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und aus welchen Gründen wir lieber in Großbritannien bleiben wollten als in einer Kolonie oder in einem Herrschaftsgebiet. Es mussten Listen angefertigt werden, auf denen das Alter und die Qualifikationen jedes einzelnen Insassen vermerkt wurden. All diese ominösen Vorbereitungsarbeiten regten viele von uns sehr auf und zahlreiche Männer witterten faules Spiel. Ich hingegen war davon überzeugt, dass die älteren Männer nicht nach Kanada geschickt würden und dass das andauernde Ausfüllen von Formularen und Listen nur dem Bürokratismus geschuldet war; ich konnte nicht glauben, dass junge Männer ohne Zustimmung der Eltern nach Übersee gebracht würden. In der einen Sache hatte ich Recht, aber unglücklicherweise nicht in der anderen — nur durch schärfsten Tadel in den Zeitungen und im Parlament nahm das Kriegsministerium von dieser höchst unmenschlichen Maßnahme Abstand. Die Antwort auf alle Fragen kam für uns, oder zumindest für mich, als wir, relativ plötzlich, davon erfuhren, dass die verheirateten Männer über 40 am nächsten Tag auf die Isle of Man verlegt werden sollten. Alles geschah in großer Eile und in einem großen Durcheinander; immer wieder wurden Ausnahmen gemacht - es ging nicht immer mit rechten Dingen zu — und mindestens ein Mann wurde aufgrund eines Fehlers seines Gruppenführers, mir, weggeschickt; in der Liste hatte ich sein Alter irrtümlich von 34 auf 44 erhöht. Es gab kein ordentliches Verzeichnis der Internierten in Warth Mills. Es wurde uns gesagt, dass die anderen in einigen Tagen folgen sollten, aber tatsächlich dauerte es noch zwei Wochen ehe dieses unsägliche Lager geräumt wurde. Ich war 16 Tage dort und als mich die Männer, die mich von Ascot kannten, in Douglas sahen, waren sie erschrocken darüber, wie schlecht ich aussah. Mit dem Zug wurden wir nach Liverpool gebracht; wir genossen die Fahrt, auch wenn wir nicht viel von der Landschaft sehen konnten, und in Liverpool wurden wir direkt zum Anlegeplatz gebracht, wo ein scheußliches Schiff, ein zu einem Truppentransporter umgebautes Passagierschiff, auf uns wartete. Das Schiff war überfüllt, da wir 700 Männer und die Soldaten den Speisesaal und einige andere Räumlichkeiten nicht benutzen durften, die für die wenigen uns begleitenden Offiziere reserviert waren. Zum ersten Mal erhielt ich einen Gesamteindruck von den Internierten, sowohl in Ascot als auch in Warth Mills waren die kleinen Gruppen sehr unter sich geblieben und es war nicht leicht, die Vielzahl an Menschen zu überblicken. Jetzt waren wir durchmischt, und ich war nahezu verwundert zu sehen, was für eine „mixed crowd“ wir waren: Die Mehrheit waren Juden, wenn nicht vom Glauben her, so doch nach den „Nürnberger Gesetzen“, aber es gab drei sehr unterschiedliche Gruppen, die sich durch die Sprache, das Verhalten und auch durch die äußere Erscheinung unterschieden: die Österreicher, die meisten aus Wien, die „Deutschen“, Männer aus allen Teilen des früheren Reichs, mit unterschiedlichen Dialekten, aber fast alle mit einem Anflug von „Preußentum“, selbst die Bayern und Schwaben, und dann die Juden aus Osteuropa. Während meiner Internierung konnte ich feststellen, dass die Österreicher wirklich ein Volk für sich sind, sich von den Deutschen unterscheidend wie die Schotten von den Engländern. Aber die Juden aus Osteuropa waren einfach fremd für uns, sie sprachen eine Sprache, die wir kaum verstanden — entweder eine Art von Englisch, da viele von ihnen aus Whitechapel kamen, wo sie seit Jahren gelebt hatten, oder Jiddisch, sie verhielten sich anders und sahen auch fremd aus — ich muss gestehen, sie wirkten eher abstoßend auf uns. Ich habe immer