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Während der Vorstandssitzung der AMI im Jänner 1937 berichtete Mossaz seinerseits von den Massakern der Franco-Truppen. Der Vorsitzende der AMI Louis Doignon (Großmeister der GLdF) bat die anwesenden spanischen Brüder, ebenfalls zu berichten. Ceferino Gonzales (Vize-Großmeister des GOE) erklärte, die Freimaurerei habe alles zur Verhinderung des Bürgerkriegs unternommen, diesbezüglich hatten die Brüder ihre Pflicht erfüllt. Dafür wurden sie in den von den Rebellen besetzten Gebieten „aufgestöbert, verfolgt und massakriert“.” Der GOE betreute alle in die von der Regierung kontrollierte Zone geflüchteten Freimaurer und deren Familien. Bruder Casas (GLE) fügte hinzu, die Rebellen zeigten keine Gnade, in ihren Augen seien die Freimaurer „nicht tauglich für den Aufbau eines neuen Spanien“. Bruder Gertsch erläuterte, in Barcelona arbeiteten die Logen und das Hilfswerk für geflüchtete Brüder und ihre Familien. Der Vertreter der Tschechoslowakei ließ wissen, die seit 1936 gesammelten Gelder seien noch nicht überwiesen worden, da man nicht eindeutig feststellen konnte, wer der Empfänger sein soll. So beschloss der Vorstand der AMI, einen Spendenaufruf an alle Großlogen in der Welt zu richten und ein vom Vorstand delegiertes Kontrollkomitee unter dem Vorsitz von Doignon, Mossaz und Pouriau (Großmeister des GOdF) zu bilden, um die Spenden zu verwalten und, nach Absprache mit den Vertretern des GOE und der GLE, einzusetzen. Die AMI erhielt Spenden von der Großloge von Jugoslawien, von der Nationalen Großloge der Tschechoslowakei und von lateinamerikanischen Großlogen. Es sollte ein Dauerproblem bleiben, die Gelder nach Spanien weiterzuleiten, da der Kontakt zu den spanischen Brüdern immer wieder abbrach. Doignon erklärte während der Sitzung des AMI-Vorstandes am 22. Mai 1937 in Basel, er habe sich mit den Brüdern Angel Rizo, dem Großmeister des GOE, und Martinez Barrio, dem linksliberalen Präsidenten des Cortes, unterhalten. Gemeinsam hätten sie nach einer Lösung für das Weiterleiten der Spenden gesucht. Auch berichtet er, die GLdF habe mehrere Lastwägen mit Hilfsgütern, wie Nahrungsmitteln und Kleidung, im Wert von 10.000 Francs nach Spanien geschickt. Aus den Gesprächen geht hervor, dass die spanischen Obödienzen eine gemeinsame Organisationsstruktur aufbauen sollten, um eine gerechte Verteilung der Hilfsgüter zu gewährleisten, und dass diese neue Organisation unter der Leitung von César Gonzalez (GLE) und Angel Rizo arbeiten und Waisenkinder und geflüchtete Familien bevorzugt unterstützen sollte. Während der Sitzung des AMI-Vorstandes am 27 September 1937 beklagte Großkanzler Mossaz, dass nach wie vor keine ausreichenden Informationen seitens der Spanier vorhanden seien. Angel Rizo schlug vor, man solle sich zuerst einmal um die nach Frankreich, vor allem nach Bayonne geflüchteten Brüder kümmern. Auch das von den Freimaurern gestiftete Spital in Valence solle mehr Zuwendungen erhalten. Sofort wurde eine Summe in Höhe von 5.000 Francs eingesetzt. Weiters wurden 15 spanische Kinder im Oktober 1937 im vom GOdF und von der GLdF verwalteten maurerischen Kinderheim in Paris aufgenommen. Auch der Großorient von Belgien erklärte sich bereit, Waisenkinder aufzunehmen. Noch am 15. November 1937 diskutierten die Freundschaftsbürgen des GOdF und der GLdE wie die Spendengelder gewidmet werden sollten. Pouriau und Tanon (Generalsekretär der GLdF) fuhren nach Bayonne, um