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Bühnenbildnerin und Plakatgestalterin in Berlin und versuchte, die Kunst für ihr politisches Engagement einzusetzen. Nach einem Aufenthalt in Paris, wo sie sich vorübergehend einem Literaturstudium widmete, zog sie nach Prag und arbeitete nach ihrer Heirat als Kunstlehrerin am Staatlichen Frauengymnasium. Diesen Beruf übte sie nach dem 2. Weltkrieg wieder aus. Später legte sie ihren künstlerischen Schwerpunkt auf die Fotografie und befasste sich u.a. mit der „Neuen Frau“. Lisbeth Oestreicher (1902 — 1989), die Schwester der österreichischen Fotografin Maria Austria, wuchs als Tochter eines Badearztes mit Maria und einem Bruder in Karlsbad auf. Sie besuchte in Wien und München die Kunstakademie, später in Berlin die Reimann-Schule, eine private Einrichtung für Kunstgewerbe. Bereits um 1926 eröffnete sie im Elternhaus ein eigenes Atelier mit Strickwaren und verkaufte in der Sommersaison Kleidung und Accessoires. Lisbeth studierte von 1926 bis 1930 am Bauhaus. Nach dem Erhalt ihres Bauhaus-Diploms legte sie ihre Gesellenprüfung vor der Handwerkskammer ab, danach leitete sie für zwei Jahre die Bauhaus-Färberei. 1933 emigrierte sie nach Amsterdam, richtete in ihrem Pensionszimmer ein kleines Atelier ein und arbeitete als Textilgestalterin. Sie entwarf Muster und strickte auch selbst. Als sie in Amsterdam die ebenfalls vertriebene Fotografin Eva Besnyö kennenlernte, fotografierte diese ihre Strickmodelle und Lisbeth schickte die Fotos zu Werbezwecken an Zeitschriften. Später folgte ihr Maria nach Amsterdam und die Schwestern gründeten das Atelier „Model en Foto Austria“. Maria fotografierte und Lisbeth arbeitete Worte und Bilder zum politischen Geschehen in ihre Strickprodukte ein, so z.B. das Wort „Frieden“ in verschiedenen Sprachen. Nach der Besetzung der Niederlande gelang es Maria Oestreicher unterzutauchen. Lisbeth kam ins Lager Westerbork und heiratete noch im Lager den Wiener Ingenieur Otto Birmann. Sie überlebte, ihre Mutter, ihre Schwägerin und ihr Bruder hingegen wurden ermordet. In Melitta MatouSek ihren Beruf kehrte Lisbeth Oestreicher nicht mehr zurück. Sie widmete sich der Erziehung ihrer drei verwaisten Nichten. Da sie auf ihre früheren Erfahrungen in der Färberei des Bauhauses zurückgreifen konnte, arbeitete sie zeitweise bei den IG Farbwerken Hoechst und später als Herstellerin von verschiedenartigen Stoffen in einer mechanischen Weberei. Das Textildesign gab sie ganz auf, fertigte nur noch für die Familie und Bekannte Strickmodelle, Wandteppiche und Decken an. Die 1908 im Wiener Arbeiterbezirk Favoriten als Edith Suschitzky geborene Edith Tudor-Hart (1908 — 1973) wollte ursprünglich Kindergärtnerin werden und besuchte einen Kurs bei Maria Montessori in London, bevor sie den Chemiker und Kommunisten Arnold Deutsch kennenlernte. Sie begann, sich politisch zu betätigen und entdeckte die Fotografie für sich. 1929 immatrikulierte sie sich am Bauhaus in Dessau und erkannte bald, dass die Kamera eine Waffe sein konnte im Kampf gegen Ungerechtigkeit, ein „Instrument des Handelns“, um Ereignisse zu beeinflussen. 1933 wegen kommunistischer Umtriebe verhaftet, emigrierte sie nach England. Dort wurde sie mit ihren fotografischen Sozialreportagen bekannt und hatte engen Kontakt u.a. zu Anna Freud. Gemeinsam mit der Bauhaus-Fotografin Grete Stern, deren Fotografien von einer „außerordentlichen Intensität der Identifikation [...] mit [...] dem Vis-A-vis“ zeugen, arbeitete sie an einer Broschüre für ein Kinder-Krankenhaus in London. Tudor-Harts wiederkehrende fotografische Themen waren Kinder, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit. Die hier porträtierten Frauen am Bauhaus eint, dass sie dem Alltagsleben und sozialen Themen den Vorrang gaben, „aufmüpfig“ und widerständig waren und sich politisch engagierten. Ihre Erfahrungen sollten in weiteren Studien umfassend rekonstruiert und ihr Wissen generiert werden. Denn: „Jede Frau ändert sich, wenn sie erkennt, dass sie eine Geschichte hat“, so Gerda Lerner, die erste Frauengeschichts-Forscherin. Über den Exilanten, Erfinder, Unternehmer und Künstler Friedrich Schächter (1924 — 2002) Seit 2014 Forschung im Nachlass eines bisher kaum bekannten Wiener Unternehmers und Kugelschreibererfinders mit 168 Patenten. In den Archivschachteln liegen persönliche und geschäftliche Briefe, Zeitungsartikel, private Fotos, technische Zeichnungen und Abbildungen von Kugelschreiber-Produktionsmaschinen, Patenturkunden und dazugehörige Korrespondenz, Zeitungsartikel sowie Materialien wie Prototypen oder Maschinenteile aus fast 80 Lebensjahren. Vieles bleibt offen, ist lückenhaft und nicht mehr feststellbar. Kindheit und Jugend in Wien 1924 wird Friedrich Schächter in Wien geboren. Fritz, der Zweitgeborene eines Lederschneiders jüdischer Herkunft aus Ottakring, sieht die Kunden seines Vaters, Rubin Schächter, wie Opernsänger Piccaver oder den Prince of Wales, die sich von seinem Vater Oktober 2020 9