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Dine Petrik Nelson Mandela „Südafrika...? Warum nach Südafrika?“ Der Liebe wegen, ist doch klar! „Der Liebe...?“ Nicht nur, es ist mehr, tiefe Verehrung ist es! „Wie, also so ein Kapländer, ein Weißer, klar?“ Nein, ein Schwarzer ist es, Nelson Mandela sein Name, schon gehört? „Was soll das, Mandela, der ist doch schon...“ Tot, ja, seit ein paar Jahren, bei seinen Lebzeiten ist es mir nie geglückt, jetzt werde ich auf seinen Spuren wandeln! „Aber da gibt's Unruhen, immer noch, das heißt, täglich mehr, Johannesburg, Durban, rassistische Gewalt und Hass gegen Ausländer, „Wie, Weiß gegen Schwarz, doch nicht schon wieder...“ die Apart... ? „Nein, anders rum!“ Also Schwarz gegen Weiß? Geschätzte drei Millionen Migranten, meist ohne gültige Papiere, die den Einheimischen die Jobs wegstehlen und nicht nur die Jobs, die Läden von Schwarzen geplündert, rassistische Gewalt und Hass: Es geht also Schwarz gegen Schwarz, die Mordrate steigt und nebenher auch Aggression und Bedrohung gegen Weiße. Jacob Zuma, noch bis Feber 2018 im Amt, hat nichts dagegen getan, Proteste und Demos liefen auch gegen ihn selbst, bis er zurücktrat — getreten wurde. Mandela und Südafrika. Das waren Fixpunkte, schon während der Apartheidregierung mit ihren blutigen Konflikten. Dieses Unrechtsregime kann und wird nicht zu halten sein, erlaubte ich mir einem Politiker zu widersprechen, der zum Nulltarif mit einer Delegation Südafrika bereist hatte, um hinterher zu verlauten: „Die Apartheid wird nie und nimmer enden! Und dieser Mandela? Inhaftiert, klar, der rief doch zum bewaffneten Umsturz auf!“ Im Jahr darauf dann tatsächlich der Umsturz, eingeleitet durch Frederik De Klerk. Die Apartheidregierung auf den Knien. Ein Befreiungsschlag, den der ANC (African National Congress) gegen das autoritäre weiße Herrschaftsregime verbuchen kann. Die fast dreißig Jahre Haft hatten Mandela weder verbittern, noch brechen können: Strengt er vor Gericht Wiedergutmachung für ein verlorenes Leben an? Kein Bedürfnis nach Rache. Er streckt die Hand aus und stellt die Weichen in Richtung Versöhnung. Das muss man sich vorstellen. Mandela, geboren 1918, stirbt im Dezember 2013 im 95. Lebensjahr in Johannesburg, der Stadt seines Werdeganges, wo er an der Witwatersrand-Universität Jus studiert und sich nebenher als Rechtsanwalt für die schwarzen Mitbürger eingesetzt hat, wo er geheiratet und eine Familie gegründet hat. Der Abschluss des Studiums sollte jedoch auf sich warten lassen. Der ANC nimmt ihn mehr in Anspruch. Er ist dabei, einen Plan zu erstellen: einen friedlichen Widerstandsplan gegen nicht länger verkraftbare Rassengesetze, zudem: mehr als drei Millionen Schwarze sind vertrieben worden; ihre Besitztümer sind an Weiße gefallen. In der Zeit wird Mandela mehrmals verhaftet und von politischen Aktivitäten verbannt, während Proteste und Demos gegen die Apartheid weiterhin brutal zerschlagen werden. Im Township von Sharpeville kommt es zu einem Massaker: An die 70 friedlich demonstrierende Schwarze sind tot, zahllose verletzt. Ein von Mandela befehligter militanter Flügel des ANC antwortet nun mit Guerillaaktionen und Sabotage. Mandela, Deckname Magdiba, wird erneut verhaftet: Aufruhr! Terror! Hochverrat! Der 6 _ ZWISCHENWELT Staatsanwalt am Gericht in Pretoria fordert die Todesstrafe für den Terroristen. Lebenslänglich sollte es werden. Während des Kreuzverhörs sagt Mandela, innerlich auf den Tod eingestellt: „Dass das Ende der rassistischen Herrschaft für ihn das Ideal sei, dass er für Freiheit und Gleichberechtigung bereit sei zu sterben.“ Das muss man sich vorstellen. Und wie sich das Leben für die schwarze Bevölkerung durch Jahrzehnte unter permanentem Sklaventum und Ausgrenzung gestaltet hat. Für Mandela, von Ronald Reagan als Terrorist bezeichnet und auf die Watch List gesetzt, geht es vom Gericht weg auf die Gefängnisinsel Robben Island. Er ist die Nummer 466/64, der die Freiheit zur Schwerarbeit zusteht, vom Kloputzen und Nähen von Gefängniskleidung, bis zum Schuften im Steinbruch. Später sollte ihm das Fernstudium an einer Londoner Universität erlaubt sein. Er überlebt eine schwere Erkrankung und wird vor seiner Entlassung im Feber 1990 auch sechs Jahre im Pollsmoor-Gefängnis absitzen, freilich auch deshalb, weil er unter dem weiterhin aufrechten Apartheidregime unter Präsident De Klerk künftiger Gewalt nicht abgeschworen hat. Mandela, der erste schwarze Präsident, stellt die Weichen. Erste demokratische Wahlen 1994. Und so vehement er im Kampf gegen die Apartheid aufgetreten war, setzt er nun die Umgestaltung des Landes mit Reformprozessen in Gang: Land- und Gesundheitsreform, Schulsystem, Wohnbau, um nur einiges zu nennen. Im Umfeld der Städte werden zahlreiche Wohnsiedlungen errichtet, bungalowartige Ziegelrohbauten — Mandelas Plan für ein Nebeneinander von Schwarz und Weiß. Fin Plan der nicht aufgehen sollte. Die Siedlungen stehen zum Teil leer oder sind hauptsächlich von Weißen bewohnt. Für Schwarze nicht leistbar, die Arbeitslosenquote beträgt landesweit bis zu 30%, die Wirtschaft stagniert in dem an Bodenschätzen und Rohstoffen immer noch reichen Land. Unter den zahlreichen Wellblechbuden der Townships, die sich an die Ränder der Städte zwängen, leben Millionen Schwarze. Das hart klingende South African English ist die vorherrschende Landessprache, daneben gibt es zwei, drei Dutzend weitere Sprachen und Dialekte, so auch asiatische, Rudimente von zahllosen Sklaven (Coloreds) die von den Weißen (Buren) geholt und gebraucht wurden und werden. Und da ist Afrikaans, die jüngste Sprache der Welt, die längst auch mit Literatur hervorgetreten ist, am Beispiel des Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers John Maxwell Coetzee. Fossile Funde (nahe Johannesburg) unserer Vorfahren der Art Hominidae gehen auf zwei Millionen Jahre zurück. Und die über den Daumen gepeilte „weiße“ Geschichte? Als erste kamen die Portugiesen ins spärlich besiedelte Land (1488, B. Diaz), dann kam die rund 150 Jahre währende Ermächtigung der Holländer, danach 150 Jahre hindurch die der Engländer, in der Rassentrennung und Sklaventum gesetzlich verankert werden. Und die ein Vierteljahrhundert alt gewordene Demokratie, eingeleitet durch Nelson Mandela,. Sie wird, um sich als solche zu erweisen, wohl noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen.“Der wunderbarste Platz auf Erden“, hat Tata Mandela gesagt, der dem Platz schmerzlich fehlt, nicht minder als ihm das Wasser fehlt (die letzte Krise brachte