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Die Musikwissenschaftlerin Univ.-Prof. Dr. Claudia Zenck (Hamburg), Verfasserin u.a. der Monographie „Ernst Krenek — ein Komponist im Exil“ und der Studie „Verfolgungsgrund: ‚Zigeuner‘, (Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft) war bis 2018 Vorsitzende des Beirats der Ernst Krenek Privatstiftung in Krems. In Sorge um die Entwicklung der Krenek-Stiftung übermittelte sie ZW untenstehende „Pressemitteilung“. Derin den 1920er Jahren durch seine umstrittene Oper „Jonny spielt auf“ rasch berühmt gewordene vielseitige Librettist und Komponist Ernst Krenek (1900 — 1991) konnte 1938 in die USA flüchten und kehrte nach 1945 — bei aller großer Liebe zu dem Land — nicht dauerhaft nach Österreich zurück. Pressemitteilung Der Vorstand der Ernst Krenek Institut Privatstiftung, Krems (EKIP), die von Gladys Nordenstrom Krenek, der Witwe des Komponisten und selbst Komponistin, gegriindet wurde, bietet das Haus Kreneks in Palm Springs, Kalifornien, zum Verkauf an. In diesem Haus verbrachte der Komponist seit 1966 die letzten 25 Jahre seines Lebens, wenn er nicht auf Konzertreisen in Europa war. Gladys Krenek lebte dort bis zu ihrem Tod im Juli 2016. Absatz Ac der von ihr verantworteten Stiftungsurkunde nenntausdriicklich die Einrichtung von Museen und Gedenkstatten als Stiftungszweck, und in der Präambel zu $4 ist festgehalten, dass es im Sinne der Stifterin ist, dass das Leben und Schicksal des exilierten Komponisten Krenek durch sein Haus manifest werde und bleibe. Sie hat kurz vor ihrem Tod der damaligen Generalsekretärin der EKIP zu Protokoll gegeben, dass ein Verkauf des Hauses nur dann in Frage komme, wenn die Stiftung in finanziellen Schwierigkeiten stecke. Das ist nicht der Fall; sie hat dieser ihr ganzes Vermögen und alle Urheberrechte vermacht, und der fehlende Teil des Etats des EK] wird vom Land Niederösterreich beigesteuert. Briefe Konstantin Kaiser hat meinen Leserbrief (in ZW Nr. 3-4/2019, S. 98) insofern missverstanden, als er ihn auf die „Schuldfrage“ reduziert hat. Ich wollte vor allem auf den objektiven Tatbestand hinweisen, dass alle Lohnabhängigen allein durch ihr Funktionieren im Arbeitsprozess zur Stabilisierung der NS-Herrschaft beigetragen haben. Das gilt ebenso für antinazistisch gesinnte Arbeiter oder auch für Zwangsarbeiter, die zum Beispiel in der Rüstungsindustrie eingesetzt waren. Wer will hier von „Schuld“ sprechen? Heimo Gruber, Wien, 11. November 2019 Für einen exilierten Komponisten ist bisher kein entsprechendes, Person und Lebensort verbindendes Gebäude als Kulturzentrum in seinem Exilland erhalten geblieben. Auch das Arnold Schönberg gewidmete Haus auf dem Campus der USC wurde vor vielen Jahren aufgelöst und sein Nachlass nach Wien transferiert. Das Krenek-Haus könnte also ein im Musikund Kulturleben, sogar in der Musik- und Kulturgeschichte, einmaliges kulturell-historisches Zentrum für das Exil der NS-Zeit sein. (In der Exilliteratur-Geschichte gibtes bekanntlich zwei derartige Kulturzentren in Los Angeles: die Villa Aurora des Schriftstellers Lion Feuchtwanger und die riesige Villa Thomas Manns, die der deutsche Staat vor einiger Zeit von Privatleuten zurückkaufte.) Um das Krenek-Haus zu erhalten, konnte ein US-Fonds genutzt werden, über den die Stifterin in den USA verfügte und der zum Erbe gehört. Sodann fand die damalige Generalsekretärin 2017 in Palm Springs acht Interessenten, die das Haus jeweils zeitweise für kulturelle Projekte nutzen wollten, wenn es im Besitz der Stiftung bliebe. So wäre die Finanzierung vorderhand gesichert gewesen bis zur Erarbeitung eines Konzepts, nach dem das Haus in eine Kultur- und Begegnungsstätte