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schnell, aber es passiert etwas. Das ist schr schön zu beobachten und ich hoffe, der Trend halt an. Mattersburg: Eine würdige Gedenkstätte Vom 16. Jahrhundert bis zum Oktober 1938 war Mattersdorf (ab 1924 Mattersburg) einer der Sieben heiligen jüdischen Gemeinden des Burgenlands. Juden repräsentierten eine Zeitlang bis zu einem Drittel der Bevölkerung. Sie waren nahe des Hauptplatzes angesiedelt, und dutzende Läden in der Judengasse bildeten das Geschäftszentrum des Ortes, es gab eine schöne Synagoge und eine Jeschiwa (Talmudschule), an der berühmte Rabbiner Schüler aus ganz Europa unterrichteten. Als die Nazis in Österreich einmarschierten, wurde sofort begonnen, die damals in Mattersburg lebenden 530 Juden zu enteignen und zu vertreiben. Im Oktober 1938 - also noch vor dem Novemberprogrom - verkündete der Nazibürgermeister Franz Giefing eine weiße Fahne schwingend „Mattersburg ist judenfrei!“ Die Synagoge wurde geplündert und devastiert, 1940 wurde sie von einem Sondertrupp der SS gesprengt. Über 100 Juden aus Mattersburg kamen in Konzentrationslagern ums Leben. Viele konnten auswandern, ihre Nachkommen sind in der ganzen Welt verstreut. Am Sonntag, 5. November 2017 wurde auf dem heutigen Brunnenplatz am Beginn der Judengasse, wo einstmals die Synagoge stand, eine Gedenkstätte enthüllt. Entworfen wurde sie von Michael Feyer, Obmann des Vereins „wir erinnern — Begegnung mit dem jüdischen Mattersburg“. Der Verein wurde 2013 gegründet mit dem Ziel, eine würdige Gedenkstätte zu realisieren. Bis August 2016 leitete Mag.“ Gertraud Tometich den Verein und setzte sich für das Projekt mit aller Kraft ein. Sie hatte sich seit Jahren mit der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Mattersburg auseinandergesetzt; im Oktober 2013 erschien ihr Buch „Als in Mattersburg noch das Schofahorn ertönte“. Als der Verein schon in der Zielgerade zur Verwirklichung des Projekts stand, Finanzierungszusagen eingelangt waren und Michel Feyer (damals im Beirat des Vereins) bereits sein Modell für die Gedenkstätte vorgestellt hatte, starb Gertraud im August 2016. Nach einer Schockpause konsolidierte sich der Verein neu, Michael Feyer wurde zum Obmann gewählt. Er stürzte sich mit Vehemenz in die Arbeit. Er hatte einige Jahre zuvor bereits die Gedenkstätte in Deutschkreutz entworfen und deren Errichtung durchgesetzt. Damals hatte er auch schon mit der Bürgermeisterin der Stadt, Ingrid Salamon, über eine Gedenkstätte am Platz der ehemaligen Synagoge gesprochen. Sie unterstützte das Projekt großzügig mit wachsender Begeisterung. Bei der feierlichen Eröffnung am 5. September drückte sie ihrem Dank, Stolz und Freude über die Gedenkstätte aus, die auch zur Besinnung und Mahnung auffordert. Landeshauptmann Hans Niessl bekundete ebenfalls seine starke Anerkennung fiir das Projekt. Zum Festakt erschienen einige hundert Leute, viele Mattersburger, aber auch Wiener. Die Festrede hielt Bundespräsident Alexander van der Bellen, in der er die Bedeutung der Erinnerung für die Gestaltung einer friedlichen und menschwürdigen Gesellschaft hervorstrich. Er zitierte einen Spruch, der auf einer Stele des Mahnmals zu lesen ist: „Das Böse ist nur möglich, wenn die Mehrheit schweigt“, und mahnte eindringlich vor jedem Anflug von Antisemitismus und Verstoß gegen die Menschenrechte. „In Österreich und Europa darf kein Platz für Raub an Würde und Leben sein.“ Auch Isaac Ehrenfeld, der Oberrabbiner von Kyriat Mattersdorf aus Jerusalem, bedankte sich für die Errichtung der Gedenkstätte. Sein Doing Gender in Exile Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung, Wien 18.