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oder kitschige Dämonen, Pappendeckelfiguren eines industrialisierten Marionettenspiels bleiben. (Zitiert nach: Fritz Rosenfeld (1933, $.381). In ,, Johanna“ hat Rosenfeld dieses Aufbegehren einziehen lassen. Lisa Emanuely In seinem neuesten Gedichtband Das Gegenteil von Showdown schreibt Timo Brandt aks ein Mensch unter Menschen. Häufig richtet sich der Blick daher auf Menschen und so enthält der Band beispielsweise auch Gedichte über Mitmenschen, denen man mehr oder weniger zufällig begegnet, die man eigentlich nicht oder kaum kennt, denen aber doch für einen Moment die ganze Aufmerksamkeit und damit ein ganzes Gedicht gewidmet werden, wie einer Kellnerin im Stammbistro oder einer unbekannten Verkäuferin, die im Schaufenster steht und einer Puppe ein Kleid anzieht. Es wird in den Gedichten sehr genau beobachtet und diese Beobachtungen werden in Worte gefasst, beschrieben, umschrieben in einem Versuch zu verstehen, aus dem Wunsch heraus mehr zu sehen als ich sehe. Der Band beginnt gleich einmal mit einem Gedicht mit dem Titel Liebesgedicht und Liebesgedichte sind tatsächlich sehr präsent in diesem Band. Vom Format her etwas kleiner, das Cover nicht ganz so bunt, wirkt Das Gegenteil von Showdown im Vergleich zum, thematisch und vor allem stilistisch in alle Richtungen ausschlagenden, vorherigen Band Ab hier nur Schriften etwas gesetzter, fokussierter und ruhiger. Fokussierter enthält in sich einen Kuss und das passt auch insofern für diesen Band, als es in vielen Gedichten ums Küssen geht. Es werden die Stunden, die seit dem ersten und letzten Kuss vergangen sind, gezählt, ein Gedicht trägt den Titel Passionate Kisses und in einem anderen wird der Wunsch geäußert, im Regen geküsst zu werden. Während in Ab hier nur Schriften nahezu jedes Gedicht stilistisch und formal eigene Wege einschlägt, wirkt Das Gegenteil von Showdown als Buch in sich geschlossener. Nun werden je nach Thema und Inhalt eine Auswahl unterschiedlicher Stile und Stilebenen verwendet. Wird es nachdenklich philosophisch, wird ein „hoher Stil“ angestrebt, geht es um Beobachtungen ist die Sprache sehr klar und auf das Wesentliche konzentriert, und wieder andere Gedichte werden von sprachspielerischem Witz geprägt. Bei Timo Brandt zwitschert die Amsel beispielsweise nicht, sie zwitscht, was eine schr schöne Wortneuschöpfung ist und viel Raum für Klangassoziationen lässt. Auffallend ist, dass in den Gedichten relativ häufig Fragen gestellt werden, manchmal an ein Ihr, manchmal an ein Du. Häufig werden Fragen aber auch unbestimmt einfach so in den Raum, bzw. sich selbst gestellt und dann umgehend beantwortet, wie im folgenden Gedicht: Was die Leute sehen, wenn ich zwischen ihnen geh? Heute dieses Lächeln, das ich lächle im Gehen zu dir. Vielleicht ist eines der augenscheinlichsten Merkmale dieser Gedichte gerade ihre Gesprächshaftigkeit. Und zwar auf vielerlei Arten und Weisen. Zum einen werden die Leser und Leserinnen des Buches durch die vielen gestellten Fragen schon auch irgendwie direkt angesprochen. Zum anderen textintern, weil die Gedichte ja oft Dialoge zwischen zwei Personen wiedergeben, oder die Gedichte quasi Selbstgespräche führen und sich vor uns mit sich selbst unterhalten. Das Echo wäre dabei als eine eigene Form eines Selbstgespräches zu betrachten. Zu Echos kommt es an verschiedenen Stellen im Band, zum einen klanglich am Ende des Gedichts Keine Antwort. Zum anderen inhaltlich, wenn in dem mehrere Gedichte oder Gedichtteile umfassenden Gedicht Neben Slogans und Plakaten das erste und letzte Gedicht sehr