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Eveline Wollner: Maßnahmen Jugoslawiens und der Türkei zur Regulierung der Arbeitsmigration während der 1960er Jahre, in: Vida Bakondy, Simonetta Fargoglia et al.: Viel Glück! Migration heute. Wien, Belgrad, Zagreb, Istanbul, Wien 2010, 80-87. Hasan Softié, geboren 1990 in Bosnien und Herzegowina, flüchtete 1993 mit seinen Eltern und Geschwistern nach Osterreich. Aufgewachsen in Oberösterreich. Nach der Matura erfolgte der Umzug nach Salzburg, wo er von 2010 bis 2016 Deutsch und Geschichte/ Politische Bildung auf Lehramt studierte. Nach der erfolgreichen Absolvierung des Studiums arbeitete er als Lehrer an einer BHS, als Deutsch-Trainer an der Volkshochschule Linz und als Mitarbeiter beim Projekt Diskurse zu Antisemitismus, Holocaust und Nahostkonflikt in muslimischen Communities des Fachbereichs GeRobert Streibel schichte der Universität Salzburg (Leitung: Prof. Helga Embacher). Darüber hinaus arbeitete er von 2017 bis 2018 an der Erstellung des Trapp-Museums mit, wo er sich mit der Migrationsgeschichte der Familie Trapp beschäftigte. Gegenwärtig ist er wissenschaftlicher Projektmitarbeiter (Projekt: Nationalsozialismus in St. Gilgen: Strukturen, Täter und Opfer) und unterrichtet an einer AHS. In seiner Dissertation untersucht er die Entstehung und den Wandel bosnischer Communities in Österreich und den USA und geht konkret der Frage nach, inwiefern der Islam in den Communities in Salzburg, Wien und St. Louis eine identitätsstiftende Rolle spielt. Zu diesem Thema schrieb auch Ljubomir Bratid in ZW Jg.25/Nr.12, Juli 2008, S 24-26. um zeitgemäß der Opfer der Shoah zu gedenken? Wer gegen die Mafia oder Clans kämpft, der will seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, weil das Leben bedroht ist. Historikerinnen kommen selten in diese gefährliche Rolle und doch wollen 2021 manche in Österreich Kritik nur im Geheimen äußern und ungenannt und anonym bleiben. Fast unkommentiert blieb der Bericht des ORF über die Errichtung der Gedenktafeln für die Opfer der Shoa in Wien. „Ein Stein des Anstoßes“ hieß der Artikel vom 4.7.2021. In Wien-Alsergrund entsteht ein Denkmal mit den Namen von 65.000 österreichischen Jüdinnen und Juden, die während der Schoah ermordet wurden. Längst überfällig, meinen die einen, während andere mit der Umsetzung hart ins Gericht gehen. Wenn auch Einigkeit besteht, dass Österreich nie vergessen soll, ist es das Wie, das die Geister scheidet. Der Artikel ist höchst ungewohnt, denn keine einzige Kritikerin wird namentlich genannt und auch die Formulierung „Aufgrund ihrer Positionen in renommierten heimischen Institutionen wollten alle der von ORF.at befragten Historikerinnen und Historiker anonym bleiben“, bietet viel Platz für Fragen und müsste bei den „renommierten Institutionen“ die Alarmglocken schellen lassen. Gibt es diese Kritikerinnen aus den „renommierten Institutionen“ wirklich? Ein beispielloser Fall, der die Fantasie beflügelt. Was könnten die Gründe sein, warum Historikerinnen nur anonym Kritik äußern wollen? Die Sorge um ihr Leben dürfte es wohl nicht sein. Da jüdische Opfer das Thema sind, fürchten sie wohl die Macht, die dahintersteht: Man/Frau will es sich ja nicht verscherzen. Zurzeit sind unangebrachte Vergleiche in Mode gekommen. Manche Politiker pflegten in der Vergangenheit in solchen Fällen von der „Ostküste“ zu sprechen und alle wussten wer gemeint war. Wer anonym bleibt, lässt Vermutungen zurück, die keineswegs angenehm sein können. Dass eine derartige journalistische Vorgangsweise auch dann akzeptiert wird, wenn es nicht um Bandenkriminalität geht, muss verwundern, ja Entsetzen auslösen. Zu hoffen bleibt, dass diese Historikerinnen nicht über mangelnde Zivilcourage im Nationalsozialismus schreiben und reden, denn das könnte auch verlogen genannte werden: Von anderen zu fordern, wofür man selbst auch in weit, weit besseren Zeiten nicht den Mut hat, wie sollte das anders bezeichnet werden? Neben dem journalistischen Aspekt und der fehlenden Courage gilt es die berechtigte Frage zu stellen, wie zeitgemäß ein Gedenken ist, von dem man auch sagen könnte, dass fortgeführt wird, was Nationalsozialisten begonnen haben, nämlich die Segementierung der Gesellschaft zu forcieren. Nicht der Mensch wurde verfolgt, sondern Juden, Roma und Sinti, Kommunisten, Homosexuelle, Lesben, Zeugen Jehova und jene, die von einer Behinderung betroffen waren und, und... Dass es hoch an der Zeit ist, der Opfer zu erinnern, ist wohl unbestritten, dass Jüdinnen und Juden zur größten Opfergruppe zählten ebenso. Dass viele Maßnahmen in Sachen Gedenken (Entschädigung von Zwangsarbeitern, Kunstrestitution, Österreichischer Zukunftsfonds etc.) unter ÖVP Regierung mit wechselnden Koalitionen (FPÖ inklusive) umgesetzt wurde, ist eine andere Geschichte. Journalistisch zweifelhafte Artikel wie dieser befördern nicht die Debatte, sondern versuchen — aus welchen Gründen immer — ein Projekt ins schiefe Licht zu rücken und schlicht und einfach Rufmord zu betreiben. Anmerkung 1 Historiker sind selbstverständlich mitgemeint. Robert Streibel, Historiker, Direktor der VHS Hietzing, setzt sich seit mehr als 20 Jahre für die Erinnerung an die Opfer der Shoa in Krems und Hietzing ein. Zuletzt erschienen: „Der Wein des Vergessens“ (Residenz Verlag 2018) gemeinsam mit Bernhard Herrman über die verdrängte Geschichte der Winzergenossenschaft Krems, die auf eine „Arisierung“ zurückgeht. September 2021 19