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die katholisch-konfessionelle Erziehung wurde forciert. Erst viele Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Otto Glöckels Ideen zur Schulreform wieder aktuell und flossen in die Diskussionen zur Reform des Schulwesens ein. Sie bleiben bis heute ein Zankapfel in der Politik. Der Verein „Freie Schule“ 1905 wurde der Verein „Freie Schule“ als Bewegung für ein modernes, kindgerechtes Schulkonzept gegründet. In Wien-Josefstadt, Albertgasse 23 entstand 1910 die erste vereinseigene Schule. Eine Gedenktafel an dem Gebäude erinnert heute noch daran. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Verein zum offiziellen Schulverein der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Aktivisten waren u.a. der sozialistische Politiker Paul Speiser, Otto Glöckel, der Historiker und Volksbildner Ludo Moritz Hartmann, Carl und Aline Furtmüller. Von 1918 bis 1920 war Otto Glöckel Vereinsobmann. Die Zielsetzungen konzentrierten sich auf Gesamtschule, Begabtenförderung und Modernisierung der Lehrpläne. Eine organisierte Elternbewegung wurde ebenso angestrebt. 1923 fusionierte der Verein mit den Kinderfreunden zum Verein „Freie Schule Kinderfreunde“. Leopoldine Glöckel 1897 heiratete Otto Glöckel Leopoldine von Paffınger, die Tochter des Direktors der Ielephon- und Telegraphenverwaltung Wien. Sie waram 12. November 1871 geboren, erhielt eine gute Ausbildung und besuchte die Lehrerinnenbildungsanstalt. Als Handarbeits- und Berufsschullehrerin war sie von 1893 bis 1934 tätig. Leopoldine Glöckel war schon früh als Frauenrechtlerin im Allgemeinen Österreichischen Frauenverein von Rosa Mayreder, einem überparteilichen Verein, aktiv. Sie hatte unter Bürgermeister Karl Lueger aufgrund ihres politischen Engagements beruflich mit Schwierigkeiten zu kämpfen. 1918 wurde sie Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, sie betätigte sich im Frauenzentralkomitee der Partei. Im Wiener Gemeindebezirk Meidling leitete sie die Frauenorganisation. Von 1919 bis 1934 saß sie als Vertreterin ihres Bezirkes im Wiener Gemeinderat und war Abgeordnete des Wiener Landtages. Außerdem war sie Vizepräsidentin des Fürsorgevereins Societas. Sie zählte zu den Gründungsmitgliedern des Bezirksmuseums Meidling. Leopoldine Glöckel unterstützte ihren Mann bei seinen Schulreformbestrebungen, veröffentlichte zahlreiche Aufsätze zu diesem Thema und war Mitarbeiterin der sozialdemokratischen Monatsschrift „Die Frau“. In der Folge der Februarereignisse wurde Leopoldine Glöckel vom 12. Februar bis 30. März 1934 inhaftiert. Sie starb am 21. Mai 1937 und wurde im Grab von Otto Glöckel beigesetzt. 1949 benannte man die Wiener Wohnhausanlage Leopoldine-GlöckelHofam Gaudenzdorfer Gürtel 11 nach ihr. 2006 wurde auch der Leopoldine-Glöckel-Weg in Wien-Meidling nach der Bezirkspolitikerin benannt. Arbeiter-Zeitung (Brünn), 4. August 1935, S. 3 Ein Teilnehmer an der Leichenfeier für Otto Glöckel schildert uns seine Findrücke von dieser Massendemonstration der Wiener Arbeiter: Dreitausend Männer und Frauen standen im Hof des Krematoriums, mindestens zweitausend drängten vor den Toren, die ein starkes Polizeiaufgebot abgeriegelt hatte. Glöckels Sarg liegt inmitten eines Berges von Blumengewinden; immer mehr rote Blumen werden hinzugetragen, bis sie alles, Sarg und Katafalk, eindecken, In die Halle des Krematoriums konnten nur etwa achthundert von den fünftausend gelangen. Zwei geschlossene Reihen Polizisten unter Führung eines Goldkragens sorgten dafür, dafßß niemand vergesse, wo er steht: auch angesichts des Todes die Drohung mit der Gewalt! In der Halle hatten sechs junge Mädchen in blauen Blusen Wache am Sarg gehalten — nun standen Polizisten rechts und links von dem Toten. Und ringsum an den Saalwänden gleichfalls Polizist an Polizist. Am Sarge sprachen Briner für die Schweizer Arbeiterschaft, de Witte für die sudetendeutsche Sozialdemokratie, Washuber und Speiser. Welch ein Gefühl, als die ausländischen Redner hervorhoben, daß in ihren Ländern für Glöckel Irauerfahnen wehen! Welch eine verhaltene Bewegung, als Speiser erklärte: „Im Gedenken an Otto Glöckel wollen wir alle Kraft zusammennehmen!“ 48 _ ZWISCHENWELT Während der Reden Ausbrüche des Schmerzes — aber auch Ausbrüche der Polizei. Dreimal brach sie in die Reihen der Trauergäste ein, um Verhaftungen vorzunehmen. Die Verhafteten wurden neben dem Sarg festgehalten — alles während der Abschiedsreden, alles vor der Familie des Toten und vor einer im Innersten aufgewühlten Masse, die nur die Ehrfurcht vor dem Tode zurückhielt. Was hatten die Verhafteten verbrochen? Einer hatte gerufen: „Auch Österreich wird Glöckel nicht vergessen!“ Zwei hatten grüßend die Hand erhoben, die zur Faust geballt gewesen sein soll. Als der Sarg in die Versenkung niederglitt, winkten alle mit Tüchern Abschied. Und als wir dann aus dem Krematoriiun hinaustraten: ein Meer von Menschen — und alles winkte. Durch diese Massen sah man immer wieder Verhaftete abführen. In dem Menschenstrom eingekeilt die Überfallsautos der Polizei. Aber die Massen wichen nicht... Unser dem Eindruck der Massendemonstration vor dem Krematorium wurde die Beisetzung der Asche Glöckels im Meidlinger Friedhof erst recht zu einer gewaltigen Kundgebung der Wiener Arbeiterschaft. Etwa zehntausend Personen nahmen an ihr teil. Die Polizei ging äußerst brutal vos, verletzte viele Menschen durch Knüppelhiebe und nahm Dutzende von Verhaftungen vor. Aber es nützte ihr nichts! „Freiheit!“, „Freundschaft!“ scholl es trotzdem von allen Seiten, Pfuirufe auf Polizei und Regierung, geballte Fäuste und winkende Tücher... So ist Glöckel inmitten der bewegten, der bedrängten und dennoch vorwärts drängenden Masse zur Ruhe gegangen.