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jüdischen Sommercamps und hielt Vorträge im B’nai Abraham Institute of Jewish Learning in New Jersey und in der Carnegie Hall in New York. Oft musste sie auch von Gelegenheitsarbeiten leben. Sie beschreibt ihre vergeblichen Versuche, Affidavits oder ,, Visa fiir meine Familie nach Chile, Kuba, Bolivien oder Shanghai zu bekommen“. Ihre Schwester Grete starb Ende 1941 in Berlin. Ihre Eltern starben in Theresienstadt. 1944 übersiedelte Landau nach Los Angeles, wo sie Musikdirektorin der Jewish Center Association wurde und am Beverly-Fairfax Jewish Community Center lehrte. Ihre Arbeit endete mit Kündigungen und Enttäuschungen; sie schreibt: „In die jüdischen Gemeindezentren setzte ich nie wieder einen Fuß. Ich konnte die 24 Jahre Desillusionierung, Frustration und Mangel an Respekt für das, was ich geleistet hatte, nicht verwinden.“ Das Buch „Von Berlin nach Los Angeles“ enthält neben den von Daniela Reinhold übersetzten Erinnerungen Landaus auch eine von Christiane Niklew zusammengestellte Auswahl der Briefe Rosa Landaus. Nach dem Scheitern der Auswanderungsbemühungen schreibt sie 1940: „[...] wie ein Scheinleben ist es, während draußen die anderen ein neues Leben aufbauen können [...].“ Im dritten Teil wird Landaus Korrespondenz mit den Musikern Louis Gruenberg, Ernst Toch, Erich Wolfgang Korngold, Darius Milhaud und Stefan Wolpe abgedruckt. Die Herausgeberin Daniela Reinhold ist Musikwissenschafterin und betreut im Musikarchiv „Vergangenheit ist eine Last“, titelte „Die Zeit“ nach der Preisverleihung des diesjährigen sogenannten Bachmann-Preises. Zwar wird in der Folge dann ein bisschen relativiert, die Vergangenheit sei auch „eine vertrackte Sache“, aber diese Last jedenfalls ist als Aufgabe, der sich eine Schriftstellerin oder ein Schriftsteller zu stellen hätten, festgestellt. Sebastian Vogt, den Wiener Autor der 2018 erschienenen Erzählung „Zwei Brüder“, kümmert das wenig. Ihm ist es weniger um eine Belastung zu tun, die ihm im Vergangenen begegnete, sondern um Möglichkeiten für einen menschenfreundlichen Ausgang nicht nur der von ihm erzählten Geschichte zweier Brüder, sondern der Geschichte überhaupt. Dass er für seine Darstellung nicht nur einen historischen Rahmen wählt, sondern der Beginn dieser Geschichte mehr als ein Jahrhundert zurückliegt, mag verwundern. Mehr noch die Fülle der Schauplätze: Hamburg, London, Wien, Berlin, Ebensee, Aachen, München, Buenos Aires. Dies auf knappen 180 Seiten unterzubringen erfordert nicht nur Können, sondern auch Mut. Und eine holzschnittartige Präzision, mit deren Tür der Autor bereits auf den ersten Seiten ins Haus fällt: Fin um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geborenes Brüderpaar, wohlhabendes Elternhaus (der Verlag spricht von „Hamburger Großbourgeoisie“), Vater verstorben, Mutter aus Argentinien stammend; von Kindheit an gehen die Briider eigene Wege. Abenteuergeschichten insbesondere mit als minderwertig betrachteten Opfern liebt der zwei Jahre jüngere Oskar („Niedergemetzelte Indios! Schwarze, die versklavt wurden! Hier blühte die Fantasie des kleinen Oskar auf.