hätte transformiert werden können. Dass der Vorstand der EKIP diese einmalige kulturelle und politische Chance nicht ergreifen wollte und sich über die Stiftungssatzung hinwegsetzt, ist nicht nachvollziehbar. Allerdings sind vier der fünf Vorstandsmitglieder — darunter ein Banker, ein Unternehmensberater, eine Juristin und eine Vertreterin des Landes — keine Kenner von Kreneks C(Euvre. Während seit Jahrzehnten landauf, landab im deutschen Sprachgebiet die Spuren und die Werke vertriebener und verfolgter Komponisten und Musiker ins 6ffentliche Bewusstsein zuriickgeholt werden, ist dem Vorstand die kulturpolitische und historische Bedeutung Ernst Kreneks auch als eines Exilierten anscheinend unerheblich. Das Haus steht bereits zum Verkauf. Hat es noch eine Chance? Claudia Maurer Zenck, Hamburg, Oktober 2019 ... herzlichen Dank fiir die beiden Exemplare der jiingsten Ausgabe der Zwischenwelt. Die zahlreichen Beitrage zu Eugenie Schwarzwald sind dabei sehr interessant, u.a. auch der wiederholte Hinweis auf Edith Kramer sowie die zwei Abbildungen von ihr. Weniger schön fand ich die SEHR einseitige Reportage zur Nobelpreisverleihung an Peter Handke. Derartige pauschalisierende Darstellungen — potenziell ohne genaue Kenntnis des Gesamtwerkes des Autors (worauf ja schließlich der Nobelpreis vergeben wird) - entsprechen einfach nicht den gewöhnlich hohen Ansprüchen der ZW. ZW bat den Vorstand der Ernst Krenek Privatstiftung um eine Stellungnahme. In einem persönlichen Schreiben an Konstantin Kaiser informierte der Geiger und Dirigent Prof. Ernst Kovacic, Mitglied des Vorstandes der Privatstiftung, darüber, dass das Krenek-Haus in Palm Springs in der Stiftungsurkunde nicht als Gedenkstätte vorgesehen gewesen sei, und dass die von Prof. Maurer Zenck erwähnten Nutzungsmöglichkeiten sich als nicht realisierbar erwiesen. Außerdem wurde im September 2019 unter Aufsicht des wissenschaftlichen Mitarbeiters der Privatstiftung, Clemens Zoidl, das Krenek-Haus „bis ins Detail in allen Dimensionen nach dem letzten Stand der Technik digitalisiert und kann in Zukunft virtuell besucht werden“. Von Clemens Zoidl wurde am 2.3.2020 folgende Stellungnahme des Vorstandes der Ernst Krenek Institut Privatstiftung an Konstantin Kaiser übermittelt: Auch wenn Fr. Zenck das anders beurteilt, hat der Vorstand der Ernst Krenek Institut Privatstiftung mit dem Verkauf des Hauses von Ernst und Gladys Krenek eine verantwortungsvolle und notwendige Entscheidung getroffen, die dokumentierbar im Einklang mit der Stiftungssatzung und dem Willen der Stifterin steht. Die Aufmerksamkeit der Stiftung und ihrer MitarbeiterInnen liegt auf einer produktiven Auseinandersetzung mit dem vielfältigen Aufgabenspektrum, das die Verwaltung, Betreuung und Nutzung eines so einzigartig bedeutsamen und umfangreichen Nachlasses und künslerischen Erbes wie eben jenes von Ernst Krenek mit sich bringt. Eine zu partikuläre Bindung von personellen und finanziellen Ressourcen ohne realistische Chancen auf Weiterentwicklung steht diesem Auftrag im Wege. Wir wünschen Fr. Zenck und ihrer langjährigen verdienstvollen Beschäftigung mit Ernst Krenek eine ebenso produktive Fortsetzung. Geärgert hat mich auch die wohl ‚gezielte‘ Unterschlagung der Nennung von Weinheber in der Kurzrezension am Ende der Zeitschrift (S. 97). Weinheber war zweifelsohne einer der größten österreichischen Lyriker der ersten Hälfte des 20. Jhd., und man sollte wirklich lernen (auch oder besonders in Österreich!), endlich zwischen Person und Werk Weinhebers streng zu unterscheiden. Für den Fall einer längeren Rezension meines Bandes möchte ich bitten, Weinheber NICHT einmal mehr unter den Teppich zu kehren! März 2020 81