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Der Appell wurde eingeleitet Durch einen Vortrag des Sreisichulungsleiters Po. Braftorfer über die Judenfrage. Qn einer flaren und tiefgründigen Abhandlung entjtand vor den Vere jammelten ein Emblid in diejes Thema, wie er, wohl jelten geboten wird. Der Redner jchilderte den Weg, den das Judentum in der Gejchichte des deutjhen Volles genommen hat. Die durch ihn borgenommene Entlarvung von Geichiegtslügen wart jo einpragjam, da ganz bejonders dadurd) die gebrachten Ziffern über die Berjudungder OftmarfinihrergangenTragweite ermefjen werden founten. Hijtorifde Hinweife und Dofumente aus der Gegenwart zeigten die jiidifdhe Verjenuchung des Schriftqutes Deutfder Sprache umd des jüdiichen „Kunjtbetriebes“ auf. Der Kreisichulumgsleiter trug einige Broben jüdiicher „Dichtlunft” vor, die jegt, wo wir zurüdichauen, zeigen, aus welhem Abgrund der Führer das deutjche Volk gerettet hat. :° dann an mein Bett und erzählte von sich und ihrer 8-9-jährigen Tochter. Ich war 23 Jahre alt und hatte nichts übrig für sie. Als „Wiedergutmachung“ erhielt ich im Sommer 9.900 Schilling für die Arisierung unseres Hauses in Baden bei Wien und beschloss, damit im September an die Hotelfachschule in Bad Gastein zu gehen. Vor meiner Abreise gab es aber noch ein unangenehmes Erlebnis. Meine Versuche ein Visum für Ungarn zu bekommen, wo einige meiner Verwandten überlebt hatten, scheiterten. Bis zum Oktober 1955 wurde ich immer wieder abgewiesen; und so konnte ich mit ihnen nur korrespondieren. Als ich einmal spät am Nachmittag von der Arbeit kam, erwartete mich ein Polizist vor dem Haus und brachte mich zum Kommissariat. Ein Polizeiofhizier in Zivil gab mir den dringenden Rat, die Leopoldstadt und die sowjetische Zone zu verlassen, denn meine Zimmervermieterin sei bei ihm gewesen und hätte mich als „amerikanischen Spion“ angezeigt, denn ich erhielte viel Post aus Ungarn. Wie oft zuvor hatte ich wieder einmal Glück und bedankte mich herzlich. Es hätte ganz anders ausgehen können, wenn sie mich bei einem fanatischen Kommunisten denunziert hätte. Damals kam es gelegentlich vor, dass unliebsame Österreicher verhaftet und in den Gulag verschickt wurden. Leichten Herzens fuhr ich nach Bad Gastein. Unter den Hotelfachschülern, die an der Badgasteiner Hotelfachschule einen zweijährigen Kurs besuchten, war ich als 24-jähriger der Älteste. Als ich im September 1952 im Hotel Weismayr ankam, in dem sich damals noch die Hotelfachschule und das Internat befanden, sagte mir der Sekretär: „Gehen Sie die Stiegen herunter, dann den Gang bis zur Wäscherei, dort bitten Sie Frau Generalmajor St., Ihnen die Wäsche zu geben.“ Auf dem langen Weg zur Wäscherei vergaß ich, dass ich die Chefin der Wäscherei mit einem militärischen Titel anreden sollte, und fragte, wo ich Frau St. finden könne. Die Frau St. schrie mich mit hochrotem Gesicht an: „Für Sie bin ich noch immer Frau Generalmajor.