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S - angebrochener Jahreskreis Schnee fällt auf Blüten, schläft dort ein, wie auf unserem aufgeblühten Haar, im April, der Mai bringt einen zärtlichen Tod, bei dem sich vereinigt, was von uns bleibt, mit Blumen, behutsamen Lehrern des Welkens, und wie ein Kind, mit dem Leben beschäftigt, hat uns schon vergessen der Juni, und wir unser Sterben. Der Juli holt uns zurück auf Erden, zu den Gewittern des Lebens, die anhalten, einen ewigen August fortan. Am Rand der Erde, unerreichbar, die irdenen Gewitter des September, während wir gebettet uns wiederfinden in Gefäßen, die Halt uns geben, mit Schnee, gefrorenem Boden, kalten Zehen, wie Lebende nur sie kennen, die uns zurückgegeben sind, wenn wir erwachen, statt als Schnee auf Knospen, als Tau nun auf den wilden Früchten der Sträucher, und fließen, in unser Zuhause, uns wiederfindend in unserem Leib, verschlafen noch, und beschenkt mit der Ernte und einem weiteren Jahr. Du Wenn das Leben wie eine Dämmerung im Winter plötzlich in die Stube eingebrochen ist durch die Fenster unserer Hütte am Wasser, wenn das Leben sich wie der Strom in den zarten Hügeln den Auen verliert, dann beginnt in der Untiefe deiner Hüfte ein Schimmern, das kein fremdes Auge je geschen, das Schimmern der Einsamkeit einer nur dir selbst vertrauten Blöße, als sei ich abwesend und dürfte dich zugleich endlich mit deinen Augen schen. Treibgut Richtung Delta Ein Fragment Folklore waren wir, im knöcheltiefen Spiel winziger Uferwellen schaukelnd, ein Stoffstück, bestickt mit rosa Pelikanen, samt Flitter und einem Kahn, 68 _ ZWISCHENWELT flaschengriin auf Wellenlinien, ja, ein ganzes Mieder aus Gold, aus dem glänzend die Haut des Flusses quillt — Ölpest, silberne Fische, dunkler Traum, verblassend im Rosenduft des Morgens, in dem Du schnürst Dein Mieder, das ich Dir nicht brachte, das eingebrannt in mein Gedächtnis ist, so wie die Pelikane ins Gedächtnis des Flusses. Deine helle, hölzerne Brust verkohlt, wo meine Glut Dir Ornamente einbrennt, wo sie Dich berührt, Kohleabbild von Wasservögeln, schwarz — rosa einst, als wir im Delta trieben. Du legst den Schmuck an, den ich Dir nicht brachte, glänzend die Ketten um Deinen harten Pulsschlag, die Perlenschnur aus Tropfen, die sich fädelt, wo Deine Schenkel blitzten, bevor sie Fische wurden, die unter einem Mann tauchen, der plötzlich zu mir geworden war (Dein Lachen, ausgleitend am Ölfilm meiner Angst) — silberne Fische, dunkler Traum, verblassend im Rosenduft des Morgens. Rosenduft, bevor ich aufsprang, aus dem Kahn, weil ich Klingen sah, wo, scharf blitzend zwar, doch nur Fäden sind, in denen Du Dich eingesponnen, Dein Leben weiterwebend, die ich deshalb nicht zerreißen darf (dunkler Traum, verblassend im Rosenduft des Morgens), zerreif{en muss, soll jenes Haus am Fluss auf seinem Tisch nicht mehr das Messer liegen haben, auf einen Brotlaib wartend, sondern verschwinden alle Klingen, diese Worte unhérbar sein, eines Tages, weil wir am Tisch, glänzenden Auges, erschöpft und heimgekehrt laut frisches Brot uns brechen.