfennig für meine Arbeit zu verdienen. Meine finanzielle Lage damals war schwierig (...). Meine ständige Mitarbeit an der ‚arisierten‘ Neuen Freien Presse war von der widerruflichen Mitgliedschaft in der Pressekammer abhängig. “'* In dieser Situation versuchte Kreutz im Oktober 1938, die Reichschrifttumskammer — wie es Gerhard Renner formuliert hat — „milde zu stimmen“.'® Er berief sich darauf, dass er nie parteipolitisch tätig gewesen sei und erklärte „an Eides statt“, dass ihm „jede feindliche Parteinahme gegen den Nationalsozialismus“ fern liege; auch bedauerte er die PE.N.-Resolution, die er, „gedrängt von jüdischen Kollegen“, im Juni 1933 eingebracht habe.'“° Kreutz habe diesen Brief „der Not gehorchend“ geschrieben, meinte Früh.'* Aber alle seine Beteuerungen nützten ihm nichts, seine Bemühungen blieben ein „untauglicher Versuch“. Der Präsident der Reichsschrifttumskammer Hanns Johst nämlich lehnte am 31.Oktober 1940 den Antrag von Kreutz auf Aufnahme in die Kammer „mangels der erforderlichen politischen Zuverlässigkeit“ ab und verfügte weiter: „Aufgrund vorstehender Entscheidung ist Ihnen jede Betätigung als Schriftsteller untersagt.“'“® Johst schrieb, Kreutz habe die Resolution „wenige Wochen nach der Übernahme der Macht durch den Führer im Reiche“ eingebracht — als also die Macht der Nazis noch nicht gefestigt war; in dieser Resolution, aber auch in den Schriften von Kreutz komme die „gegnerische Einstellung“ von Kreutz gegenüber dem Nationalsozialismus „eindeutig zum Ausdruck“. Seine Bücher seien „zersetzend, die Tendenz pazifistisch und projüdisch“. Daher habe man die Werke von Kreutz „bereits auf die Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums gesetzt“. Johst war nicht nur Präsident der Reichsschrifttumskammer, sondern auch SS-Gruppenführer.'“ Die Berichte, die Fritz Otto Busch in Dubrovnik Rudolf Jeremias Kreutz, Portrait von Rudolf Howanietz, 1926. Foto: Wienbibliothek