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in den Jahren 1946/47 konnte er sich, zunächst schon teilweise, später ausschließlich, als Maler und Bildhauer (Stahl, Bronze und Stein) behaupten. Eisenmayers Bilder aus dieser Zeit sind geprägt vom Leben im Exil — Industrielandschaften, Straßenszenen, die Londoner Vorstädte sowie zahlreiche Porträts und Selbstporträts, aber auch einige Zeichnungen, die sich mit den NS-Verbrechen auseinandersetzten. Im Juni 1946 heiratete er Marcia Potter. Aus dieser Ehe gingen die zwei Töchter hervor: Janet (1948, lebt in England) und Julie (1955, lebt in Israel). Politisch beteiligte er sich in London in den 1950/60er Jahren an der größten europäischen Friedensbewegung „Campaign for Nuclear Disarmament“ (CND). In den 1960er Jahren präsentierte er seine Werke auch in den USA. 1961 fand in London seine erste Einzelausstellung statt, bis 1997 folgten weitere zwanzig. Die Gemälde und Zeichnungen aus dieser Zeit zeigen das Wien der 1930er Jahre, Dachau, das britische Internierungslager, die Nachkriegszeit von London. 1967 stellte er seine Plastiken in der Sezession in Wien aus. Als Eisenmayer 1975 London verließ, war er ein etablierter Künstler, dessen umfangreiches Werk — Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und Linolschnitte — in Großbritannien etwas in Vergessenheit geriet, aber ab 2009 wieder Bedeutung erlangte. Lebensstationen Italien — Niederlande — Wien - Israel — Wien 1975 übersiedelte er nach Italien, lebte in der Nähe von Carrara mit seinen Steinbrüchen und arbeitete vorwiegend als Bildhauer. 1988 zog er von Italien mit seinem Sohn Thomas (geb. 1982) und seiner zweiten Frau Lidy nach Amsterdam. Ein Jahr spater hatte er eine Ausstellung in Wien, zu der Herbert Steiner Young Austria-Freunde einlud. Ernst ersuchte Herbert Steiner, zu diesem Anlass auch den gemeinsamen Freund, den Biochemiker Walter Schön, zu chren, indem er seine Zeichnung von 1968 und ein Gedicht Erich Frieds zur Verfügung stellte. Beides war im Frühjahr 1968 entstanden, als Walter Schön (1918 Wien — 1968 England) im Sterben lag. Im Spital hatte Ernst seinen Freund aufeiner britischen Tageszeitung gezeichnet, da er kein Zeichenpapier mitgenommen hatte. 1988 gestaltete die Professorin und amtierende Dekanin der Fakultät für Kunst am Kingston College in Surrey, Frances Lloyd, Besuch im neuen Maimonides-Heim, Sonja Frank und Ernst Eisenmayer bei der Durchsicht der Young-Austria-Fotos, Wien Juni 2011. Foto: Albert Hirl. 36 ZWISCHENWELT Zeit im Exil. Frances Lloyd erfuhr, wie Ernst im Oktober 1938 im Alter von 18 Jahren ins KZ Dachau transportiert wurde. Er und seine Mitgefangenen wurden, weil sie Juden waren, beim Transport mit Stempeln auf dem Kopf und beiden Wangen markiert. Ernst schildert: Ich sah mich um und versuchte herauszufinden, ob jemand Sympathie zeigen würde. Ich sah niemanden. Und das ist immer noch eine meiner schlimmsten Erfahrungen, schlimmer als alle Beleidigungen und Schläge zusammen. Es gab nicht eine einzige Person, die Sympathie oder Interesse für uns zeigte. Alle wandten sich ab. Ab den 1990er Jahren schrieb Ernst Eisenmayer auch über Kunst und andere Themen. 1996 kehrte Ernst in seine Geburtsstadt Wien zurück. In den folgenden Jahren erwies er sich als ein aufmerksamer Leser und Autor von MdZ, u.a. setzte er sich 1995/96 kritisch mit dem Holocaust-Mahnmal am Wiener Judenplatz auseinander. 2004 erhielt er das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien, verließ die Stadt wieder, lebte einige Jahre bei seiner Tochter Julie im Kibbuz Barkai in Israel und kehrte 2011 wieder nach Wien ins Maimonides-Heim zurück, welches von Döbling in die Leopoldstadt übersiedelt war. Diese Übersiedelung sah er kritisch, da er in Döbling das städtische Leben und Kaffechaus-Besuche in der näheren Umgebung schätzte, die am neuen Standort nicht mehr möglich waren. Er blieb auch weiterhin britischer Staatsbürger. 2002 fand eine große Ernst Eisenmayer-Ausstellung im Jüdischen Museum Wien statt. Auch hier wurden seine Bilder und Skulpturen, wegen seiner bewussten Auseinandersetzung mit Themen wie Gewalt, Unterdrückung und Machtmissbrauch, geschätzt. Etliche seiner Arbeiten zu „Forced Journeys, Artists in Exile in Britain 1933-45“ wurden 2009 in London und im April 2010 auf der Isle of Man gezeigt. Der Katalog der Ben Uri Gallery mit einem Werk von Eisenmayer auf dem Cover ist in London in großen Buchabteilungen und in diversen britischen Museen erhältlich. 2010 beteiligte sich Eisenmayer an einer Briefmarkenserie im Gedenken an die Internierungszeit (Isle of Man Internment — Art History). BBC erinnerte auf ihrer Homepage wie folgt: Eisenmayer was interned in 1940 and held in various camps, including Onchan and Mooragh Camp on the Isle of Man. He produced artwork for the Onchan Camp art exhibitions and the Onchan Pioneer camp newspaper. Following his release, he became a toolmaker and then established himself as a sculptor, with work exploring issues of violence, oppression and abuse of power. Veröffentlichungen und weitere Ausstellungen in Österreich Ernst Eisenmayer und Iraude, geb. Reich, die Frau des Journalisten Hugo Portisch, waren befreundet. Auch sie hatte im britischen Exil überlebt. Im Katalog der Ausstellung im Jüdischen Museum 2002 schrieb Hugo Portisch im Vorwort: . ich kenne viele seiner Skulpturen, dem Bildhauer Eisenmayer sah ich bei der Arbeit zu. Marmor, Bronze, menschliche Körper, Tiere, abstrakte Gebilde. Ein Künstler und sein Werk. Ein großartiger Künstler und Werke mit enormer Aussagekraft. In dieser Zeit kannte ich viele seiner Gedanken, ich hörte ihm zu, dem Philosophen Eisenmayer. Ich kannte auch den Schriftsteller Eisenmayer, seine Aphorismen, seine Verse, seine Prosa. Eisenmayer wohnte damals in einem von ihm eigenhändig renovierten, kunstvoll wieder hergestellten toskanischen Haus. Und Portisch setzt fort, Eisenmayers Thematik umschreibend: