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NIEDERHOLLABRUNN: Der 19. für Schreiben im Widerstand und im Exil wurde 2019 zu gleichen Teilen an Claudia Erdheim und Martin Pollack verliehen. Die Preisurkunden übergab Univ. Prof. Dr. Peter Roessler (stelv. Vors. der TKG). Laudotoren waren Univ. Prof. Dr. Alois Woldan und Dr. Bela Räsky. Lesung und Gespräche mit den PreisträgerInnen. Musik: NoMaden im Speck: Heidelinde Gratzl (Akkordeon), Victoria Kirilova (Kontrabass), Eldis La Rosa (Saxophon), Chi Rich (Diverse Instrumente, Komposition), Aisha Eisa (Tanz) Für Claudia Erdheim lautet die Begründung: Ihr Schreiben bewegt sich im Grenzbereich zwischen Dokumentation, Rekonstruktion und Imagination dessen, was nicht in Geschichtsbüchern und Archiven zu finden ist. Mit Ihrer Familiengeschichte Längst nicht mehr koscher legten Sie einen wichtigen Beitrag zur Literatur über das jüdische Galizien vor, mit der Erzählung In der Judenstadt drangen Sie zu den historischen Sedimenten vor, auf denen sich das heutige Wien erhebt. Auch in Betty, [da und die Gräfin steht eine starke jüdische Frau, die ihr Leben zu gestalten weiß, im Mittelpunkt. Mit Ihrem direkten und oft auch schonungslosen Stil, Ihrer klaren Diktion, Ihrem historischen Spürsinn nehmen Sie in der österreichischen Literatur der Gegenwart eine widerspenstige Sonderstellung ein. Für Martin Pollack lautet die Begründung: Mit der Verleihung des Theodor Kramer Preises würdigen wir Ihr großes, kaum überschaubares Werk als Übersetzer und Publizist, vor allem aber Ihre mit größter Anschaulichkeit verfassten Auseinandersetzungen mit dem Antisemitismus in Österreich und in der eigenen Familie, mit den Sehnsüchten und Niederlagen galizischer Bauern, mit dem von den Gewaltausbrüchen des 20. Jahrhunderts durchpflügten und zusammengeklumpten Europa. Sie verstehen es, bei allem Wahnsinn des Geschehenen der Wahrheit mit Vernunft, Schritt für Schritt nachzuspüren, ohne den Ausgang vorweg zu nehmen. Sie haben uns gezeigt, wie die notwendige Enttabuisierung der Geschichten von TäterInnen vor sich gehen kann und uns die Fenster zu den uns so nahen slawischen Sprachen aufgestoßen. Die Ansprachen von Bela Räsky, Alois Woldan und Marianne Windsperger werden in ZW Nr. 1-2/2020 veröffentlicht werden.