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V. Totengedächtnis Der Großvater steht an der Wand, ihm gegenüber zehn Enkel, und auf dem Tisch, im Gerstenbrot, stecken neun helle Kerzen. Die Mütter raufen sich das Haar und die Kinder schweigen und seufzend blickt die Freiheit vom Lichthof durch das Fenster. VI. Morgen Strahlend große und fröhliche du, Morgenhelle des Frühlings, und hast Augen um mich zu schen, um mich froh zu begrüßen. Zwei Glutkohlen im Räucherfaß und zwei Körner von Weihrauch und aus Kerzenruß ein Kreuz auf dem Türstock der Heimat. VII. Es reicht nicht Bescheiden, sparsam im Gespräch, bewundert er die Schöpfung, doch als des Stahles Blitz ihn traf, da brüllt er wie ein Löwe. Jetzt reicht der Schrei ihm nicht mehr aus, es reicht nicht das Verfluchen, damit er jetzt das Rechte sagt, sagt er es mit der Waffe. VIII. Grüner Tag Sonniger, strahlend grüner Tag, gute Saat auf dem Hügel, Blöken der Herde und Geläut, roter Mohn und Myrten. Das Mädchen stickt das Hochzeitskleid, der Junge Hechtet Körbe. Die Böcke ziehen den Strand entlang, das weiße Salz zu weiden. IX. Konzelbration Unter den Pappeln sammeln sich Vögel und Kapetane, zusammen mit dem neuen Mai die Liturgie zu feiern. Der Blätter Glanz ist Kerzenschein über der Heimat Tenne. Ein Adler, hoch vom Himmel her, verliest das Evangelium. X. Das Wasser Das Handvoll Wasser aus dem Fels, geweiht vom tiefen Schweigen, vom fernen klaren Vogelblick, vom Oleanderschatten. Geheim trinkt es die Klephtenschar und hebt dabei den Nacken, so wie der Spatz und preist dazu die Elendsmutter Hellas. Al. Zyklamen Rosenroter kleiner Vogel, an einen Stiel gebunden, mit den krausen kleinen Flügeln an der Sonne flatternd. Und siehst du ihn dir einmal an, öffnet sich dir sein Lächeln, und siehst du ihn zwei- dreimal an, beginnst du gleich zu singen. XII. Schlanke Mädchen Schlanke Mädchen auf dem Strand lesen weißes Salz auf, verbittert tief und tief gebückt, das Meer erblicken sie nicht. Ein Segel hell, ein Segel weiß winkt ihnen aus der Bläue, und weil sie es nicht schen können, wird es schwarz vor Kummer. XIII. Die weisse Kirche Die weiße Kirche auf dem Hang leuchtet hell in der Sonne und ihr kleiner Fensterladen knattert im Wind wie Gewehre. Und ihre Glocke hoch im Baum, hoch im Geäst der Platane stimmt sie die ganze lange Nacht für des heiligen Volkes Fest. XIV. Grabinschrift Der junge Held, der kämpfend fiel, das Haupt in Stolz erhoben, ihn deckt die feuchte Erde nicht, kein Wurm darf ihn versehren. Das Kreuz auf seinem Rücken wird zu Flügeln die ihn tragen, schmiegt ihn den starken Adlern zu und allen goldnen Engeln. XV. Hier ist das Licht Den harten weißen Marmor da, den kann kein Rost verzehren, er paßt dem Fuß des Griechen nicht und nicht dem Sturm die Kette. Hier ist das Licht, hier ist der Strand, goldene, blaue Zungen, auf Felsen scharren Hirsche frei, zermahlen Stahl und Eisen. XVI. Der Bau Wie wird das Haus hier aufgebaut, wer wird die Türen fügen, wo viel zu wenig Hände sind, die Steine schwer zu heben? Schweig, in der Arbeit mehren sich die Hände und erstarken, vergiß auch nicht, daß jede Nacht die Toten alle helfen. XVII. Der Verschworene Hier schweigen alle Vögel, verstummen auch die Glocken, verbittert schweigt der Grieche selbst, mit allen seinen Toten. Und auf dem Stein des Schweigens wetzt er sich jetzt die Krallen, allein und jeder Hilfe bar, der Freiheit ganz verschworen. Das Griechentum beweine nicht Das Griechentum beweine nicht, weil es sich kriimmt und windet, das Messer tief, bis ins Gebein, den Strick fest um den Nacken. Sieh, es springt auf, erhebt sich hoch, wird mutig, stark und mächtig, und es durchsticht das wilde Tier mit der Harpune der Sonne. Juni 2021 37