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zu Pferd und erreichte nach einem Jahr der Belagerung die Befreiung der Festung. Dann Manto Mavrogenous (1796 — 1848), die zumindest regional als „Siegerin der Schlacht von Mykonos“ berühmt ist. Sie war die Tochter eines immens reichen Kaufmanns, wuchs in Venedig auf und war hoch gebildet. Sie sprach englisch, französisch, italienisch, türkisch und griechisch und war in Geschichte ebenso wie in Philosophie bewandert. Als Zwanzigjährige lebte sie auf Tinos, Paros und Mykonos. Damals fing sie an, auch unter dem Einfluss ihres Onkels, eines Popen, sich für die Befreiung Griechenlands einzusetzen. Sie wollte eine Demokratie und schrieb Briefe um Unterstützung, finanziell und ideell, an französische und englische Kreise, die an der Zurückdrängung der osmanischen Macht und der Befreiung Griechenlands interessiert waren. Den Damen Frankreichs schrieb sie „Wie Sie den Tanz, ersehne ich den Tag des Kampfs!“ Dieser kam, als sie es schaffte die krämerischen Mykonioten in eine Schlacht zu führen. Schließlich die Domna Wiswisi (1784 — 1850) aus Thrakien. Sie ist selbst in Griechenland véllig unbekannt. Sie war, wie die Bouboulina, Reederin, auch wie diese Witwe und hatte fünf Kinder, mit denen sie auf ihr Schiff, die „Kalomira“, ging. Zu ihrer Zeit wurde sie „Schrecken des Meeres“ und „Schrecken von Euböa“ genannt. In einem wunderbaren, byzantinisch klingenden Lied wird ihrer gedacht als einer Frau, die ‚Wie ein Adler schlug sie mal hier, mal da, mal links, dann wieder drei Tage lang gegen zweitausend Türken kämpfte. „.. rechts und so, wie’s ihr gerade passte...“ Alle drei dieser Heldinnen verbrauchten ihr gesamtes Vermögen für Schiffe, Waffen und Besoldung ihrer Mannschaften. Alle drei setzten ihr Leben im Kampf gegen die fremden Herrscher ein. Alle drei wurden vorerst geehrt und später, nachdem der Staat gegründet war, sich aber schnell in einem ParteiMischi Steinbrück Kapitäninnen der Freiheit. enstreit zerrieb, fallen gelassen. Alle drei starben völlig verarmt. Nach vielen Jahrzehnten wurden ihnen Denkmäler gesetzt. Die Bouboulina wurde 2016 von der damaligen Syriza-Regierung sogar posthum zur Konteradmiralin ernannt. Von den beiden anderen Kapitäninnen steht kaum etwas in den griechischen Geschichtsbüchern. Hierzulande weiß man von allen dreien nichts. Möge sich dies anlässlich der Gedenkfeiern zum 200. Jahrestag der Revolution ändern! Es wäre zu hoffen, dass diese begeisternden Frauen nicht nur als Heldinnen der griechischen Geschichte ins allgemeine Bewusstsein gerufen würden, sondern dass sie auch z. B. Vorbilder für Reedersgattinnen unserer Zeit würden. Könnten diese doch mit einem Bruchteil ihrer Vermögen, oder auch nur den Steuerzahlungen im eigenen Land, ihre griechische Heimat vor dem Ausverkauf an fremde Investoren schützen. Michaela (Mischi) Steinbrück, 1944 in Wien geboren, Theaterlaufbahn 1963 u.a. am Theater in der Josefstadt und Schauspielhaus Köln. Seit 1975 als freie Autorin tätig; 1979 gründete sie das erste „Kölner Frauenorchester“. Seit Mitte der 1980er Jahre kontinuierliche Tourneen als politische Kabarettistin, z.B. mit „Ischau, tschau Proletariat!?“ (1988) oder dem deutsch-griechischen musikalischkabarettistischen Solo „Kurz ist der Sommer — undendlich lang die Winter“ (1994). Ihr neuestes Soloprogrammm „Kapitäninnen der Freiheit“ (2018), eine szenisch-musikalische Performance, erzählt von drei griechischen Freiheitskämpferinnen. Der Vater Steinbrücks war Franz Trescher (1909 — 1980) in ZW Nr. 1-2/2019, S. 56 erschien dessen Gedicht „Österreichische Republiksfeier 1933“. Ein Vorwort zu schreiben für etwas, das ganz für sich selbst sprechen soll, ist eine komische Sache.! Doch scheint es mir nötig, da bei dieser Lektüre ja all das fehlt, was bei einer Aufführung Geist und Sinne des Publikums für das Überraschende, Einmalige, Ungewohnte öffnet: das Optische, das Räumliche, das Sinnliche. Schauspieler sind eine solche Lektüre gewohnt. Aber dramatische, rhythmische, lyrische, szenische Texte, womöglich noch (wie hier) mit Regieanweisungen versetzt, einem Lesepublikum von Belletristik oder historischer Texte vorzusetzen, ist gänzlich aus der Mode. Es erfordert, beim Lesen der schwarzen Buchstaben und Sätze den Klang der Worte, den Rhythmus des Textes im eigenen inneren Ohr zu hören; die Gestalten im Licht ihrer Portraitierung vor dem eignen inneren Auge zu sehen. Meine Hoffnung ist, dass sich jedoch auch ein darin ungeübtes 40 ZWISCHENWELT Lesepublikum vom Geist und Mut der dargestellten Frauen begeistern lässt. Die Geschichte beginnt allerdings 1832 am Wachauer Donauufer, wo ein armes Dienstmädchen Abschied nimmt von ihrem Verlobten, der als Söldner der Schutzmacht Ottos von Bayern nach Griechenland fährt. Wachauer Schifferlied? Das Schifflein schwingt si dauni vom Land ade Ade mei herzliabs Vaterland adeadeade Aaade lebe wohl Jetzt fahren wir nach Griechenland ade Mein Schatz komm reich mir deine Hand adeadeade Aaade lebe wohl