ähnlich sind und „das gleiche“ erzählen, dabei aber doch verschieden sind. Außerdem gibt es, wie auch schon im letzten Band, zahlreiche Widmungsgedichte, die damit ja an eine bestimmte Person gerichtet und ebenfalls eine Form des Gespräches sind. Und dann bezichen sich einige der Gedichte von Timo Brandt auch auf fremde Gedichte oder Liedtexte und führen damit in gewisser Weise ein Gespräch mit diesen. Das wird manchmal direkt im Gedicht angegeben, zusätzlich gibt es aber auch noch einen Anmerkungssteil, in dem literarische und musikalische Referenzen aufgelistet werden. Und einige wenige Dita Kraus wurde 1929 als Edith Polach in Prag geboren. Ihr Vater, der Rechtsanwalt Hans Polach, arbeitete in der Prager Sozialversicherungsanstalt. Er war ein belesener Mann, las griechische und lateinische Klassiker, deutsche und französische Literatur und Werke über Geschichte und Geografie. Ditas Großvater Johann Polach war Politiker, lebte einige Jahre in Wien, war mit Friedrich Stampfer befreundet und wurde in Prag sozialdemokratischer Senator. Ditas Eltern waren überzeugte Sozialisten und konfessionslos. Ein Onkel ihres Vaters, Adolf Pollak, lebte in Tel Aviv. In der NS-Zeit durfte sie keine Schule besuchen, sie lernte in einem von Eltern organisierten privaten Lernkreis. 1941 wurde ihr Vater Fritz Rosenfeld: Johanna. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Primus-Heinz Kucher. Wien: edition Atelier 2020. 176 5. € 20,Gedichte im Band sind zweisprachig in einer Mischung von Deutsch und Englisch verfasst. Hier kommt es schon alleine zwischen den beiden Sprachen zu einer Art Zwiegespräch innerhalb eines Gedichtes. Einige Stadtgedichte gibt es auch im Band, beispielsweise über den Hamburger Hafen, der mit einer die Stadt teilenden Wunde verglichen wird: Bis zum Abend kann ich dich gut leiden, wie du die Stadt teilst, die nicht litt darunter, sondern gewachsen ist an dieser Wunde, unruhig vom Verkehr, vom Anklopfen der Welt, breit aufgestellt und niemals wirklich müde Müdigkeit, Nacht und Schlaflosigkeit werden häufig thematisiert. Gerade im Übergang zwischen Schlafen und Wachen können beispielsweise vergessen geglaubte Erinnerungen aus Kindertagen wiederkehren. Kindheitserinnerungen sind sehr wichtig in den Gedichten. Es gibt ein Gedicht, das darüber nachdenkt, zu welchen Erwachsenen die Kinder aus der Peanuts-Serie geworden sein könnten, wobei der Witz gerade darin liegt, dass Comic-Helden für gewöhnlich immer gleich alt bleiben. (Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel und selbstverständlich gibt es auch Comics mit älter werdenden Helden. Ilse Kilic & Fritz Widhalm beispielsweise haben mit Du siehst ja noch richtig gut aus ein Comic übers Älterwerden verfasst.) Und dann lässt sich auch an den Gedichten selbst etwas beobachten, das man gern mit Kindheit in Verbindung bringt: eine vergnügte, selbstvergessene Verspieltheit und vertrauensvolle Offenheit: Wir überqueren die Zeit bauen eine Welt aus Mirabellen die überall unzählig hängen Mit seinen Gedichten schafft Timo Brandt Raum für Gefühle und Zeit zum Denken, was man durchaus als Das Gegenteil von Showdown betrachten könnte. Astrid Nitschkauer Timo Brandt: Das Gegenteil von Showdown. Innsbruck: Limbus 2020. 965. € 15, Angestellter der jüdischen Gemeinde. Im November 1942 wurde die Familie nach Theresienstadt deportiert. In Theresienstadt war Dita Schülerin der Malerin, Innenarchitektin und Pädagogin Friedl Dicker-Brandeis und sang auch im Chor der Kinderoper Brundibar. Nach der Deportation nach Auschwitz war sie dort eine der Jugendlichen, die vom Dezember 2020 5/7