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Robert Streibel Er hat mich geheilt VHS Hietzing hilft mit bei der Seligsprechung von Leopold Fig! Leopold Fig] soll seliggesprochen werden. Ist das ein Fall für die Kirche, die Wissenschaft oder fiir einen Therapeuten? Der St. Pöltner Diözesanbischof Alois Schwarz hat Großes vor mit Leopold Figl. Er weiß aber auch, alles hängt davon ab, „wie schnell uns Leopold Figl das eine oder andere Wunder schenkt im Seligsprechungsprozess.“ Österreich hat eine Tradition darin, historische Persönlichkeiten seligzusprechen. Wir erinnern uns an Kaiser Karl, der eine Nonne von Krampfadern geheilt hat. Jetzt ist Leopold Figl an der Reihe. Geheilte und Wunder werden gesucht und die VHS Hietzing ist wie bei Kaiser Karl im Zentrum des Geschehens. Die VHS Hietzing geht mit gutem Beispiel voran. Wir haben ein kleines Wunder anzubieten, meint der Direktor Prof. Dr. Robert Streibel. Der Historiker berichtet von seiner fast spontanen Heilung. „Es hat nur einer kurzen Recherche bedurft, um von einem Irrglauben geheilt zu werden. Ich hatte immer geglaubt, wer in einem KZ gewesen ist, der könnte unmöglich nach seiner Befreiung antisemitisch denken. Leopold Figl hat mich von diesem Glauben geheilt.“ So meinte Leopold Figl 1947: Die Juden wollen halt rasch reiche Leute werden. Die Österreicher sind nicht so geschäftstüchtig. Richtig ist aber, dass nirgends so wenig Antisemitismus festzustellen ist wie in Österreich, und in keinem Land das Volk von einer solchen Duldsamkeit ist wie bei uns. Und gegen die Emigranten hatte der Bundeskanzler ebenfalls Vorbehalte, denn die hätten es sich lieber bequem gemacht in ihren Klubsesseln als für Österreich zu leiden. In dieses Bild passt es auch, dass Figl meinte: „Wir heißen alle Österreicher wieder bei uns willkommen - aber als Österreicher, nicht als Juden“. Als Leopold Figl mit den beiden Vertretern des Jüdischen Weltkongresses Siegfried Altmann und Ernst Stiassny in Wien offene Fragen besprach, ging es im Juli 1946 auch um das „Judenproblem“, Wolfgang Treitler 600 Jahre Geserah Zu Katja Rainers Beitrag „600 Jahre Geserah 1421 am 14.3.2021“ „Wir Juden dürfen den Tätern diese Scham und die daraus erwachsende Reue nicht ersparen. Wir müssen sie ihnen zumuten, sodass daraus ihr Mut erwächst, ihren eigenen Verbrechen ins Gesicht zu sehen.“ In diesen Imperativen fasste Katja Rainer die Unerträglichkeit zusammen, die sie im Umgang mit dem Geserah-Gedenken Mitte März 2021 erfasst hat. Der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien hat am 12.3.2021 am Judenplatz eine Stellungnahme der Fakultät verlesen und Oberrabbiner Jaron Engelmayer überreicht, deren Basistext ich geschrieben habe; dieser wurde in der Folge durch eine Reihe von Rundmails kommentiert, bearbeitet, (ab-Jgeschliffen und geglättet. Dabei auftretende Konflikte zwischen mir und einem Kollegen wurden durch kathpress am wie die „Wiener Zeitung“ berichtete. Ein Jahr nach der Befreiung findet der Bundeskanzler nichts dabei ein „Judenproblem“ zu besprechen. Die Einschätzungen Figls sind beschönigend. „Die Rassenpropaganda habe bei manchen Österreichern einen gewissen Widerhall gefunden“ — um gleich im nächsten Satz ihre Besserung zu behaupten: Aber als sie sahen, mit welchen Mitteln der Antisemitismus in die Tat umgesetzt wurde, da waren sie geheilt. Man kann ruhig behaupten, dass das Mitleid mit den verfolgten Juden den Antisemitismus in Österreich ausmerzte. Ich glaube nicht, dass diese Frage jemals wieder auch nur die geringste Bedeutung erlangen wird.' Dieser Glaube wurde zur Wahrheit, und die Realität des anhaltenden Antisemitismus wurde dementsprechend verleugnet. So etwa im Fall von Kunschak, den Figl damit entschuldigte, dass dessen Antisemitismus keine „rassischen, sondern ... ökonomische Gründe“ gehabt habe. Die VHS Hietzing hat einen Wunder-Postkasten eingerichtet, um Heilungs- und Erweckungserlebnisse in Zusammenhang mit Leopold Figl zu sammeln. „Wir haben die Befürchtung, dass sich zu wenige Wunder ereignen“, meint Prof. Streibel, um zu ergänzen: „Ich will natürlich nicht verhehlen, dass ich auch schon andere Heilungen hinter mir habe und dies betrifft den Antisemitismus von führenden SPÖ-Politikern wie Adolf Schärf oder Oskar Helmer. Ob das auch für eine großkoalitionäre Seligsprechung reicht, da bin ich mir nicht sicher.“ Bestellen Sie das kleine Heiligenbildchen Fig/ Selig kostenlos in der VHS Hietzing. Es gelten jaauch nach dem Tod die Wunder. Passen Sie also auf am Zentralfriedhof, wenn sie an Leopold Figls Ehrengrab vorbeikommen, dass Ihnen kein Wunder geschicht. Und bleiben Sie gesund. Anmerkungen 1 Richard Mitten: Die Juden, die er meint ... Jörg Haider und die Rhetorik antijüdischer Vorurteile. in: Anton Pelinka; Ruth Wodak (Hg.): „Dreck am Stecken“: Politik der Ausgrenzung. Wien 2002. S. 101. 12.3.2021 öffentlich? und zwischen uns nicht weiter ausdiskutiert, obwohl ich in dieser Angelegenheit auf eine Entgegnung des Kollegen, der sich auf meinen Entwurf richtete, mit einer detaillierten Klarstellung samt Nachfragen replizierte; diese blieben bis heute unbeantwortet. Das mag an unterschiedlichen Einschätzungen und Schwerpunkten, Erfahrungshintergründen, Lernwilligkeit und Qualifikationsunterschieden liegen. Katja Rainers Stellungnahme ist an einer einzigen Stelle unrichtig. Der „Chef der theologischen Fakultät“ stand und steht nicht in Verbindung mit dem von ihr genannten „frisch (nicht alt)-faschistisch-katholische(n) Block (Kickl-Kurz)“ und agiert nicht in seinem Namen. Ein Zweites: An der Universität Wien finden sich zwei theologische Fakultäten. Die evangelisch-theologische Fakultät beteiligte sich an der Stellungnahme nicht, obwohl sie über 1500 Jahre die gleiche Geschichte teilt. Die Feststellung Katja Rainers, dass sich die Vernichtung von 1421 unzählige Male wiederholt hat und „wir das Bild von Neuanfang neu gestalten müssen“, trifft ihrem Text nach zuerst die jüdische Gemeinschaft und besonders die IKG, der sie „EntlasNovember 2021 5