“) August hingegen interessierte, „wie es in den Zimmern der Bediensteten zuging“, und freundet sich 66 _ZWISCHENWELT mit dem dreißig Jahre älteren Chauffeur des Hauses an. Der aufmüpfige August lernt den russischen kommunistischen Anarchisten Kropotkin kennen, der ihm nicht nur zum Idol, sondern auch zum zeitweiligen Dominator seiner Gedankenwelt wird. Oskar hingegen wird mitgerissen vom deutschnationalen Wahn eines solitären Reiches, das aller Welt den Krieg erklärt, weil es nur in ihm sein Heil finden könne. Und er dient sich in diesem Krieg den Propagandisten als Allerweltsdichter an im irrigen Gauben, dadurch als geistvoller Wortkünstler geschätzt zu werden und weniger als primitiver Kriegshetzer, Chauvinist und Menschenfeind zu gelten. August hingegen hat den Krieg nicht als mystische Verklärung intellektueller Krieger oder ideologischer Opportunisten kennengelernt, sondern von unten, als Infanterist. Und an der Marne einen Unterschenkel verloren. Nicht nur im Lazarett und im Krankenhaus bindet ihn das noch mehr an Seinesgleichen, die einfachen Soldaten, das anfangs durchaus auch verhetzte, zu verheizende Kanonenfutter. Die Mutter hat mit den Söhnen nichts am Hut, kehrt mit ihrem Lover nach Argentinien zurück und überlässt die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen ihrem Schicksal, das zunächst durch einen Teil des Erbes auch gesichert erscheint. Aber Oskar verspielt es mit Kriegsanleihen, während August - mit journalistischen Projekten - in die Revolution investiert, die in Deutschland bekanntlich bald allerorten untergeht und auch die journalistischen Projekte mit sich reißt. Das alles wird erzählt in einem lakonischen, skizzenhaften Ion, der einem erstmaligen Leser von Texten dieses Autors zunächst zumindest ungewöhnlich, vielleicht gar spröde erscheint. der Akademie der Künste in Berlin den Nachlass von Anneliese Landau. Im Verlag Hentrich&Hentrich erschien von der Berliner Publizistin Gabriele Fritsch-Vivie 2013 auch eine gut recherchierte Studie über den Kulturbund. Unter den dort bei den Kurzbiographien im Anhang beschriebenen Personen befindet sich auch Anneliese Landau. FritschVivie publizierte bei Hentrich&Hentrich auch auch eine schr gelungene Jüdische Miniatur über Kurt Singer, den Gründer des Kulturbundes. E.A. Von Berlin nach Los Angeles. Die Musikwissenschaftlerin Anneliese Landau. Hg. von Daniela Reinhold im Auftrag der Akademie der Künste, Berlin. Berlin: Hentrich&Hentrich Verlag 2017. 340 S. Euro 27,90 Klingen doch ganze Passagen, ja eigentlich die gesamte Geschichte nahezu märchenhaft komponiert und protokolliert. Allerdings könnte dies eine durchgängige Charakteristik des Schreibens von Sebastian Vogt sein, lautet doch bereits der Titel seines ersten Erzählbandes von vor zehn Jahren „Legenden und ein Söhnchen“. — Tatsächlich ist das Legendenhafte auch an den „zwei Brüdern“ unübersehbar. Allerdings nicht als Gegensatz zur Realität, sondern cher als deren Verstärkung, vielleicht Überhöhung (so schon in der Brieferzählung „Briefe zur Revolution“, Linz 2015). Ein Rezensent (Erwin Riess) diagnostiziert die Paraphrasierung des Ihemas „feindliche Brüder“ durch „Anlehnung an die Manns“, die Brüder ‘Thomas und Heinrich. Mag sein. Vielleicht ist manchen Lesern damit geholfen. Und vielleicht trifft er damit tatsächlich einen Nerv des Autors und der Geschichte, wird doch am Ende der Erzählung Oskar zitiert, der gegenüber dem Älteren schließlich einbekennt, „dass der Kampf gegen Anarchismus und Kommunismus die größte Torheit des Jahrhunderts ist“, eine Aussage, die bekanntlich fast wörtlich dem späten Thomas Mann zuzuordnen ist. Aber vielleicht führt das auch auf verwirrende Abwege. Denn Vogt ist es nicht um ideologische oder psychologische Differenzen zu tun, die mit jenen der beiden Mann-Brüder vergleichbar sein könnten, sondern um die Auflösung, vielleicht auch Zerschlagung jenes die humanistischen Potentiale der Menschen fesselnden Netzes, das am Ende der Geschichte in den Nationalsozialismus und die beiden Brüder zusammen und gemeinsam ins Exil führt. Vielleicht deshalb spielt in Vogts Erzählung die Münchner Räterepublik eine besondere Rolle (und nicht etwa, wie der Klappentext vermerkt, ein allgemeiner und