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und außerhalb promenierten die Mädchen und Jungen und die Soldaten aus Douglas. Am Ende wurde die Nationalhymne gesungen — so wie auch bei ähnlichem Anlass in Warth Mills -,‚denn wir waren ja Enemy Aliens... Das „Cabaret Stacheldraht“'° soll sehr unterhaltsame Vorstellungen gegeben haben, aber es wurde ein kleines Eintrittsgeld verlangt, und da ich fast keinen Penny besaß, habe ich es nie besucht. Die Gottesdienste waren ähnlich wie in den anderen Lagern; die „liberalen Juden“ versammelten sich manchmal auf der großen Wiese. Es gab einen geweihten Priester der Church of England, ein Flüchtling, der in Deutschland Richter war, doch nach seiner Flucht aus Deutschland konvertierte und zu einem leidenschaftlichen Priester wurde. Er hielt sich an das Gebetsbuch der anglikanischen Kirche (Book of Common Prayer), predigte aber auf Deutsch, und ich muss sagen, dass es mir nicht besonders gefiel. Einmal gab es einen Gottesdienst eines Vikars aus Douglas, der uns eine Nachricht des Bischofs von Chichester überbrachte — noch nie hatte mich etwas so beeindruckt wie dieser Mann: Er sagte uns, dass wir aus dem schrecklichen und trostlosen Tal, in dem wir uns zur Zeit befanden, heraus und auf den Gipfel steigen sollten, von wo aus wir den herrlichsten Blick auf die in Liebe und Brüderlichkeit vereinte Menschheit haben würden. Es war wie ein Licht in der Finsternis — und als ich nach dem Gottesdienst mit unserem „Rektor“ Ahrends sprechen wollte, brach er in Tränen aus wie ein Kind. Wenn jetzt jemand, nachdem ich all das über unsere kulturellen Veranstaltungen und Konzerte berichtet habe, denkt, dass die meisten von uns glücklich waren, so liegt er falsch, sehr falsch. Vor allem die geistig Tätigen litten durch die Internierung und es wurde schlimmer, nicht besser. Auch unsere Gesundheit litt sehr; ich war ein eher starker Mann und fühlte mich sehr schwach und wurde einmal ohnmächtig. Vielleicht waren es die Nachwirkungen der schrecklichen Wochen in Warth Mills, außerdem war ich in Sorge, da ich schon lange keine Nachrichten von meiner Familie erhalten hatte; und auch wenn wir genug zu essen hatten und unser Koch sehr gut war, frage ich mich doch, ob unsere Lebensmittel von einem hygienischen Standpunkt aus in Ordnung waren. Doch natürlich waren die psychischen Probleme schlimmer. Die größten Sorgen bestanden in der erzwungenen Untätigkeit, der Trennung von unseren Familien, den eingeschränkten Kontakten nach außen; schlimm war auch die mangelnde Privatsphäre und sehr schlimm das Gefühl der uns widerfahrenen Ungerechtigkeit, der Demütigung — alte Männer unter militärischer Aufsicht wie junge Rekruten — und der Unsicherheit bezüglich einer Freilassung. Es blieb nur die Hoffnung auf Freilassung — und Hoffnung kann eine sehr schlimme Sache sein. Wir hatten durch die Zeitungen erfahren, dass in Bezug auf die Internierungen ein Wandel in der öffentlichen Meinung eingesetzt hatte. Zu Beginn hatten sich nur sehr wenige Zeitungen getraut, für die Enemy Aliens Partei zu ergreifen; nun druckten nahezu alle Briefe und Leitartikel, in denen die schlechten Zustände einiger Lager bemängelt wurden und die Freilassung zumindest einiger der Kategorien!” gefordert wurde. Ich weiß nicht, was diese Wende ausgelöst hatte, ob vielleicht die Wahrheit über Warth Mills und andere Lager durchgesickert war; oder ob ein öffentliches Gewissen erwacht war, das zuvor durch Panik — oder die gerissenen Machenschaften bestimmter Leute — betäubt gewesen war. Ich für meinen Teil hatte immer daran geglaubt, dass die Engländer die Brutalität, Ungerechtigkeit und Unsinnigkeit der Internierungen erkennen würden, und ich hatte diese Überzeugung