“ Der Herr Generalmajor St. — so hörte man in der Schule — befand sich als schwer belastet interniert im Internierungslager Glasenbach. Wie ich bald erfahren sollte, waren mit Ausnahme des Direktors, Dr. Hans Ginsel, des Englischlehrers Dr. Kronawetter und des 22 _ ZWISCHENWELT sehr alten monarchistischen Geschichtslehrers alle Lehrer der Schule ehemalige Nationalsozialisten. Die „Unterrichtssprache“, wie Deutsch damals an Österreichs Schulen genannt wurde, lehrte Wilhelm Praßtorfer, ein nicht gerade nordisch aussehender, kleinwiichsiger Mann, der aus meiner Heimatstadt Baden bei Wien stammte und ein „Illegaler“ war, d.h. Mitglied der in Österreich seit Juni 1933 verbotenen NSDAP Im Herbst 1952 sagte er ganz beiläufig während des Unterrichts, Juden könnten nie die deutsche Sprache erlernen oder gar beherrschen. Ich wollte sicher gehen und fragte ihn, ob er auch Heinrich Heine meinte. Er bejahte begeistert. Ich erzählte dem Hotelfachschuldirektor Dr. Hans Ginsel, was Prof. Praßtorfer über Heinrich Heine gesagt hatte. Dieser bat mich, darüber zu schweigen, und am nächsten Tag gab es eine Pflichtvorlesung für Schüler und Lehrer: Dr. Hans Ginsel: Heinrich Heine, ein großer deutscher Dichter. Der „Blutmaterialist“ Wilhelm Praßtorfer musste sich das in der ersten Reihe sitzend anhören. Das hat er wahrscheinlich als Nötigung erlebt, hatte doch laut Bericht des Völkischen Beobachters vom 3.4.1939 „Kreisschulungsleiter Pg. Praßtorfer“ beim „Kreisdienstappell in Baden bei Wien, welcher der Rückschau auf die Tätigkeit des ersten Arbeitsjahres galt“, den Appell durch einen Vortrag vor „rund 900 politischen Leitern“ eingeleitet. Die Badener Zeitungvom 8.4.1939 berichtete: Der Appell wurde eingeleitet durch einen Vortrag des Kreisschulungsleiters Pe. Prafßtorferüber die ]Judenfrage. In einer klaren und tiefgründigen Abhandlung entstand vor den Versammelten ein Einblick in dieses Thema, wie er wohl selten geboten wird. Der Redner schilderte den Weg, den das Judentum in der Geschichte des deutschen Volkes genommen hat. Die durch ihn vorgenommene Entlarvung von Geschichtslügen war so einprägsam, daf ganz besonders dadurch die gebrachten Ziffern über dieVerjudung der Ostmarkinihrerganzen Tragweite ermessen werden konnten. Historische Hinweise und Dokumente aus der Gegenwart zeigten die jüdische Verseuchung des Schrifigutes deutscher Sprache und des jüdischen „Kunstbetriebes“ auf. Der Kreisschulleiter trug einige Proben jüdischer „Dichtkunst“ vor, die jetzt, wo wir zurückschauen, zeigen, aus welchen Abgründen der Führer das deutsche Volk gerettet hat ... Bei der Lektüre der Badener Zeitung fand ich heraus, dass Wilhelm Praßtorfer zwischen 1938 und 1940 als nationalsozialistischer Funktionär in Baden fungierte und in diesem Blatt seine zumeist schwülstigen und pathetischen Texte veröffentlichte. Zum Beispiel am 26. Oktober 1938: Gedanken zur Eröffnung der Gaubühne. Von Wilhelm Praßtorfer, Kulturreferent des Kreises Baden: Der Nationalsozialismus verbindet also mit dem Begriff Moral einen Wert, den er so hoch stellt, daf er daraus auch ein neues Kunstideal entwickeln kann. Dieser sittliche Wert ist aber nicht etwas Trockenes, Leeres, Abgezogenes, ledernen Gehirnen Entsprungenes, sondern er ist die Blüte nationalsozialistischer Geistes- und Kulturauffassung überhaupt: der aus dem Blute geborene Wert der Ehre! Blut und Ehre und nicht irgendein rassenfremdes Idol stellen wir als Kunstziel auf. Bildhafter gesprochen bedeutet das: Nicht die eingebildete „Ehren“-Kränkung des hochgemuten Prinzen eines falsch verstandenen Klassizismus ist uns Gegenstand dramatischer Auseinandersetzung; hier fehlt dem, wenn auch noch so hochgespannten Einzelschicksal gegenüber die Verbundenheit mit dem Blute. Es fehlt der Widerklang aus dem Volke, das unbewufst aus seiner Rassenseele lebt und deshalb