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Michaela Raggam-Blesch Bis zuletzt hatte er noch Studierende betreut und unermüdlich am Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin an der Berliner Charite seinen Dienst versehen. Nun ist Gerhard Baader, kurz vor seinem 92. Geburtstag, in Berlin verstorben. Seine Wurzeln hatte der umtriebige und politisch engagierte Medizinhistoriker in Wien, wo er 1928 als Sohn einer jüdischen Mutter und eines nichtjüdischen Vaters geboren wurde. Die Situation als Kind eines gemischt-konfessionellen Elternhauses während der NS-Zeit sollte sich für ihn als bestimmend erweisen, da er als „Mischling“ Diskriminierungen und Bedrohungen ausgesetzt war. Sein lebenslanges gesellschaftspolitisches Engagement ist tief von diesen Erfahrungen geprägt. Wie in vielen so genannten „Mischehen“ spielte Religion in der Familie nur eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger war die politische Prägung seines sozialdemokratischen Elternhauses. Trotz der ausgesprochen antiklerikalen Einstellung seines Vaters wurde Gerhard Baader getauft - ein Umstand, der ihm und seiner Familie später in der NS-Zeit gewisse Erleichterungen brachte, da seine Mutter Cäcilia (geb. Adler) dadurch vom Tragen des „Judensterns“ befreit wurde. Gleichzeitig besuchte er in seiner Kindheit gemeinsam mit seiner Mutter regelmäßig an den jüdischen Feiertagen die Familie mütterlicherseits, wo Chanukkah und Pessach gefeiert wurden. Nach dem „Anschluss“ galt Gerhard Baader als „Mischling ersten Grades.“ In den darauffolgenden Jahren erfuhr er im Gymnasium in der Fichtnergasse immer wieder Diskriminierungen und Ausgrenzung, da er nach dem Ausschluss der jüdischen Schüler der einzige in seiner Klasse war, der als „nichtarisch“ kategorisiert war. Sein Vater Oskar Baader wurde aufgrund seiner jüdischen Frau sofort seiner Stelle als Mittelschullehrer enthoben. Als er sich dem Druck von NS-Parteimitglie- dern in seinem Kollegenkreis widersetzte, eine Scheidung zu beantragen, begann die soziale Isolation der Familie. Oskar Baader musste die Familie daraufhin mit einer kleinen Pension und Nachhilfestunden über Wasser halten. Im Dezember 1938 wurde der Familie auch die Wohnung im Gemeindebau in der Biraghigasse gekündigt, woraufhin die Baaders in die Leopoldstadt übersiedelten. In den Jahren 1941/42 wurde ihr Wohnhaus geh.; in der Czerningasse 16 durch die Einrichtung von Sammelwohnungen mit jüdischen Mieter*innen zunehmend zu einem „Ghettohaus“. Gerhard Baaders prägendste Erinnerungen aus dieser Zeit waren die zumeist mitten in der Nacht erfolgenden „Aushebungen“ seiner jü Gerhard Baader im Unteren Belvedere, Wien, Mai 2019. Foto: M. Raggam-Blesch ihrer Deportation in eines der Sammellager im zweiten Bezirk gebracht wurden. Das Geräusch von schweren Stiefeln im Treppenhaus riss ihn regelmäßig aus dem Schlaf und verdeutlichten ihm die prekäre Situation, in der sich auch seine Familie in dieser Zeit befand. Im Herbst 1942 wurde Gerhard Baader als „Mischling“ jeder weitere Schulbesuch verboten. In gemeinsamen Gesprächen betonte er häufig, dass gerade der Beginn der Zwangsarbeit für ihn Begründung: ie DmEinlenamälehuig: a) $ 3 der JugDVo. Ainwicaiceen) joo vorläufig zurückgestellt — ausgeschlossen. $ 4 der JugDVo. (untauglich _fbedingt tauglich) vorläufig zurückgestellt — A ilweise befreit — ganz befreit fo $5 der JugDVo. (Zu 1 Jahres) (Zurück£ebliebene käsf (Mingelhafte Schaliéi (Sonstige Gründgf Erellune auf die Dauer erliche Entwicklung) b = a = a 9 = 3 8 3 ” ° 5 zu ® 5 = zu par 5 ® R 5 m = 6 g. T September 2020 5