auch immer gegenüber meinen Kameraden kundgetan, und jetzt war ich froh, und auch ein bisschen stolz, angesichts der Empörung in den Zeitungen und im Parlament, Recht behalten zu haben. Unter den Zeitungen war es der „Manchester Guardian“, unter den Lords der Bischof von Chichester, die sich, wie noch viele andere, durch ihren Mut und ihre Ehrlichkeit die unendliche Dankbarkeit Tausender Insassen verdienten. Doch wir erlebten, dass zwischen diesen Leuten und anderen, die nicht nachgeben wollten, ein Streit im Gange war; da wir nicht hinter die Kulissen blicken konnten, mussten wir spekulieren, wer sich auf der Gegenseite befand. Mit der Zeit wurde jedoch immer offensichtlicher, dass die gegnerische Seite schwächer wurde. Das erste Anzeichen dafür war das „White Paper“ von Sir John Anderson'®, welches sich aber als Enttäuschung entpuppte, denn obwohl darin gefordert wurde, die Haftbedingungen zu verbessern, konnten die Ausführungen auch anders interpretiert werden und die Verbesserung der Bedingungen hing damit schlussendlich vom guten Willen der Zuständigen ab. Auch war vieles, was darin über die Zustände in den Lagern geschrieben wurde, einfach Unsinn; dieses „White Paper“ wurde daher auch düster „Andersons Märchen“ genannt. Es war ein hoffnungsvolleres Zeichen, dass die Lager nun Besucher empfangen konnten; der erste war der Bischof von Chichester, der tatsächlich die Wahrheit erfahren wollte; er sprach vertraulich und ohne Zeugen mit einigen Insassen. Dasselbe kann man nicht von allen Besuchern sagen, zum Beispiel von Mr. Peake!?, der nur mit den Männern aus dem Komitee sprach und sich eher abweisend verhielt, oder von Mr. Israel, der von Bloomsbury House entsandt wurde, und der uns lediglich besänftigen wollte. Im Lager selbst veränderte sich jedoch nichts; auch wenn gesagt wurde, dass die Lagerleitung von der zivilen Verwaltung des Home Office übernommen werden sollte.*? Wir standen immer noch unter militärischer Aufsicht - manchmal schien es sogar, als würde sie strenger werden, und es gab keine Lockerung der Zensur; der Stacheldraht und die aufgepflanzten Bajonette blieben wie immer. Manche der Männer, deren Ehefrauen auf der Isle of Man - in Port Erin — waren, durften sich mit ihnen treffen, um darüber zu beratschlagen, ob sie nach Australien auswandern sollten; die Ehefrauen kamen mit einer Sondererlaubnis nach Douglas und das Gespräch dauerte nur 30 Minuten. Ähnlich war die Geschichte eines Mädchens und ihres Verlobten, der im Lager interniert war; sie erhielt eine Genehmigung, kam — und konnte 30 Minuten mit ihrem Liebsten sprechen, es war lächerlich. Es war traurig mitanzusehen, wie zwei Liebende sich den ganzen Tag über nur anblicken konnten, denn das Mädchen hatte ein Hinterzimmer in einem Haus gemietet, von wo aus sie das Lager und den jungen Mann, der am Stacheldrahtzaun stand, sehen konnte, während die Kameraden ihnen ein Ständchen darbrachten. Dann kam es endlich zu Freilassungen. Zunächst wurden jene entlassen, die ein Visum für die USA besaßen. Doch habe ich aus verlässlichen Quellen gehört, dass sie nicht wirklich entlassen wurden, sondern im Lager in Lingfield?! auf ihre Ausreise warten mussten. Wenn ich mich recht erinnere, war der erste, der tatsächlich entlassen wurde, ein Anwalt aus Wien, ein Dr. K...., dessen Frau damit gedroht hatte sich umzubringen, wenn er nicht entlassen würde; als er nach Hause kam, war sie bereits seit zwei Wochen begraben. Der Kommandant und der Sanitätsofhizier waren dafür, die Alten und Schwachen zu entlassen, dem „White Paper“ entsprechend sollten all jene ohne Verzögerung entlassen werden, denen die Haft gesundheitlich nicht zuzumuten war. Ich war einer davon; September 2021 41