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Claudia Erdheim Schwerpunkt dieser Untersuchung ist das Schicksal der Bewohner Taborstraße 21A in der Zeit von 1938 bis 1959. Dazu wird zum Schluss zusätzlich ein Prozess aus den Jahren 1955 bis 1957 behandelt, der sich auf eine Wohnung in der Bastiengasse 40/2 im 18. Bezirk bezieht und in dem es wie in den Beispielen der Taborstraße um die Aufkündigung der Wohnung durch einen Nazi geht. Das Haus Taborstraße 2 1A ist ein biirgerliches Jugendstilhaus, das 1908 erbaut wurde. Es gibt zwei Stiegen mit insgesamt 36 Wohnungen. 1921 war das Haus im Besitz einer Gesellschaft m.b.H. (einer Fabrikation chemischer Produkte), deren Gesellschafter Juden waren. 1942 wurde das Haus arisiert. Vor dem Anschluss im Marz 1938 waren bis auf zwei Bewohner und die Hausbesorgerin alle Parteien jüdisch. Für meine Untersuchung habe ich acht Parteien herausgegriffen, von denen 1939 ein Kind, dessen erwachsene Schwester und ein Arzt nach England emigrierten, ein Bewohner nach Shanghai und eine Bewohnerin nach Zürich; ein Bewohner starb 1939 vor Beginn der Deportationen. Alle anderen Mieter sind deportiert worden. Anhand der Meldezettel kann ihr Schicksal nachvollzogen werden. Auf den Meldezetteln findet man zunächst die Adressen der Sammelwohnungen, in die sie ziehen mussten, und entsprechend später den Ort der Deportation, wie z.B. Theresienstadt, Litzmannstadt, Minsk oder allgemein: „Polentransport“. Folgende Tabelle soll zunächst skizzenhaft Auskunft darüber geben, wer wann die von mir untersuchten Wohnungen im Zeitraum von 1938 bis 1959 in der Taborstraße bewohnt hat: 1938 — 1942 1940 - 1947 1950 - 56 Ab 1956 - 1959 Tür 12 Abraham Kritzmann 1939 Amerika Ab 1941 Johann Nowak Vermutlich 1950 ausgezogen 1959 ausgezogen Tür 22 Dr. Moritz Roll 12. 4. 1939 England Gattin Grethe: 1939 Zürich Ab 1940 Josef Benda November 1947 nach Taborstr. 24A Ab 1957 Josef Benda Tür 24 Julius Leuchter. 1940 Sammelwohnung, 1941 Litzmannstadt Ab 1940 Karl Schidler November 1947 ausgezogen Ab 1957 Karl Schidler Tür 25 Gustav und Theresia Pisk Ab 1940 verschiedene Sammelwohnungen, 1942 Theresienstadt Ab 1940 Familie Fröhlich aus Berlin. 1946 nach Deutschland zurück Ab 1951 Familie Schwarz Familie Schwarz Tür 29 Ehepaar Ringer Samuel 1939 gestor-ben, Elisabeth: ab 1940 verschiedene Sammelwohnungen, 1942 Minsk Ab 1940 Familie Plappart November 1947 ausgezogen Tür 31 Dr. Oskar Hoffmann 1939 Shanghai Ab 1941 Raimund Strobl NSDAP-Mitglied, nach Gefangenschaft im Dezember 1946 verhaftet Tür 35 Familie Apfelbaum 1939 Kinder Wilma und Blanka: England Moses und Henriette: 1940 Sammelwohnung, 1941 Polentransport. Ab 1940 Familie Schimak November 1947 nach Taborstr. 24A, Julius Schimak 1951 gestorben Ab 1950 Wilma Apfelbaum Wilma Apfelbaum Tür 36 Karl Schützenhofer Seit Karl Schützenhofer 1928 Mieter im Haus, einzi- NSDAP-Mitglied, November ger Nichtjude 1947 ausgezogen Ab 1950 Familie Steindling 1956 ausgezogen Ab 1956 Karl Schützenhofer