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Er erhielt weiterhin sein geringes Kaplansgehalt aus Wien und Kardinal König gestattete ihm, in Athen als freier Schriftsteller zu leben, auch weil er in der katholischen Gemeinde von Athen sein priesterliches Amt weiterhin ausübte. Über die Jahre pflegte er einen freundschaftlichen Briefwechsel mit seinem Vorgesetzten in Wien und schickte ihm seine neuen Publikationen. In einem Brief äußerte er sich zu seinem Umgang mit Ungläubigen: „Ich selbst habe seit meiner Studienzeit — wohl auf Kosten einer ‚geregelten Tätigkeit‘, womit ich bei manchen vielleicht Ärgernis erweckt haben mag - stets mit Faszination den Kontakt zu den ‚Fernstehenden‘, den ‚unsicher Gewordenen‘, den ‚Atheisten‘ gesucht, weil es mich immer brennend interessiert hat, warum die Menschen den Glauben ‚verlieren‘. Andererseits hat mich — ebenfalls seit meiner Studienzeit — die Grundproblematik aller spekulativen Theologie beschäftigt, ausgehend von einem Erlebnis, das ich fast mein Theologisches Grunderlebnis nennen möchte: die logische Umkehrung des ‚de fide‘ Satzes, daß niemand ohne Privatoffenbarung behaupten könne, er befinde sich im Stande der Gnade. Dann muß es auch gelten, daß niemand behaupten könne, er sei im Stande der Todsünde: letztlich das Johanneswort von Gott, der größer ist als unser Herz, das uns anklagt, und alles weiß.“ Auch zu Weihbischof Helmut Krätzl bestand ein gutes Verhältnis. Zwar war Gyömörey all diese Jahre als Journalist der Kathpress akkreditiert, doch das große Misstrauen der Orthodoxie gegenüber Rom verhinderte eine intensive Pressetätigkeit. Ununterbrochen plagten ihn Geldnöte, denn die Verdienstmöglichkeiten blieben gering. So finden sich einige Artikel in der deutschsprachigen Lokalzeitung hellas heute, die aber nicht immer namentlich gekennzeichnet waren, so dürften Artikel zur Sprache und zur griechischen Musik sowie Kochrezepte aus seiner Feder stammen.“ Andererseits heißt es in einem Briefvon 1978, er habe „3 Nummern von hellas heute geschrieben, redigiert, korrigiert und den Druck überwacht.“ Auch im Merian-Heft über die Kykladen brachte er kleine Texte unter. Um die Schönheit der modernen griechischen Literatur zu vermitteln, kam es zu einer von der griechischen Akademie finanzierten Zusammenarbeit mit dem Athener Verlag Eridanos, der einige Taschenbücher in der deutschen Übersetzung Gyömöreys publizierte. Dies waren Gedichte von Konstantinos Kavafıs und Giorgos Seferis (Bd. D, der Zyklus Es ist würdig und recht von Odysseas Elytis (Bd. ome , i Hit | [I m lel nn U Prozess gegen Georgios Papadolpoulos im Koridalos-Gefängnis. Foto: Lorenz Gyömörey, 1975 DAS GRIECHISCHE WORT I Ie KAVAFIS SEFERIS 4€DICHTE (eee €RIDANOS—ATHEN Das griechische Wort 1. Kavafis — Seferis. Auswahl aus den Gedichten. Übertragen von Lorenz Gyömörey. Athen 1980, 129 Seiten 2), die Liturgie Griechische Ostern. Das Drama Jesu Christi nach den Texten der Byzantinischen Karwoche (Bd. 3), eine Anthologie griechischer Schriftsteller (Bd. 4) und der Roman Sechs Nächte auf der Akropolis von Seferis (Bd. 5). Zudem übersetzte er Das kretische Haus des Architekten Dimitris Vassiliadis ins Deutsche. Für den Lebensunterhalt musste er jedoch tausende Seiten „scheißtouristische Texte“? übersetzen. Bereits 1972 hatte er Helder Camaras Roman Hunger und Durst nach Gerechtigkeit für den Styria Verlag aus dem Französischen übersetzt. Im Dezember 1977 bestürmte Gyömörey die Deutsche Botschaft in Athen, eine Übersetzung der neunbändigen Geschichte des europäischen Geistes von Panayotis Kanellopoulos zu unterstützen, doch es wurde ihm mitgeteilt, dass zwar Übersetzungen aus dem Deutschen finanziell gefördert werden könnten, umgekehrt aber nicht.‘” Der gute Kontakt blieb jedoch bestehen, am 14. November 1982 sprach Gyömörey ein Gebet bei der Gedenkfeier auf dem Deutschen Soldatenfriedhof in Dionyssos-Rapendoza. Gerne hätte er sich auch mehr in der Deutschsprachigen Katholischen Gemeinde „St. Michael“ eingebracht, 1974 bewarb er sich erstmals erfolglos darum. Anfang der 1980er Jahre redigierte er den Pfarrbrief der Gemeinde und referierte über die orthodoxe Osterliturgie. Als ihm die Leitung 1983 angetragen wurde, musste er wegen seiner Übersetzungstätigkeit absagen und sich weiterhin mit dem Rang eines Pfarrprovisors zufrieden geben. Dann kam es zu Missverständnissen mit Prälat Hubert Wilschowitz bezüglich der Vertretungstermine, schließlich war Gyömörey zutiefst getroffen, als seine Spende an den Sozialfonds nicht angenommen wurde — da er sich das nicht leisten könne: „Diese Art der Bevormundung ist auch in der Kirche — Gott sei Dank - am Verschwinden!“ 1987 beschied ihm die Deutsche Bischofskonferenz, dass für die Nachfolge „schon eine andere Lösung ins Auge‘ gefasst wurde. Das nächste Großprojekt war die weiterführende Analyse Griechenlands in der Studie Aufden Spuren der Mütter. Improvisationen über den subjektiven Faktor, die Griechen, das Matriarchat und den Untergang des Abendlandes, die 1977 bei Zsolnay erschien, wo auch sein Schwester Zita als Übersetzerin tätig war. Durchaus ambivalent fiel die Rezension in der Presse aus: „Angefüllt mit Wissen und Kultur des reifen Abendlandes zieht Lorenz Gyömörey [...] Bilanz - und der hochgemute und hochmütige Westen Juni 2021 47