gewusst, dass es keine jüdische Nation und kein jüdisches 38 _ ZWISCHENWELT Volk gibt — und sicher keine „jüdische Rasse“ -, aber nie habe ich das so deutlich gespürt wie hier, und auch die vielen Zionisten aus Deutschland spürten es. Oft äußerte sich dies in kleinem Gezänk auf dem Schiff, wo Männer um einen Sitzplatz kämpfen mussten, aber auch später in Douglas blieb das Gefühl bestehen. Dennoch war es angenehm, solange es hell war, den Hafen mit seinen einfahrenden und ausfahrenden Schiffen, die Möwen und die Häuser am Strand zu sehen. Wir hatten gehofft, nicht allzu lange auf die Abfahrt warten zu müssen, doch es wurde immer später, schließlich wurde es dunkel und die Nacht begann. Für die meisten von uns war es eine anstrengende Nacht, die Glücklicheren unter uns konnten sich am Boden ausstrecken. Das Wetter war schlecht, kalt und nass, aber am schlimmsten waren die Hitze und die stickige Luft in den Gängen und den Räumen unter Deck. Ich war begünstigt, da ich eine Couch in einer Kabine bekommen hatte, die für ältere und kranke Männer geöffnet wurde. Auch diese Kabine war überfüllt und stickig, ich musste meine Couch mit einem anderen Mann teilen, aber es war warm und ich konnte etwas schlafen. Endlich kam der Morgen und um 6 Uhr legte das Schiffab. Ein Matrose aus Douglas hatte mir erzählt, dass es eine Gefahr durch ein U-Boot oder eine Mine gegeben habe, doch ich weiß nicht, ob das stimmte. Es gab etwas raues Wetter, und da ich kein guter Matrose war, legte ich mich in meine Kabine. Dadurch entging mir auch das, was meinen Kameraden so sehr gefiel — der Anblick eines französischen Kriegsschiffs, das nach Liverpool gebracht wurde. Aber auch ich sah das Kommen und Gehen von Konvois und ich sah die Konturen von Hügeln am westlichen Horizont auftauchen. Wir kamen gegen 10 Uhr in Douglas an, aber es dauerte sehr lange, bis wir alle ausgestiegen und gezählt waren. Douglas, die Hauptstadt der Isle of Man, ist ein schöner Ort: eine halbmondförmige Bucht, eine winzige Insel mit einer alten Burg in der Mitte, grüne Hügel im Hintergrund, den Strand entlang eine Reihe gepflegter Häuser, nahezu alle Hotels oder Pensionen, nicht zu herausgeputzt, kein Rauch — Himmel und Meer und Möwen, Möwen, Möwen. Wir mussten zu einem großen Platz hinauf marschieren, Hutchinson Square, kürzlich erbaute Pensionen rund um einen großen Garten mit schönem Rasen und sehr hübschen Blumen, relativ südlich aussehend, vor allem die Tausenden von Fuchsien. Es gab drei Terrassen, von denen aus man einen herrlichen Blick auf die gesamte Bucht hatte. Das war unser Lager, eine Art Paradies nach der Hölle von Warth Mills, auch wenn wir nicht von Engeln bewacht wurden, sondern von den üblichen Wachen mit aufgepflanzten Bajonetten und natürlich waren wir umgeben von einer Reihe von doppelten Palisaden mit Stacheldrahtzaun, vor denen die Bewohner von Douglas promenierten. Manchmal fühlte ich mich wie ein Tier im Zoo... Aber es war ein hübscher Ort und Man ist eine interessante Insel mit reicher Vegetation — es erinnerte mich oft an Triest, wo ich vor Jahren gewohnt hatte, an seine Katzen ohne Schwanz, doch von seinen historischen Relikten habe ich natürlich nichts gesehen. Die meiste Zeit hatten wir gutes Wetter und Sonne, aber die Abende waren immer kühl. Ein paar Minuten von Hutchinson Camp entfernt gab es ein anderes Lager: Central Promenade Camp, am Strand gelegen, aber ohne Gärten, ein weiteres in der Nähe von Douglas, Onchan Camp, und noch weitere in anderen Dörfern, Peel, Ramsey und Port Erin, wo die Frauen interniert waren und wo, laut Gerüchten, kein Maschendrahtzaun an Gefangenschaft erinnert. Es wurden Briefe oder Interviews in Zeitungen veröffentlicht, in