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Mit der Harpune der Sonne Il Gestaltet von Marcus G. Patka und Alexander Emanuely Zur Fortsetzung Griechenland 2-3 Nach der Besetzung Griechenlands durch Deutschland und seine Verbündeten wurde sofort mit der Vorbereitung der Deportation der griechischen Juden und Jüdinnen begonnen. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Jüdischen Museums in Athen Maria Vassilikou beschreibt die verschiedenen Phasen des Massenmordes. Für die nächste ZW bereitet sie eine Auswahl von ZeitzeugInnenberichten vor. Mischi Steinbrück macht uns auf die Dichterin Galatea Kazantzakis, die erste Ehefrau des Autors von „Alexis Sorbas“, aufmerksam. Von Mischi Steinbrück wird in ZW 3/2021 ein szenisches Porträt der Frauen, die vor 200 Jahren maßgeblich am Befreiungskampf teilgenommen haben, erscheinen. Für ZW 3a/2021 bereitet Robert Streibel ein Porträt des griechischen Priesters Dionysois Charalambous, der das Massaker von Stein überlebt hat, und der ebenfalls in Krems inhaftierten Widerstandskämpferinnen Sofia Mavraki und Mary Parianou vor. Von Nikos Theodorakis‘ Tod im Alter von 96 Jahren erfuhren wir, als das vorliegende Heft schon am Weg in die Druckerei war. Der Komponist bekämpfte die Nazis, mehrere griechische Diktaturen, wurde deportiert, musste flüchten. Seine Musik ermutigte den Widerstand. Anfang der 2000er-Jahre zog er mit antisemitischen Stellungnahmen, wie: „Alles, was heutzutage in der Welt passiert, hat mit den Zionisten zu tun“ massive Kritik aufsich. Seine folgenden Erklärungsversuche haben die Sache leider nur noch verschlimmert. In einem bis dato unveröffentlichten Bericht über sein Wiener Konzert 1973 schildert Michael Guttenbrunner bewundernd die mitreißende Gewalt von Theodorakis’ Musik. War im letzten Heft ein ausführlicher Beitrag dem ,,Griechen-Maniak“ und engen Freund Guttenbrunners Lorenz Gyömörey gewidmet, so erfahren wir diesmal von Vinzenz Jobst, wie Guttenbrunner als deutscher Besatzungssoldat Griechenland kennengelernt hat. Dabei wurde er Zeuge der Verbrechen der Wehrmacht. Unter den Besatzungstruppen in Griechenland befand sich auch das Strafbataillon 999. Neben Straftätern waren politische Häftlinge in dieser Einheit zwangsverpflichtet. Heimo Halbrainer schildert, wie kommunistische Angehörige des Bataillons sich dem griechischen Widerstand anschlossen. Einer von ihnen war der Wiener Lyriker Hans Just, der schon im „Lexikon der österreichischen Exilliteratur“ und in „In welcher Sprache träumen Sie?“ vorgestellt wurde. Halbrainer liefert nun ein ausführliches Porträt dieses vergessenen Dichters, der 1941 schrieb: und mir tut's weh, daß ich nicht helfen kann. Doch da kein Gott will seine Welt befrein, muß ich und du und jeder Heiland sein. (In welcher Sprache träumen Sie? Österreichische Exillyrik. Wien 2007, 243) AE Galatea Kazantzakis Ich bin Dein Bild, Gesellschaft In Smyrna hieß ich Melpo, Iro in Saloniki, in Volos Katinitsa irgendwann. Und jetzt in Vourla nennen sie mich Lela. Wo ist mein Platz? Wer sind die Meinen? Ich kenn sie nicht. Ich bin verflucht, denn Haus und Heimat sind mir die Bordelle. Auch die Jahre meiner Kindheit bitter. Trübe und verwischte Bilder. Meine Erinnerung ist eine leere Truhe. Das Heute ist schlimmer als das Gestern, das Morgen schlimmer als das Heute. Küsse von sich ewig gleichen Mündern, Beschimpfungen und Polizei, die mich von da nach dorthin schiebt. Orgien ohne Freude, Streitereien bis zum Morgen, Krankheit, Sygros-Klinik und die Spritze. Das verrottete Brett eines gesunkenen Schiffes bin ich. Mein ganzes Leben ist vertan! Aber aus meiner Hölle rufe ich Dir zu: Ich bin Dein Bild Gesellschaft, gleiche Dir! Das Original von Galatea Kazantzakis (1886 — 1962) heifst Amartoli — Sünderin, und bezieht sich vordergründig auf die kleinasiatische Katastrophe, in deren Zug sich viele der vertriebenen Griechinnen nur als Prostituierte durchschlagen konnten. Galatea Kazantzakis — die unberühmte erste Frau des berühmten Nikos — war eine linke Feministin und während der Metaxa-Diktatur im Gefängnis. Den Text hat die Komponistin und Sängerin Nena Venentsanou zu Beginn der 1980er Jahre im 9/4-Rhythmus des schweren Rebetiko vertont. Ich habe ihn 1992 übersetzt und in meinem Rebetiko-Programm „Kurz ist der Sommer — unendlich lang die Winter“ in eben jenem Rhythmus gesungen. Mischi Steinbrück In ZW 3a/2021 erscheint Mischi Steinbrücks Stück „Die Kapitäninnen der Freiheit“. September 2021 47