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steigen auf, ein ins Boot: Halluzinogen — wie das geht, mit dem Sichtbarwerden. Was lässt sich sehen ... Kraterseen ohne Grund. Wellen und Kreise. Signale und Zeichen in einem Bild das zu lange betrachtet wird. Luftblasen-Botschaften vom Land unter zerplatzen am Wasserspiegel des Ashi wie nichts. Land unter den Füßen. Nakasime trotz Warnung durchquert. Menschenfasern durchwatet, Gerüche, Geräusche. Japaner. Touristen. Was das ist, Mensch, die Seele, das Sein, die Substanz. Im Sog des Schauens. Was ist echt und was falsch, was Scheitern, was Glück. „Ich liebe alle, die tief hinabtauchen“, sagt Mellville. Ein Satz ein Aufwallen innen. Ein Steigen und Fallen der Worte und Sätze, durch Beugung gefügig gemacht. Maskierte Verbeugungen über dem feilgebotenen Fetisch. Ist nicht mehr zu sagen. Denkbar jedes Detail. Kaufläden. Machtgerüche und Gier bis hinein in den Tempelkomplex Sensoji. Ob es eine Welle ist. Wellen aus Staub auf dem abdriftenden Weltachsenbogen. Auf Städten, Stränden, Gebirgen. Die eine Welle, nicht die von Kanagawa, die andere Welle, die ausgelöst hat: Die ausgelöscht! hat. Nicht so lange her, Fukushima, März 2011. Giftwellen, wie viele? Egal. Lass es sein! Störfälle, wie viele? Nicht so weit von Tokio weg. In Meilen rund hundertsechzig, Strahlende Wellen. Egal. Lass es sein! Dass es bewahren wird, das Gedächtnis. Im Schutt der Menschen. In Tierkadavern. In jedwedem Leben. Danach. In Flora und Fauna. In den Seelen der Steine: „Steine zerfallen irgendwann und verlieren ihre Gestalt. Herzen aber zerfallen nicht“, sagt Haruki Murakami. Herzschläge aktiv. Radioaktiv. Der sanftkühle Regen verstrahlt und dic hellste Streuung des Lichts. Das massenhaft angereicherte verstrahlte Wasser. Brennstäbekühlwasser, Tonnen, wie viele? Ins Meer gespült. Weiter gespült. Egal. Ableiten, sagt dazu Tepco. Klar, der Pazifische Ozean nimmt und gibt. Sein strahlender Atem schlägt wütend über, schlägt an die Ufer der Kontinente. Die Wale verendend. Selbstmörder am Strand. Kernschmelze nuklear. Atomares Fossil mit geschminkter Fratze. „Japan, wir holen dich zurück“, bekundet ein Tokio-Transparent. Wohin zurück? Mit neuem Kernkraftwerk? Nichts ausgesprochen, nichts eingestanden. Verdrängt und verschwiegen. Verderben auf Zeit. Alles beherrschbar, so die alles beherrschende Tepco die auch die Medien beherrscht. Hochradioaktives Material mit einer Halbwertszeit von mehr als 20.000 Jahren. Geschmolzene Brennelemente. Entsorgen? Wie? Wohin? Die WHO,wartet mit Schätzungen auf. Wissen sie, hier bebt fast täglich die Erde, mal da, mal dort, sagt der ältere Herr mit dem Stock. Egal, sagt Tepco, das Leben geht weiter. Japans Regierung schweigt zur atomaren Gefahr. Die Mehrheit der Japaner stimmt ein, angesichts alter und neuer Gefahr. Japans Medien schweigen. Was zu verlauten ist weiß Tepco. Die WHO hat die Verseuchungen nicht zu untersuchen. Das Wort hat Tepco: Alles beherrschbar! Und führt im AKW-Umfeld Baggerarbeiten durch, geschehen im Sommer 2013. Schutt und staubtrockenes, rarioaktiv-verseuchtes Erdreich — Rudimente der Verheerung abtragen. Entsorgen! hieß es. Wohin? Ohne Abdeckplanen, ohne entsprechende Vorsichtsmaßnahmen betreffend einer etwaigen Staubunterdrückung. Staubwolken, stark kontaminiert, der Wind trieb sie hin und her, trieb