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Die junge Witwe brachte ihre Kinder als ungelernte Hilfsarbeiterin durch, sie hat ihre Söhne „auch alle was Lernen lassen“, schrieb sie in einem Brief. Gottfried wurde Zimmerer, heiratete, baute ein Häuschen. Ich nehme an, dass er damals die deutsche Staatsbürgerschaft annahm. Fritz wurde Schlosser, Oskar Maurer; Helmut gibt an: Bildung: 8 Jahre Volksschule, 3 Jahre Berufsschule als Schlosserlehrling, 3 Monate Fahrschule in Pirna.‘ Herbert wird als Arbeiter bezeichnet. Werner, 1921 als uncheliches Kind geboren, trug den Mädchennamen seiner Mutter. Ihre politischen Aktivitäten in Deutschland werden ausführlich beschrieben in dem Buch „Unsere Heimat unterm Hakenkreuz. Ein Beitrag zu nationalsozialistischer Gewaltherrschaft, Verfolgung und antifaschistischem Widerstand in Amtshauptmannschaft und Kreis Pirna von 1933 bis 1945“, herausgegeben vom Verband der Verfolgten des Naziregimes — Bund der Antifaschisten e.V. im Freistaat Sachsen, Kreisverband Sächsische Schweiz. 1933. Machtübernahme Hitlers in Deutschland Bereits am 3. März 1933 wurde die Wohnung der Familie Morche bei einer dreistündigen Hausdurchsuchung von der Polizei auf den Kopf gestellt und kommunistisches Propaganda-Material für die Reichstagswahl am 5. März beschlagnahmt. Fritz, Oskar und Herbert wurden noch im März verhaftet und im Lager Hohnstein in „Schutzhaft“ gehalten. Ende April wurde Oskar als tschechoslowakischer Bürger freigelassen und als kommunistischer Hetzer des Landes verwiesen. Dazu, dass auch Herbert und Fritz Ende August freikamen, trugen die energischen Proteste ihrer Mutter beim Kreisleiter der NSDAP und dem örtlichen SA-Kommandanten bei.° Nach ihrer Entlassung flüchteten sie in die Tschechoslowakei. Helmut wurde im Juli des Landes verwiesen. Gottfried wurde 1934 wegen gemeinschaftlicher Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt und dadurch staatenlos. Er sollte nach der Entlassung aus dem Gefängnis aus dem Reichsgebiet ausgewiesen werden, mit ihm auch seine Ehefrau, aber nicht die Kinder, damals vierzehn und acht Jahre alt. Um ihre Kinder zu schützen, ließen sie sich scheiden.’ Daraufhin übersiedelte Elisabeth mit dem noch minderjährigen Werner ebenfalls in die Tschechoslowakei; sie pachtete das Volkshaus in Tisä (Tyssa), das ein Stützpunkt der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei und der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei der Tschechoslowakei wurde, von wo aus einerseits illegale Zeitungen über die Klettersteige und Wanderwege des Elbsandsteingebirges ins Deutsche Reich geschmuggelt wurden, andererseits Flüchtlingen über die Grenze geholfen wurde, und auch Berichte über die Lage in Deutschland ins Ausland gebracht wurden, z.B. Fotos eines im SA-Lager Königstein-Halbestadt zu Tode gefolterten Häftlings, die in der Tschechoslowakei in den Zeitungen erschienen, die dann wieder ins Reich transportiert wurden.® Helmut war in der Tschechoslowakei offiziell arbeitslos. „... Wegen unrechtmässigen Bezugs der Arbeitslosen Unterstützung u. verbotenen Waffenbesitzes erhielt ich 3 Monate Gefängnis in der C.S.R.....“ „Von 1933 bis 1935 nahm er, zusammen mit anderen in die Tschechoslowakei emigrierten Mitgliedern der ‚Roten Frontkämpfer‘ an der illegalen Arbeit an der deutschen Grenze teil.“! 1935 wurde die Grenz-Arbeit eingestellt, nachdem drei Genossen dabei erschossen worden waren. „Von 1935 bis 1939 leitete er die Verbreitung der ‚Allgemeinen Illustrierten Zeitung‘ (AIZ) in Bodenbach-Warnsdorfund danach im Bezirk Teplitz, wo er gleichzeitig Sekretär des Landeskomitees der KPC im Karbitzer Bezirk war. Außerdem erfüllte er im Auftrag der Partei Kurierdienste und hatte dafür ein Motorrad zu seiner Verfügung. Gottfried verließ nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Ende August 1936 Deutschland Richtung Tschechoslowakei. Herbert diente zwei Jahre in der tschechoslowakischen Armee; so war er der Einzige der Brüder, der Tschechisch konnte.'? September 1938. Münchner Abkommen Im September 1938 war Herbert bei der Armee. Helmut diente „mit der Waffe in der Hand gemeinsam mit der Gendarmerie und Legionären für die Verteidigung der Tschechoslovakischen Republik“, auch die anderen Brüder, einschließlich des siebzehnjährigen Werner, dienten beim SOS (Stra obrany stätu — Staatsschutz].' „Die DSAP und die KPC ... stellten mit ihren Aktivisten einen beachtenswerten Faktor der Staatsverteidiger dar. So ist es Hitler im September 1938 nicht gelungen, sich des Sudetengebietes durch einen Putsch seiner Stoßtrupps zu bemächtigen. Eine solche Aktion, die unter der Parole ‚Heim ins Reich!‘ und mit der Bildung eines ‚Sudetendeutschen Freikorps‘ von Berlin gestartet wurde, ist am Widerstand der sudetendeutschen Hitlergegner, der tschechischen Minderheit und der staatlichen Exekutive gescheitert.“ Nach dem Anschluss des „Sudetengaus“ an das Deutsche Reich flüchteten auch die Morches - so wie nahezu 30.000 sudetendeutsche Henlein-Gegner'’ — ins Landesinnere.’” Andere „Angehörige der ‚Roten Sudetendeutschen Wehr‘, die an den Grenzen der Tschechoslowakei gegen die Deutschen aufgestellt worden waren, [wurden] von den Tschechen nicht wieder in die Tschechoslowakei hereingelassen und von den Deutschen gefangen und in die Konzentrationslager gesteckt“. '? März 1939. Das Ende der CSR Nach der Okkupation der „Rest-Ischechei“ durch das Deutsche Reich fliichteten die Briider ins Ausland — Helmut in die Sowjetunion, Gottfried, Fritz, Oskar, Herbert und Werner nach England. (Oskar ist am 11. April 1939 mit einem in Prag ausgestellten Pass der Tschechoslowakischen Republik in Großbritannien eingereist, Fritz am 25.) In einem lebensgeschichtlichen Interview berichtete Herbert später: „Helmut bekam von der Partei den Auftrag, im Komitee in Katowice [Polen. Anm. E.F.] mitzuarbeiten. Aufgabe der Genossen im Emigranten-Komitee war es, den Genossen, die noch aus der Tschechoslovakei kamen, zur Flucht nach England oder in die Sowjetunion weiterzuhelfen. Auf Grund seiner Mitarbeit in diesem Komitee emigrierte Helmut in die Sowjetunion.“? Für die Emigration der Männer sorgte die Partei, die Frauen waren ihr offensichtlich weniger wichtig. Juni 2021 21