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der deutschen Übersetzung von Her First American kam es sogar zu einem Zerwürfnis zwischen ihr und der Übersetzerin, Inge Leipold. Lore Segal glaubte aufgrund ihrer Deutschkenntnisse, die Arbeit der Übersetzerin bewerten zu können. Sie erinnert sich an mehrere Stellen, an denen der afroamerikanische Protagonist meint, dass verschiedene Ethnien besser miteinander auskommen könnten, wenn sie ein bestimmtes „protocol“ befolgten: „My black hero uses the word ‚protocol‘. And he uses it wittily. What he uses it for is the whole race. The joke was that the whole race would be straightened out if people kept a protocol. [...] Well my [...] translator said: ‚Well, that's the wrong word. You can’t use it in German‘. I said: ,It’s exactly the same word. It’s one of the few times where the English word and the German word meet each other exactly. There is nothing left over. It doesn’t mean more, it doesn’t mean less.“!” Her First American wat das erste von Lore Segals Werken, das ins Deutsche übersetzt wurde. Die konfliktgeladene Zusammenarbeit mit der aus Deutschland stammenden Übersetzerin kann vielleicht nicht nur auf Segals Eingriffnahme in die Übersetzung zurückgeführt werden, sondern auch aufden Umstand, dass dies die erste Übersetzungserfahrung in ihre ursprüngliche Muttersprache war. Es kann dabei angenommen werden, dass Lore Segal die Übersetzung ihres Werkes in das, was oft die Sprache der Täter und Täterinnen bezeichnet wird, eine schr schmerzhafte gewesen sein muss. Sie selbst beschreibt ihre mehrmalige Rückkehr nach Wien mit den folgenden Worten: „I still feel excited and I also feel ... you know it’s not my head that quarrels with Austria, quarrels with you. But the nerves are raw“.'® Ihre Ubersetzungserfahrung bei Other Peoples Houses, die in der Reihe Osterreichische Exilbibliothek beim Picus Verlag erschien und, wie erwahnt, von der damaligen Leiterin der Exilbibliothek, Ursula Seeber, vermittelt wurde, gestaltete sich versöhnlicher. Segal beschreibt die Übersetzerin Sabina Illmer als „very sweet and very dear. And young.“'? Auch dass Illmer Segals Beitrag zur Ubersetzung in dem Vorwort erwahnte und ihren Deutschkenntnissen dadurch Geltung verschafft wurde, merkt Segal lobend an: „It was her first translation, but she acknowledged the fact that we had collaborated.“° In diesem Zusammenhang erinnert Segal sich auch, dass sie das Deutsch der dreißiger Jahre in Illmers Übersetzung einbringen wollte: „I was trying to push her into a language that was old. I was trying to make her sound like 1938 instead of 2000.“?! Auf die Frage, wie die Übersetzerin diese Herausforderung ihrer Meinung nach gehandhabt habe, antwortet sie, dass sowohl Illmer als auch sie selbst „diplomatischer“ gewesen wären. Auch nutzte es, dass Illmer das Buch verstand: „I think I was gentler. [...] She liked the book. She laughed at the right jokes.“” Sabina Illmer trug somit mit ihrer Übersetzungsleistung dazu bei, Lore Segal ein Stück mehr mit ihrer Muttersprache zu versöhnen und zwei der Werke der Schriftstellerin in der österreichischen Exilliteratur zu verankern. Karin Hanta schloss 2017 ihre Dissertation „Zurück zur Muttersprache: Austro-amerikanische Exilschriftsteller_innen im österreichischen literarischen Feld, 1990-2015“ am Zentrum für Translationswissenschaft der Universität Wien ab. Sie unterrichtet Translationswissenschaft am Middlebury College im US-amerikanischen Bundesstaat Vermont, wo sie auch ein feministisches Zentrum leitet. Anmerkungen 1 Sofern nicht anders angegeben, stammen alle biographischen Daten aus der Dokumentensammlung der Österreichischen Exilbibliothek. 2 Interview der Autorin mit Lore Segal, 29.6.2013 3 Ebd. 4 Ebd. 5 Allan Metz: Why Sostia? Trujillo’s Motives for the Jewish Refugee Settlement in the Dominican Republic. Contemporary Jewry 11: 1, Marz 1990, 3-28. — Andere Quellen geben die Anzahl der bei dem Massaker Ermordeten mit maximal an die 13.000 an. 6 Interview der Autorin mit Lore Segal, 29.6.2013. 7 Carolyn Kizer: The Education of Ilka Weissnix. New York Times, 19.5.1985, hetp://www.nytimes.com/1985/05/19/books/the-education-of-ilka-weissnix. html? pagewanted=all. 8 Hadar, David: The Ungrateful Child Refugee: the Anti-Sensationalism of Lore Segal’s Other People‘ Houses. Auto/Biography Studies 32:3, 2017. 667-672. 9 Interview der Autorin mit Alexander Potyka, 30.4.2015. 10 Judith Melton: The Face of Exile: Autobiographical Journey. Iowa City: University of Iowa Press, 1998. xviii. 11 Lore Segal: Her First American, New York: Knopf 1985, 265. 12 Ozick, Cynthia: A Contraband Life. Commentary, 1. Marz 1965, https:// www.commentarymagazine.com/articles/other-peoples-houses-by-lore-segal/. 13 D. Hadar, wie Anm. 8, 667. 14 W.D. Snodgrass. Nachruf. The Poetry Foundation. https://www.poetryfoundation.org/poets/w-d-snodgrass. 15 Interview der Autorin mit Lore Segal, 29.6.2013. 16 Margalit Fox: Maurice Sendak, Children’s Author, Dies at 83.“ New York Times, 8.5.2012, http://www.nytimes.com/2012/05/09/books/mauricesendak-childrens-author-dies-at-83.html. 17 Interview der Autorin mit Lore Segal, 29.6.2013. 18 Ebd. 19 Ebd. 20 Ebd. 21 Ebd. 22 Ebd. CRY TEEN? 2 IS SENS soll Trude Waehner: El Gotico Espafiol con Marcha de los Religiosos, Holzschnitt Dezember 2017 57