Die Tragödie eines Wiener Arztes
Roman
Die Heimtücke und Niedertracht der Luegerleute, die sich nicht
scheuten den Pestfall, nach echt mittelalterlicher Manier, den
Juden zuzuschieben, ist uns allzu vertraut. Ernst Waldinger
Stefan Pollatschek wusste natiirlich genau, welche Pest er meinte,
nämlich den Antisemitismus. Dieser war im Ausgang des 19.
Jahrhunderts zwar überall gegenwärtig, damit er aber zu sei¬
ner späteren wahnhaften Bösartigkeit gedieh, bedurfte es noch
einiger Jahrzehnte geduldiger Hetze. Liest man Pollatscheks
Roman über das Vorspiel des später dann Eingetretenen, fühlt
man sich vielfach nicht in die Jahrhundertwende, sondern in
die Gegenwart versetzt.
Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2020.
230 Seiten, ISBN 978-3-901602-88-7
Euro 21,00
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THEODOR FURL ING
Be FI 4NR 767 7.05,
Der 1890 geborene Stefan
Pollatschek, arbeitete zunächst
in einem kaufmännischen Be¬
ruf und war im ersten Weltkrieg
Offizier der Reserve in der öster¬
reichisch-ungarischen Armee.
Pollatschek war Sozialdemokrat
und 1933 Mitglied der Vereini¬
gung sozialistischer Schriftstel¬
ler, die vom austrofaschistischen
Regime aufgelöst wurde. 1938 stefan poltatschek um 1935, Archiv
gelang Pollatschek mit seiner der Theodor Kramer Gesellschaft
Familie über die Tschechoslo¬
wakei die Flucht nach Großbritannien. Bereits schwer krank
schrieb er das 1.000 Seiten umfassende Buch Doktor Ascher und
seine Väter. Seine Korrespondenz und seine persönlichen Aufzeich¬
nungen galten lange Zeit als verschollen. Seine Tochter Gerda
Hoffer hinterließ der Theodor Kramer Gesellschaft mit ihrem
Nachlass nicht nur ihre eigenen Aufzeichnungen, Korrespon¬
denzen, sondern auch jene ihres Vaters.
Antifaschistische Literatur und Exilliteratur - Studien und Texte V