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er sagt zu mir: ich hasse diese scheiß drogen neger. du nicht auch? diese scheiß drogen neger. dauernd fragt mich wer wegen koks. und das alles nur wegen den scheiß drogen negern, die allen koks verkaufen. SCHEISS. DROGEN. NEGER. straßensituation 1. jemand hat auf das haus, in dem ich wohne, NEGER RAUS geschrieben. meine mama übermalt es mit gelber farbe. das gelb ist nicht das gleiche gelb wie das gelb unseres hauses. straßensituation 2. jemand hat ein hakenkreuz in unser haustor geritzt. und in die sprechanlage. und in die hausmauer. man sieht es aber nur, wenn die sonne sehr stark scheint. ich wohn jetzt nicht mehr dort, aber ich glaub, es ist immer noch da. nur die sprechanlage ist neu. Vladimir Vertlib Rechte und Mächte Dritter von vier „Versuchen“ des Autors, im Rahmen der Vorlesungsreihe » Ost- West-Passagen “am Institut für Slawistik der Universität Salzburg die in den sogenannten Visegräd-Staaten und in Russland verbreiteten Einstellungen zu erklären. Der Vortrag, gehalten am 26. Jänner 2017, trug den Titel „Osteuropa - ein persönlicher Rundumschlag“. Der junge österreichische Autor, Journalist und Sozialarbeiter Thomas Wallerberger (geboren 1987 in Gmunden, lebt heute in Wien) betreut seit einigen Jahren sogenannte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Am Höhepunkt der Flüchtlingskrise, Mitte September 2015, fuhr er nach Ungarn, um auch dort Menschen in Not zu helfen. In seinem Artikel mit dem Titel Inhumanität als nationales Recht, der in der Zeitschrift Zwischenwelt erschienen ist, schreibt er über seine Erfahrungen in Ungarn Folgendes: Durch Ungarn rollen seit Wochen Sonderzüge in Richtung österreichische Grenze. |...] Zusammen mit anderen Helfern aus Deutschland und Österreich sah ich — anfangs wie gelähmt — zu, wie sie am letzten Tag der offenen Grenze zu Serbien im ungarischen Grenzort Hegyeshalom einfahren. Blaue Sonderzüge der ungarischen Staatsbahn. Ein jeder transportierte zumindest tausend Flüchtlinge. Durch einen Polizeikordon wurden die Ankommenden zu einem Umschlagplatz geleitet. Scharfe Kommandos auf Ungarisch und Englisch. Die Flüchtlinge, zumeist in größeren Familienverbänden unterwegs, wurden gesammelt, umkreist und in einen fünf Kilometer langen Fufsmarsch in Richtung Nickelsdorf gezwungen. Vor Ort gab es weder Lebensmittel, Wasser, Medikamente noch Sanitäter oder Ärzte. Keine Transportmittel für Alte, Kranke und Verletzte. Flüchtlinge stolperten durch einen regennassen, nachtschwarzen Korridor. Vorbei an Bewohnern des Ortes, die in den Vorgärten ihrer Einfamilienhäuser standen, filmten und Fotos knipsten. Nach den ersten paar Tausend, verschanzten sie sich hinter Rollläden, durch die hindurch das blaue Licht der Fernsehapparate schimmerte. Fünf PKWs und ein Kleinbus bedeuteten bedrückend wenige Plätze, um zumindest denen Hilfe zu leisten, die sie am dringendsten benötigten. Die ungarische Polizei machte die Aufgabe noch schwieriger. Um eine 52 ZWISCHENWELT straßensituation 3. ich zähle die NEGER RAUS aufmeinem schulweg. mein schulweg ist 400 meter lang. ich zähle 15. mal mehr, mal weniger. ich glaube nicht, dass sie das problem sind. ich sage zu ihm: nein, ich hasse diese scheiß. drogen. neger. nicht. Naa Teki Lebar, geb. 1989 in Korneuburg, BA, PG Dipl., studierte in Großbritannien Bildende Kunst und Photographie und seit 2014 Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Sie arbeitet als Künstlerin und Photographin mit diversen Ausstellungen in Österreich und Großbritannien. Literarische Produktionen für den Steirischen Herbst, Kurzhörspiele für ÖI und Kooperationen mit Literatur + Medien für die Gestaltung der Lichtzeile am Donaukanal. Sie ist Teil des Zine Kollektiv PERLEN & PROSA und des Künstlerinnenkollektivs The Bosom Friends. Frau, deren Bein blutete, einen Mann mit Kriegsverletzungen oder eine hoch Schwangere mit dem Auto zur Grenze bringen zu dürfen, mussten Schreiduelle mit der Exekutive ausgefochten werden. Die wenigen mitgebrachten Regenjacken und Hilfsgüter waren binnen Minuten vergeben. Erdrückend die schon beantwortete Frage: „Wo bleibt bloß die ungarische Zivilbevölkerung?“. An der Grenze wurden Flüchtlinge, die unter dem Flugdach der ungarischen Grenzstation rasteten und medizinische Versorgung benötigten, dazu aufgefordert, diese in Österreich zu suchen: „We don't have a doctor here, go to the Austrian border.“ Ein Flüchtling dolmetschte ins Arabische, vor Ort gab es keine Übersetzer. Die Reaktion der ungarischen Zivilbevölkerung und die Abwsenheit ungarischer Hilfsorganisationen iiberraschten Thomas Wallerberger sehr. Mich nicht. Was gehen uns irgendwelche Araber an?, dachten wohl die meisten Menschen in Hegyeshalom. Was tun sie überhaupt hier? Was geht uns Syrien an? Wir haben genug eigene Probleme, jedem ist sein eigenes Hemd am nächsten, und jeder soll selbst schauen, wo er bleibt. Ich hoffe, Sie verstehen mich nicht falsch. Es gibt eine Zivilgesellschaft in Ungarn, und so wie in anderen Ländern Osteuropas gibt es auch dort Menschen, die Flüchtlingen geholfen haben und weiterhin helfen, Menschen, die eine andere Haltung einnehmen als die oben geschilderte, Menschen, für die Humanität und universales Menschenrecht keine leeren Phrasen sind. Auf der anderen Seite gibt es bekanntermaßen auch bei uns und anderswo in Westeuropa Leute, für die jegliche Erwähnung universaler Werte nur „naives Gutmenschentum“ bedeutet, die Merkel-muss-wegund Der-Islam-gehért-nicht-nach-Europa-Schreier, Leute, die z.B. schreiben: Wir werden Asche regnen lassen, aber es wird nicht unsere sein. Strache- und Le Pen-Wählerinnen und -wähler, Trump-Fans in den USA (die auf jeden Fall!), AfD-Anhanger in Deutschland; sie alle sind auf dem Vormarsch, und manche schauen dabei mit stiller oder gar offener Bewunderung gen Osten: nach Ungarn, Tschechien, Polen oder nach Russland. Unsere „besorgten Bürgerinnen und Bürger“ wollen unsere westlichen Werte gegen