sein Spiel. Fukushimas Umgebung erneut verstrahlt, stärker als 2011-. Tepco schweigt zu den unentwegten (Krebs)Erkrankungen, allein in der Region Fukushima und zu den bei Kindern festgestellten Schilddriisenzysten? Konsequenzen? Tepco sorgt ftir die Rechte der betroffenen Menschen? Keine Zusammenhänge, hieß es. Verschweigen, verdrängen. Die Welt schweigt zu der erfolgten Info der Firma Tepco, dass sie auch in Zukunft auf die „strahlende“ Kernkraft zu setzen gedenkt: „Japan, wir holen dich zurück!“, koste es --Tokio im strahlenden Alltag. Patinierte Hygiene. Aneignungen des Irrationalen. Das Reale im Akt. Aktenkoffer en masse in den Straßen. Ein Tosen in-und-über den Köpfen. Netze aus Stelzen und Knoten: Autobahnknoten. Die Suche nach Plätzen, nach Ehrenplätzen. Ein Bauplatz zwischen zwei Hochhaustürmen. Erdmaterial mit Bagger ja, und auch das: Bambusgerüste. Die Garnelen aufgrilled Bambus. Köstlich, die Wonton-Nudeln, einst ein Gericht für die Arbeiterschicht. Der lauwarme Plumwine. Verbeugungen und Gewalt. Umsiedlungen. Aussiedlungen. Anmaßungen. Suizide tabuisiert. Die langsam beschleunigten Schritte im Chidioriga-fuchi-Park. „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“, von der Jugend gelesen, geliebt, Murakami, der den Nobelpreis für Literatur anstrebt. Die sich hermetisch zeigende Jugend in Masken. Die lauten Gespräche, die Smartphones vor Lachen geschüttelt, die Windschattenblicke durchs dunkle Glas. Die Welle im Kopf, eine jähe Zäsur. Noch immer im Sprung darüber. Wie das geht. Immer zu nahe daran. Nie weiß man wo oder wann. Was ist hier noch normal, was real. Und was spielte das für eine Rolle, gerade jetzt, im Moment. Zehn Jahre her und jeden Tag neu: Fukushima. Verkehrsmittel öffentlich. Mit dem Shinkansen? Niemals. Nochmals mit der Ginza ins Zentrum. Im Atem von Tokio zwischen Luxuslinern aus Glas. Hoch. Wie hoch sich das Licht sträubt. Staubpartikel im Blick. Souvenier‘s Made in China, überall, auch hier! Altes Pagodengewölbe, der älteste Tempel, der Asakusa-Kannon Tempel, buddhistisch, 7. Jh. Und Schreine. Erhaben strahlende Ruhe ins strahlend-verstrahlte Grün. Artefakte und Körperkünste aus Jade und Alabaster. Kunstschauwerte im Tokio-Nationalmuseum. Augenwonnen. Schönheit. Als sei sie zu fassen. Formeln und Sprüche. Mit Pinsel und Feder gehauchte Zeichen. Asiatische Kunst. Eintauchen. Vom Schauen gefesselt, vom langen Betrachten. Soll ich dich kennen, berühren? Was hast du gesagt? Im Sprung über die Welle, mit Hilfe der Kunst. Und die Zeit wie im Flug. Morgen zurück in die Zukunft. Letzter Versuch: Shinjuku, zum größten Bahnhof der Welt, zugleich Regierungsgebäude. Und hoch, wie hoch? Die Plattform queren zum Rand - und dann. Ein Ringen nach Halt in der Luft. Grandiose Skyline. Inmitten der Turm, der Skytree. Für Rundfunk und Fernsehen, für Klasse und Masse. Ein maßloses Netzwerk zur Spitze. Hoch, wie hoch? Tief unter dem Burj Khalifa (Dubai). Ein neuer Turm steht in Planung, der diesen weit überragen soll ... Ein Amphitheater die Stadt. Mensch gegen Mensch. Gladiatoren und Agitatoren der Kernkraft. Noch ist heller Tag. Und die ersten Schatten des Mondes. Sein Blick gilt dem Monster Fuji. Alles noch strahlende Ruhe... Dine Petrik, Autorin, Lyrikerin, zuletzt erschien der Lyrikband „Iraktate des Windes“ im Verlag der Provinz. Juni 2021 33