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Katherina Braschel gewidmet Wolfgang Fritzenwallner von Wagrain nach Mauthausen, dort 1940 ermordet Anna Notburga Silbergasser von Wagrain nach Hartheim, dort 1941 ermordet Antonia Furtschegger von Wagrain nach Hartheim, dort 1941 ermordet Ein Wetterhahn auf dem Hausdach der Geschichtsrelativierung, bronzegolden thronst du gut geölt deine lautlosen Kreise, es kreischt in den einen, singt Hirtenlieder in den anderen Ohren. Dein Schatten immer auf der anderen Seite der Schindeln, welcher Schatten, fragt es im Dorf, in der Stadt, im Land, welcher Schatten, die Sonne scheint hier beständig von oben, immer nur von oben, wir haben Schatten unter den Augen, aber niemals hinter uns. Es glänzt so schön, zu Weihnachten am Schönsten, wenn du besinnlich deine Fackeln entzündest, sind es 18 oder 88, ich werde vergesslich, Karl, sag es mir. Je mehr es leuchtet, je höher es brennt, du stapelst Worte mit Worten, Seiten mit Seiten, einen Christbaum aus Büchern. Wenn man nur will, wenn man nur will, gibt es auch ein Weihnachten im April, hättest du, hast du vielleicht gereimt, dein Streichholz noch warm, schmiegt sich, reibt sich an Bücherrücken, der Funken dieses Springkrauts bleibt unerwähnt in deinen heiteren Herbarien. Ein aufrechter Gang, ein Scheiterhaufen, ein Knacken im Rückgrat. Was du sagst, sind rotwächserne Weihnachtswunder, sie tropfen ein Kreuz auf deine Fahnen, schlagen Haken dabei, winden sich in den andächtig warmen Händen, die sich heben zum Gruß. Servus, Heiler, schreibt dein Freund dir über die Biografie. Servus, Springenschmid, antworte ich an deiner statt, oder soll ich sagen, Herr Hauptsturmführer, lieber Freund? Heim wolltest du, Heinrich, dich anschließen, aufschließen zu dem, was du schon vier Jahre lang gewusst, deinen Blumen und Freunden, deinen Äckern und Treuen erzählt, was du endlich, vielleicht im Aquarell wohl dekoriert, bekennen konntest mit dem Kreise der Gerechten: „Mögen alle Sünden verziehen sein, nur die eine nicht: Jetzt noch zu zweifeln oder zu verneinen!,, Gebündelt hast du dich von den Stiften gespalten, die löschen wollten, wolltest lieber ihr Minenblei ernten, eine ehrliche Arbeit, mit der Schreibmaschine, mit der Olympia, mit der Chroma, mit den schönen Tasten, ich zähle deine Anschläge, Karl. Mit der Sense in der Hand hinaus aufs Feld, auf den Platz, wo die Marmorwässer deine meine Zeugschaft sind. Neptun keucht. Im Pfingstidyll an der Reichsautobahn ist der Flusslauf aus Beton, krauseln sich die Wellen rotgeschäumt, im Pfingstidyll an der Reichsautobahn wird Neptun vergast. „Die befreiende Kraft einer wahrhaft großen Menschlichkeit“, du hast sie gesehen, vom Dach hinüber, dir in die Rückenfiedern gesteckt, die stählernen, sie hat dir den Kamm geplustert, diese Kraft, die Brust behängt mit Amt und Einladung, mit Preisen. Was ist denn schon ein bisschen Reichsschrifttumskammer und Führerbau, ein bisschen Hauptmannsein und Kulturkompanie, Herr Bürgermeister, wo du doch nur „aus tiefsten Herzen schöpfend, in einem heißen Bekenntnis des Glaubens und Vertrauens zum Führer den Dank der Heimat“ ausgesprochen, ich meine: Blümchen gemalt und Gässlein beschrieben, wo du doch nur Zweig und Kraus verbrannt, ich meine: als Freunde zitiert, später, wo du doch nur. Österreich, du Vernichtungstraumschachtel, du hast doch nur. Waggerl einen Ehrenring, ein Ehrenzeichen, er schreibt, „nichts Komplizierteres heutzutage als ein einfacher Mensch“, aber nein, Karl Heinrich, wir machen dich zum Ehrenbürger, Ehrensenator, Heil Heil Hurra. Für Ehre, Volk und Alpenland, Karl Heinrich, für Weihnachten, Botanik und Landwirtschaft, Mitgliedsnummer 6.347.556, für Österreichs schönstes Vergissmeinnicht-Blau auf unseren Straßenschildern, das Blümchen, es „fragt nicht, wie und was“, wozu also wir. Katherina Braschel, 1992 in Salzburg geboren und aufgewachsen, lebt und arbeitet seit 2011 in Wien. Studium der Theater-, Filmund Medienwissenschaft ebendort. Diverse Preise, darunter der Rauriser Förderungspreis und der Wortmeldungen Förderpreis, beide 2019, sowie zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. 2020 erschien ihr Debüt „es fehlt viel“ in der edition mosaik. 2021 erhielt sie das Startstipendium für Literatur für die Arbeit an ihrem ersten Roman. Sie glaubt an feministische Solidarität, gutes Bier und die zarte Macht der Sprache. Anmerkung. Vielleicht nur eine rhetorische Frage. Es mag sein, dass man, kaum hat man ein wenig an der gefälligen Oberfläche gekratzt, in einem Land wie Österreich allenthalben auf unerledigt Faschistisches und dem äußeren Anschein nach unabsichtlich tradiertes Nazistisches stößt, in Schweigen verpackt. Wenn man dann aber angesichts des fortwuchernden Toten mit Verachtung über dieses Ninive von einem Österreich spricht, das keine Umkehr tat, und es sich wie der Prophet Jona im Schatten der eigenen Bitterkeit bequem macht, läuft das auf ein Zurückweichen vor dem bedrohlich Faschistoiden hinaus, während es doch umgekehrt darum ginge, die Bedrohung zurückzudrängen, um sich Raum zu schaffen für Verständigung, Zusammenschluß, für ein freieres Atmen... K.K. September 2021 33