die ersten Gelder zu übergeben. Empfänger waren das Waisenhaus sowie die Ehefrauen und rund 20 36 ZWISCHENWELT Kinder jener spanischen Brüder, die in der Stadt lebten. In Bordeaux wurden ebenfalls vier Brüder mit ihren Familien unterstützt. Die beiden Abgesandten besuchten das Heim für spanische Kinder im ehemaligen Militärspital von Bayonne, wo 450 Kinder statt der erwarteten 150 untergebracht waren. Leiter des Heims war der Freimaurer Ergote. Die AMI ließ im Jänner 1938 wissen, dass sie noch über 9.000 Schweizer Franken verfüge, der Rest war zuvor nach Spanien oder an bedürftige Flüchtlinge überwiesen worden. Im März 1938 kam eine von Mossaz und Doignon geleitete Delegation der AMI nach Barcelona. Das Resultat dieses Besuchs ist nicht bekannt. Die Spendengelder der AMI mussten in den folgenden Monaten neu verteilt werden, da nach der Besetzung Österreichs, dann des Sudetenlandes, schließlich der RestTschechoslowakei durch die Deutschen etliche Brüder mit ihren Familien auf der Flucht waren. Auch polnischen Freimaurern musste während der Militärdiktatur des Oberst Beck geholfen werden. Der GOdE zahlte über die Schweizer Großloge Alpina an Flüchtlinge aus dem Sudetenland 10.000 Francs, aus Österreich 5.000 Francs. Beim Konvent des GOdF im Dezember beschlossen die Delegierten, den Anfragen der beiden Logen „Spartacus“ in Hendaye (eines ihrer Mitglieder war 1936 füsiliert worden) und „La Zelee“ in Bayonne stattzugeben und sich auf ihre Wohltätigkeitsarbeit in Spanien zu konzentrieren. Hilfe für Flüchtlinge Inzwischen war es notwendig geworden, der wachsenden Zahl von Flüchtlingen an der Grenze und in den Mittelmeerhäfen beizustehen. Doignon berichtet im Mai 1938 den Mitgliedern des AMI-Vorstandes, dass die Brüder in Perpignan und in Narbonne diesbezüglich schon Maßnahmen getroffen hätten. Doignon forderte, dass die von der AMI verwalteten Spendenfonds den Hilfe leistenden französischen Großlogen zukommen sollten. Er war zugleich in Verbindung mit dem amerikanischen Freimaurer John Cowles, um ein internationales maurerisches Hilfskomittee zu gründen. Dass sich in den spanischen Obödienzen die Verantwortlichen, also die Ansprechpartner, schr oft ablösten, erschwerte die Möglichkeiten zu helfen. So konnte der neue Großmeister des GOE Martinez Gil, als er sich im September 1938 in Luzern mit dem AMI-Vorstand traf, nicht sagen, was sein Vorgänger beschlossen hatte. Eine Sonder-Kommission der AMI, bestehend aus drei Delegierten des Vorstandes (die Großmeister des GOdE der GLdF und des GOE) und sechs Delegierten spanischer Großlogen, sollte bald die Organisation der Hilfsgüter übernehmen. Diese Sonder-Kommission konnte jedoch erst am 14. Februar 1939 in Paris zusammentreffen‘, da die Vertreter der GLE aus Barcelona mit Verspätung anreisten. Inzwischen blieb den freimaurerischen Institutionen, die den spanischen Flüchtlingen helfen wollten, nur die Möglichkeit, ihre Spenden den französischen Großlogen zukommen lassen. Dumesnil de Gramont, der neue Großmeister der GLdE, berichtet am 28. Jänner 1939 beim AMI-Vorstandstreffen in Basel von einer Hilfsaktion, bei der vier Lastwägen mit Hilfsgütern nach Spanien geschickt und bei der Rückfahrt 24 Frauen und sieben Kinder nach Frankreich mitgenommen worden seien. Die Gelder, welche über die AMI flossen, stellten nur einen kleinen Teil der Spenden aus maurerischer Quelle dar. So starteten die Brüder der Logen des Großorient von Belgien ihre eigene Sammelaktion.