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Andreas Latzko, Stella Latzko-Otaroff: Lebensfahrt. Erinnerungen. Hg. und kommentiert von Georg B. Deutsch. Berlin: Frank & Timme 2017. 365 S. (Forum Osterreich. Hg. von Jacques Lajarrige und Helga Mitterbauer. Bd. 5). Franz Marek: Berufund Berufung Kommunist. Lebenserinnerungen und Schliisseltexte. Hg. und eingeleitet von Maximilian Graf und Sarah Knoll. Wien: mandelbaum kritik & utopie 2017. 347 S. € 25,Im Zentrum des Buches stehen Mareks Lebenserinnerungen, von denen bislang nur drei kürzere Abschnitte im „Wiener Tagebuch“ publiziert waren. Die HerausgeberInnen haben die Erinnerungen, in denen sich ungezählte Verweise auf Personen und politische Ereignisse finden, akribisch kommentiert und ihnen eine biographische Skizze vorangestellt, der sie zu einem späteren Zeitpunkt eine wissenschaftliche Biografie Mareks folgen lassen wollen. Zwei Phasen in Mareks Leben scheinen von besonderem Interesse: seine leitende Tätigkeit im „Travail anti-allemand“ (TA) in der französischen Resistance und seine führende Rolle, zusammen mit Ernst Fischer, im trügerischen Frühling des ‚Reformkommunismus‘ der späten 1960er Jahre. Ganz offensichtlich gehörte er jener Generation österreichischer KommunistInnen an, die durch die „Volksfrontstrategie“ des VII. Weltkongresses der Komintern (1935) geprägt wurden, eine Strategie, die sich seitens der Sowjetunion spätesten mit dem Hitler-Stalin-Pakt als bloß vorübergehende Taktik erwies, auch wenn die Errichtung der „Volksdemokratien“ terminologisch daran anknüpfte. Marek rezipierte in diesem Sinne die Schriften Antonio Gramscis, in dessen Lehren er eine Grundlage zur Versöhnung von Sozialisten und Komunisten und eine geistige Waffe gegen die Vorstellung eines subjektlosen Fortschrittsautomatismus der Geschichte sah. Einige Reden und Aufsätze Mareks ergänzen den Band. — Interessant ist die große Bedeutung der Kunstdiskussionen im Zusammenhang mit der Ablösung vom Stalinismus. U.a. erzählt Marek, er habe den sowjetischen Genossen einmal ein Bändchen mit Abbildungen von NS-Kunst mitgebracht, um ihnen die Augen für die Verfehltheit des sogenannten sozialistischen Realismus zu öffnen. Die Reaktionen darauf bestätigten Mareks Eindruck der Verkommenheit und des Stumpfsinns in den höheren Rängen der KPdSU. — KK. Lucie Ondiichova: Fredy Hirsch. Eine jüdische Biographie 1916 — 1944. Aus dem Tschechischen von Astrid Prackatzsch. Mit Beiträgen von Rachel Masel und Pavel Stränsky. Konstanz: Hartung-Gorre 2017. 126 S. € 19,80 (Edition Schoäh & Judaica / Jewish Studies. Hg.von Erhard Roy Wiehn). Friedrich Orter: Aufwachen! Europa und die neue Weltordnung. Eine Streitschrift. Wien: Ecowin 2016. 107 S. Imelda Rohrbacher: Poetik der Zeit. Zum historischen Prasens in Goethes Die Wahlverwandtschaften. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht / Vienna University Press 2016. 463 S. € 55,(Schriften der Wiener Germanistik. Bd. 5). Edward Saunders: Arthur Koestler. London: Reaktion Books 2017. 206 S. £ 11,99 (Critical Live). Interessant ist in diesem Lebensüberblick (leider ohne Personenregister) die von Saunders, einem Mitarbeiter des Ludwig Boltzmann-Instituts für Geschichte und Theorie der Biographie, referierte Diskussion um die angeschlagene Reputation Koestlers, nachdem er nach seinem Tod einer über 40 Jahre zurückliegenden Vergewaltigung bezichtigt wurde. Pia Schélnberger, Sabine Loitfellner (Hg.): Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus. Mythen — Hintergriinde — Auswirkungen. Wien, Koln, Weimar: Böhlau 2016. 