-20.10.2017 Der Eröffnungsabend der Konferenz fand am 18. Oktober 2017 auf Einladung des Literaturhauses Wien statt und war mit mehr als 100 Teilnehmenden sehr gut besucht. Der Grußbotschaft von Staatssekretärin Muna Duzdar folgten einleitende Worte von Ilse Korotin für die FrauenAG der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (öge), die unter anderem die 2012 verstorbene Initiatorin der FrauenAG, Siglinde Bolbecher, würdigte. Johanna Gehmacher gratulierte für den Forschungsschwerpunkt Frauen- und Geschlechtergeschichte der 68 _ ZWISCHENWELT Universität Wien der öge und ihrer AG Frauen zum 15. Geburtstag. Der zweite Teil des Abends widmete sich aktuellen Themen der rezenten Flüchtlingsforschung, konkret Fragen nach sexueller Orientierung im Asylverfahren und Männlichkeiten im Fluchtkontext. Dazu waren die Juristin Janna Wessels (Universität Giessen) und der Geschlechterforscher Paul Scheibelhofer (Universität Innsbruck) zu Gast und diskutierten mit Irene Messinger und dem Publikum. Das erste Panel des nächsten Tages zu Work and Gender in Exile behandelte die Schwierigkeit, Geschlechtsidentitäten und berufliche Identifizierungen im Herkunftsland, im Aufnahmeland und im Rückblick zu finden und zu verhandeln. Christine Hartig zeigte, wie bereits Großvater, Samuel Ehrenfeld war der letzte Rabbiner in Mattersburg; er wanderte nach New York aus und gründete dort eine Gemeinde mit dem Namen Kiryat Mattersdorf; sein Sohn Akiva setzte die Tradition in Jerusalem fort. Akiva Ehrenfeld starb im August 2012. Die Gemeinde übernahm sein Sohn Isaac. Noch heute leben ausgewanderte Juden aus Mattersburg und deren Nachkommen in Kiryat Mattersdorf. Ebenso sprachen Talya Lador-Fresher, Botschafterin des Staates Israel und Oskar Deutsch, Präsident der IKG ihren Dank aus. Für die musikalische Untermalung sorgte ein Klezmer-Trio mit durchaus lebensbejahenden Liedern. Dr. Gerhard Tschégl von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft fasste die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Mattersburg zusammen und erinnerte daran, dass Antisemitismus nicht von heute auf morgen den Ort überrollt hat. Antisemitismus und Antijudaismus sind Phänomene, die sich lange entwickeln und in verschiedenen Gewändern in der Geschichte aufgetreten sind. Um sich davor zu schützen, muss man sich damit auseinandersetzen. Er warnte mit Manes Sperber vor Gleichgültigkeit: „Die Gleichgültigkeit ist so furchtbar in ihren Folgen, so mörderisch wie die furchtbarste Gewalt.“ Die Veranstaltung fand bei strahlendem Wetter statt. Nun bleibt nur zu hoffen, dass die Gedenkstätte tatsächlich als starkes Zeichen der Stadt zur Überwindung der Verdrängung der vergangenen Verbrechen und Mahnung an Gegenwart und Zukunft gelebt wird. Die Gedenkstätte möge kein Persilschein werden, sondern Aufforderung zur Intensivierung der Erinnerungsarbeit sein. Zum Abschluss sang der Oberkantor des Wiener Stadttempels Shmuel Barzilai das Totengebet „El Maleh Rachamim“ und sprach das Kaddisch. das Einwanderungsrecht in den USA und Großbritannien unterschiedliche Positionierungen von und in Familien bedingte. Barbara Sauer beschrieb die Probleme verheirateter Frauen nach dem Krieg, Berufstätigkeit nachzuweisen, um Restitutionsansprüche gelten zu machen. Irina Gewinner sprach über geschlechtsspezifische Berufswahl in aktuellen Migrationskontexten und warf damit auch das Problem auf, dass es speziell bei Frauen schwer ist, Freiwilligkeiten und Zwänge zu unterscheiden. Welche Rolle Männlichkeiten und weibliche Identität beim Schreiben und Erinnern spielen, thematisierte das zweite Panel: Anthony Grenville analysierte drei weibliche Lebensentwürfe in Anna Seghers Erzählung Der Ausflug der toten Mädchen und zeigte, wie diese als hauptsächlich