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zuzulassen. Wenn aus dem Tenor meiner Ausführungen klar ist, daß ich mich zu Rückkehr berufen fühle, so scheint mir diese Berufung für mich, wie für jeden anderen, davon bedingt, daß die Mission eine raisonable Aussicht auf Erfolg hat. Dazu bedarf es aber der gewaltigen Vorarbeit, für welche ich eintrete. Umgekehrt hoffe ich, daß auch Sie sich davon überzeugen lassen werden, daß die Pflicht Ihnen keine andere Wahl übrig lassen wird, als Ihre Kraft einem socialen Unternehmen nicht zu entziehen, dessen Erfolg gerade von der Mitwirkung von Männern Ihres Schlages abhängig sein mag! Mit freundlichsten Grüßen, Thr sehr ergebener, [Otto Harpner] Anmerkungen 1 ER. Bienenfeld: Die Aufgabe der Jakob Ehrlich Society. London: Jacob Ehrlich Society 1942. Vortrag in der „Jacob Ehrlich Society“ an eine Oneg Shabbat [Schabbat-Zusammenkunft] am 22. August 1942. Die Einleitung Otto Harpner, Emmerich Hunna trägt den Titel „Double Loyalty“. Der Beitrag wurde am 11. September 1942 in der vom britischen Ministry of Information gesponserten deutschsprachigen Wochenschrift „Die Zeitung“, London, publiziert. 2 ER. Bienenfeld: Rediscovery of Justice. London 1947. S.239/40. 3 Evelyn Adunka: Franz Rudolf Bienenfeld. Ein Pionier der Menschenrechtsgesetze. In: David (Wien), H. Nr. 45. http://david.juden.at/kulturzeitschrift/4-49/menschenrecht-45.htm 4 Hier ist vermutlich der Dirigent Bruno Walter gemeint. 5 Richard Schüller (1870 — 1972), geb. in Brünn, war ein österreichischer, liberaler Nationalökonom der sog. Wiener Schule. Von 1918 bis zu seiner Flucht 1938 Sektionschef der handelspolitischen Sektion im Staatsamt für Äußeres (später Außenministerium). Exil in London, ab 1940 in New York. Er war in verschiedenen österreichischen Exilvereinigungen aktiv, so dem „Free Austrian Movement“, dem „Military Committee for the Liberation of Austria“ (unter der Führung von Otto Habsburg), dem „Austrian National Committee“, dem „Austrian Office“ und dem „Austrian Institute“. 6 Wahrscheinlich kam R. Bienenfeld aufgrund der bekannt gewordenen, nur zum Teil ausgeführten deutschen Deportations- und Umsiedlungspläne zu diesem weit überzogenen Prozentsatz — bezieht man ihn auf die Gesamtbevökerung Sloweniens. Bezieht man die 25% auf die kleine jüdische Bevölkerung Sloweniens (ca. 2.500 vor dem Überfall Hitlerdeutschland auf Jugoslawien), so wäre eher von einer Ausrottung von 80-90 % auszugehen, allerdings noch nicht im Jahre 1942. Auch die anderen Zahlen- und Prozentangaben Bienenfelds müssen aus dem damaligen Informationsstand erklärt werden. Briefwechsel Oktober, November 1945 Im Herbst 1945 wandte sich Otto Harpner aus London an den ihm aus der Vorkriegszeit bekannten Rechtsanwalt Emmerich Hunna, der eben erst Präsident der neugebildeten Rechtsanwaltskammer in Wien geworden war. Durchaus noch im Sinne seiner im Brief an Rudolf Bienenfeld (vgl. den vorhergehenden Beitrag in diesem Heft) skizzierten Intentionen sondiert Harpner die Möglichkeiten, in Österreich rechtspolitisch und anwaltlich wirksam werden zu können. Otto Harpner an Emmerich Hunna, 25. Oktober 1945 Sehr geehrter Herr Kollege, eben erhalte ich ihren Brief vom 9. Oktober.! Ich beeile mich aus mehr als einem Grunde mit der Antwort. U.a. war es mir bis heute nicht gelungen, den Ihnen mit meinem ersten Schreiben avisierten ausführlicheren Brief an Sie gelangen zu lassen. Ich werde den Inhalt daher wiederholen und & jour bringen. Ich bin sehr froh, daß wenigstens der erste Kontakt hergestellt ist. Ich bin ehrlich gesagt nicht schr verwundert, daß mein Versuch, eine Begegnung zwischen Ihnen und Kollegen Zucker? herzustellen, keinen Erfolg hatte. Ich habe mir die Dinge genauso vorgestellt, wie sie von Ihnen geschildert werden und wollte nur nichts unversucht gelassen haben. Zucker war schon hier, ist jetzt in Zürich und kommt nächste Woche über Paris zurück. Ich glaube kaum, daß er nochmals auf den Kontinent fahren wird. Jedenfalls nicht so bald. Wir müssen also unsere Bemühungen auf einen direkten Kontakt verlegen. Wenn ich im Folgenden versuche, Ihnen einige meiner Gedanken, Sorgen und Hoffnungen darzulegen, so möchte ich vorweg unterstreichen, wie schwer es ist, Dinge, die mündlich besprochen werden wollen, schriftlich zu diskutieren! Mir ist es also in erster Linie darum zu tun, Sie möglichst bald von Angesicht zu Angesicht zu sehen und zu sprechen. Darf ich zunächst zum Verständnis meiner positiven Ausführungen versuchen, Ihnen eine Idee meines persönlichen Schicksals und meiner Aktivitäten in der Emigration zu geben? Hiebei scheint es mir, mit Rücksicht auf die Raschlebigkeit unserer Zeit zu genügen, wenn ich nur auf die letzten Jahre zurückgreife. In diesen Jahren habe ich meine Tätigkeit hälftig zwischen einem „Kriegshilfsdienst“ und dem Dienste für die „Causa Österreich“ geteilt. Diese Zweiteilung hatte verschiedene ideologische und materielle Gründe. Gleich bei Kriegsbeginn hatte ich meine Dienste „in any capacity“ angeboten. Heute muß ich die Gründe kaum mehr ausführen. Auf alle derartigen Anbote kam man hier erst in der zweiten Hälfte des Krieges zurück. In diesem Zeitpunkt war ich bereits stark in Tätigkeiten engagiert, die ich im Folgenden skizzieren werde. Daher wurde ein Arrangement getroffen, das sich, bis auf eine starke Überlastung, recht gut bewährte. Die halbe Woche war ich als Eisenbahnbeamter tätig; und die andere Hälfte der Woche hatte ich frei, um mich den österreichischen Agenden zu widmen. Wenn auch der Bahndienst kaum meiner bisherigen Laufbahn entsprach, so habe ich doch gerne die Gelegenheit ergriffen, mich in einem Betrieb von so offenbarer Kriegswichtigkeit betätigen zu dürfen. Seit meinem letzten Brief an Sie ist es mir gelungen, mich von der Bahn entheben zu lassen. Mit Rücksicht auf den hier nicht anhaltenden Mangel an Arbeitskräften ist mir dies nicht leicht gelungen. Ich wollte aber im Interesse des Wiederaufbaus einer, meiner Erziehung und Vergangenheit entsprechenden Laufbahn meine Juni 2017 75