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An den toten Mandelstam Der rauchfreie Unmut: vorbei. Wie die Täter es befahlen. Zukunft wird zu Stahl — und du: verlaufen, im vermissten Exil. Im Kopf die hellen Münzen, die das Verstummende bezahlen. Du willst stärkere prägen. Ja: Du wirst sterben für dieses Ziel. Das gesunkene Schiff der Welt, bedonnert nur noch von himmelhochschreienden Letzten am Strand. Deren Hingabe, deren wenige Paar Augen, nun Stacheldraht schen. Oder ein anderes Land. Durch nichts zu ermessen: der verlorene Verstand... Elegische Sekunden, von Jahrtausendprotz entstellt. Dein Werk: ein entvölkertes Singen von Menschengestalt. Dies keine Zeit für Erbarmen, der Hass wächst. Ständig. Die Geschichte: ein Zwerg und wenn die Sonne niedrig steht, fällt ihr Schatten sehr weit. Der Schatten fiel auch auf dich, einsame Kerze, der du ein König warst, ein neuer und alter, ohne ein Reich. Deine Hände schufen keinen Stahl, der dich zerstörte, aber ein leises Werk, das dich bewahrt. Dein Grab es sei leicht. Russische Gedichte Acıyl. Korngelb. Geschweige denn: schwarze Rose in den Händen gehalten, ohne Hammer und Meißel. Bahnhofsmusik: Für die Tauben ein Konzert: die Stille. Bronzene Kuppeln die Nächte; barock das Feuer. Naa Teki Lebar der blick des anderen in 3 teilen konstante personen der situation: ich (schwarz wie die nacht, oder: weiß wie milchbrot. oder irgendwas dazwischen. kommt immer draufan, wer mich ansicht.) 1. eins zu null für hautton heurigenatmosphäre. ‚personen: fremdes ehepaar (mann und frau) andrea, andreas mama, meine mama ich. alle personen sitzen an einem typischen heurigen-bierbanktisch. andrea, mama, andreas mama und ich unterhalten uns. auf deutsch. alle reden deutsch. ich auch. ich spreche deutsch. mindestens 2 stunden lang sitzen wir schon. neben dem fremden mann am tisch. reden wir alle deutsch. ich auch. fremder mann plaudert mit andreas mama. alle steigen in das gespräch ein. fremder mann zu mir (in gebrochenem deutsch): und? wo-her kom-men sie? 50 ZWISCHENWELT Nej und Stoc. Wasser: fliefSend und stauend. Symbol. Die Zeiten sind hohl. Die Tage darin dauern. Stoc. Da. Die Nebel im Sommer, das Land und die Flechten. Leuchtend. Kreuze im Stein. Schmal, die Gemäuer und Rätsel. Nachrichten aus Odessa: Ovid. Man munkelt Generationen von Lebenden haben die Toten erfunden. Haben sie ausgewickelt aus den Versen und die Vergangenheit sei längst schon überwunden. Leis, in den Außenbezirken, hinterm Ural zelebrieren noch tanzend Sagen ihren Traum von Rot. In eingeschneiten Hütten. Die Lagerung der Ferne. Das festgefrorene Boot und der kalte Grund. Lasst uns regnen — wir schwimm’n davon. Lasst uns weinen: wir trauern und bleiben. Wir scheinen klein, das Land ist groß. Wir haben nicht viel übrig. Wir wissen kaum zu meinen. Wir schlagen Lebewohl. Hören es immerfort. Wir sind alle an einem anderen Ort. Doch es ist dasselbe Land. Wir sind russische Gedichte, wir sind russische Geschichte. Doch die ist kleiner als unser Werk. Wir passen nicht hinein. Doch sie passt: Als Splitter in unser Gebein, als Fluch um den Mund. Als Hoffnung, die jede Waage sprengt. Als Grund. Als Blut und als Raster. Als Schlich, Befehl, Schmerz. Als Gestein, als Pflaster. Als Wut. Als Hirnspritzer Herz. ich: aus wien. fremder mann: aha. mama (leicht verärgert): das ist meine tochter. fremder mann: aha? ihre tochter? (zu mir) da sind sie wohl zu lange im backrohr geblieben. skihüttenatmosphäre. ‚personen: fremder mann am tisch. ich. mama und so. alle reden. miteinander, untereinander, ich auch, auf deutsch. ich spreche deutsch. mit allen beteiligten. und alle beteiligten sprechen auch mit mir deutsch. weil ich deutsch kann. fremder mann am tisch: und? war es schwierig für sie, das zu lernern, das skifahren? ich: was?? fremder mann am tisch (überdeutlich in gebrochenem deutsch): skifahren!? ist schwierig? für sie?