446 S. € 40,- (Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung. Bd. 6). Der Sammelband basiert auf den Beiträgen einer Tagung im November 2014 in Wien. Beschrieben werden Bergungen, Rückbergungen und heute noch fehlende Bestände der Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste, der Österreichischen Galerie, des Kunstgewerbemuseums, der Czerninschen Gemäldegalerie und der Museen der Stadt Wien. Ergänzende Beiträge behandeln Sammlungen in Graz, München, Dresden und Baden. Auch die Bergung des Beethoven-Frieses und die Lagerorte für „Entartete Kunst“ werden behandelt. Zwei Beiträge behandeln das Schicksal der Nationalund der Universitätsbibliothek in Wien und der wissenschaftlichen Bibliotheken in Berlin. Pia Schölnberger beschreibt die Rolle von George Saiko bei den Bergungsmafsnahmen der Albertina, wobei sie eine „Diskrepanz zwischen seinen eigenen Angaben nach 1945 und den zum Teil widersprüchlichen Informationen aus zeitgenössischen Quellen“ feststellt. — E.A. Gerschon Schoffmann: Nicht für immer. Erzählungen. Hg. und mit einem Nachwort von Gerald Lamprecht. Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama. Graz, Wien: Droschl 2017. 350 S. € 25,Peter Schwarz: Julius Tandler. Zwischen Humanismus und Eugenik. Wien: Edition Steinbauer 2017. 319S. Ruth Steindling, Claudia Erdheim: Vilma Steindling. Eine jiidische Kommunistin im Widerstand. Mit einem Nachwort von Anton Pelinka. Wien: Amalthea Signum Verlag 2017. 223 S. € 25,Josef Strutz: Prezihov Voranc — Lovro Kuhar. Leben und Werk. Eine literarische Biografie. Klagenfurt: Kitab 2016. 160 S. Walter Thaler: Pinzgauer! Helden — Narren — Pioniere. 55 Portraits aus der Provinz. Wien: new academic press 2017. 336 S. € 25,Georg Tidl: Waldheim. Wie es wirklich war. Die Geschichte einer Recherche. Wien: Erhard Locker 2015. 227 S. € 24,80 Zeitschriften Zeitgeschichte (Wien). Heft 6. 43. Jg. November/Dezember 2016: Öffentlichkeit — Propaganda — Politik. Mit Beiträgen von Helene Belndorfer über „Zwei Jahre in der Zwischenkriegszeit oder Konsum und Werbung als Orte der Politik“ und von Peter Pirker über „Broker des transantionalen Antikommunismus: G.E.R. Gedye und Radio Free Europe in Österreich“. Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung. 25 Jg. H. 6, Dezember 2016. 129 S. € 9,50 Mit u.a. „historisch-systematischen Anmerkungen zum ‚Populismus“ von Wolfgang Knöbl, einem Beitrag zu rechtsextremen Wahnvorstellungen von Samuel Salzborn und einem Dossier, „Berliner Colloguium zur Zeitgeschichte“ zum Thema „Organisationen und Holocaust“. Literatur und Kritik (Salzburg). Nr. 513-514, Mai 2017, 112 S. € 10,Mit einem ausfiihrlichen Aufsatz von Gerhard Zeillinger, „Stanislau. Wie eine Stadt ermordet wurde“, in welchem Elisabeth Freundlichs Buch über Stanislau angemessen gewürdigt wird. Und mit einem Beitrag zum „Österreichischen Alphabet“ von Primus-Heinz Kucher über den Publizisten und Schriftsteller Arthur Rundt (1881 — 1939), verstorben im Exil in New York, der bisher keiner einzigen Studie gewürdigt worden ist. Signum. Blätter für Literatur und Kritik.(Dresden). 18. Jg. (2017), H. 2 (Sommer). € 8,20. Mit einer bemerkenswerten Besprechung von Cecile Cordons und Helmut Kusdats großem Bukowina-Sammelband „An der Zeiten Ränder“ von Ulf Nieritz, der nicht nur das Buch lobt, sondern auch den Verlag— was in Zeiten kargen Lobs nicht verschwiegen werden soll: „Die in Wien ansässige Theodor Kramer Gesellschaft ist eine der namhaftesten literarischen Vereinigungen im deutschen Sprachraum.“ Österreich in Geschichte und Literatur mit Geographie. Hg. vom Institut für Österreichkunde. 61. Jg. (2017) H. 2. 200 S.: Fremd/Vertraut. Zur Geschichte der Juden in Osterreich. Hg. von Martha Keil. Mit Beiträgen u.a. von Philipp Mettauer über die „Judenumsiedlung“ in Wien 1938-42, von Marianne Windsperger über „Die Gegenwartsliteratur als Archiv jüdischer Geschichte in Österreich“, von Hans-Jürgen Schrader über den Jerusalemer Lyriker Halm Schneider aus Wien. Oktober 2017 77