ken, dass der Dichter stets den Wunsch geäußert habe, in Riva
bestattet zu werden. Eine Erhaltung des Grabes für die Dauer
von 100 Jahren zu vereinbaren, sei nach der gegenwärtigen Fried¬
hofsordnung nicht möglich, erst recht nicht für eine Gebühr von
55.000 Lire. Leifhelms sterbliche Überreste könnten jedoch vor¬
übergehend im Beinhaus aufbewahrt werden, bis auf dem neu
angelegten Friedhof am Stadtrand eine neue Grabstelle angelegt
werde.”*
Die Verhandlungen zwischen der Stadt Mönchengladbach und
der Gemeinde Riva ruhten daraufhin bis zum Juni 1963. Die
Liegefrist des Grabes war inzwischen abgelaufen, so dass Eile ge¬
boten war. Da die Beschwerden von Touristen über den Zustand
des Dichtergrabes nicht abrissen — viele von ihnen hatten sich erst
durch Tristrams Artikel zu einem Besuch des Friedhofs ent¬
schlossen —, nahm sich Oberstadtdirektor Wilhelm Elbers der
Sache an. Zunächst wurde am 5. Juni 1963 im Stadtteil Pesch
eine Straße nach Hans Leifhelm benannt, dann schlug Elbers am
19. des Monats Casadei vor, sich während seines Italienurlaubs
persönlich mit ihm zu treffen.”° Acht Tage später kamen die bei¬
den Männer in der Casa Missionaria del Verbo Divino in Varone
bei Riva zusammen. Pater Giovanni Hudzik SVD, der Hans
Leifhelm während seiner Krankheit begleitet hatte — über Leif¬
helms älteren Bruder Joseph (1883-1920), der sich 1904 den Stey¬
ler Missionaren angeschlossen hatte, bestand eine Verbindung
zum Orden -, fungierte als Dolmetscher. Casadei und Elbers
vereinbarten, dass eine Exhumierung Leifhelms frühestens in 10
Jahren erfolgen solle, obwohl die Gemeinde beschlossen habe,
den Friedhof schon in wenigen Jahren zu Gunsten eines neuen zu
schließen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt Mönchen¬
gladbach, für den Dichter ein Grabmal, bestehend aus einer
Wand- und einer Bodenplatte aus schwarzem Marmor, in Auf
trag zu geben, das nach der endgültigen Schließung des Friedho¬
fes und der Umbettung Leifhelms auf Kosten der Stadt Mön¬
chengladbach auf den neuen Friedhof verlegt werden sollte. Das
Garten- und Friedhofsamt der Stadt Mönchengladbach werde
einen entsprechend Entwurf für die Neugestaltung des Grabmals
in einem Kostenrahmen zwischen 1.100 bis 1.300 DM vorlegen.
Für die zehnjährige Fristverlängerung des jetzigen Grabes einig¬
ten sich die beiden Parteien auf den moderaten Betrag von 11.¬
12.000 Lire, d.h. von etwa 80 DM. Die von Casadei zunächst in
Aussicht gestellte Unterbringung von Leifhelms sterblichen
Überresten im Beinhaus, wo sie in einem Steinkasten aufbe¬
wahrt worden wären, wies Elbers als unwürdig und in Anbe¬
tracht der großen Zahl hochrangiger Besucher aus dem In- und
Ausland auch als unangemessen zurück.?°
Elbers‘ Vorstoß veranlasste Tristram, den alarmistischen Ton in
seiner Berichterstattung zurückzunehmen. Am 17. Juli 1963
würdigte er in der Rheinischen Post die Anstrengungen, welche
die Stadt Mönchengladbach für die Pflege ihres Dichters unter¬
nahm. Mit der Neugestaltung des Grabes habe sie nicht nur ihm,
sondern auch sich selbst ein „würdiges Denkmal“ gesetzt.”
Otto Neuloh und Conrad Henkel, die von Casadei für den Fall,
dass sich die Friedhofsverhältnisse in Riva änderten, Mitteilung
erbeten hatten, wurden von der Stadt Mönchengladbach über die
Pläne unterrichtet. Neulohs Anregung, die Grabplatte außer mit
Leifhelms Namen und seinen Lebensdaten auch mit Versen zu
GRABSTATIE DR. HANS LEIFHELM M. 1:10
Hans Leifhelms Grab auf dem Gemeindefriedhof von Riva,
um 1950. Foto: Unbekannt. StA MG, digi23001. Reproduktion
nach: Ingrid Bröderer: Hans Leifhelm. Versuch einer
Monographie. Diss. Wien 1961, S. 39.
versehen, in denen seine „Ahnung eines frühen Todes“ zum Aus¬
druck komme,” folgte die Verwaltungskonferenz nicht.”” Der
Absprache mit der Stadt Mönchengladbach entsprechend, holte
Casadei bei Giuseppe Nuvoloni, einem Steinmetz aus Arco, ei¬
nen Kostenvoranschlag ein. Von den beiden Angeboten, die
Grabfläche entweder mit einer 6 oder mit einer 12 Zentimeter
dicken Marmorplatte abzudecken, empfahl Josef Victor, der Di¬
rektor des Garten- und Friedhofsamtes, das letztere, das mit
185.000 gegenüber 125.000 Lire zwar das teurere, aber auch das
nachhaltigere sei. Bezüglich des Materials fand man einen Kom¬
promiss: Statt des ursprünglich gewünschten Tinos-Marmor, der
in Italien nicht lieferbar war und aus dem Ausland hätte bestellt
werden müssen, wählte man „Labrador Nazionale“, einen sehr
dunklen Naturstein.’' Als Steffens am 12. Marz 1964 Casadei
erneut die Zusicherung abverlangte, dass „bei einer etwaigen
Exhumierung das Grabmal auf den neuen Friedhof verlegt“ wer¬
de,” versprach dieser ihm lediglich, dass die Stadt Mönchenglad¬
bach eine Mitteilung erhalte, sobald es zu einer Umbettung Leif¬
helms komme. Alles Weitere bedürfe der neuerlichen Absprache
zwischen den beiden Gemeinde- bzw. Stadtverwaltungen. Den¬
noch gab Steffens am 10. April 1964 den Auftrag zur Neugestal¬
tung des Dichtergrabes endgültig frei. Am 24. Juli 1964 meldete
Casadei Vollzug. Wenig später schickte er drei Fotografien als
Beleg für die ordnungsgemäße Ausführung der Arbeit, die Tris¬
tram wiederum den Leserinnen und Lesern der Rheinischen Post
zur Kenntnis brachte. Mit Erleichterung stellte er am 12. Sep¬
tember 1964 fest: „Wenn heute die Freunde des Dichters, Profes¬
soren und Studenten der Universitäten Padua und Palermo, an
denen Hans Leifhelm lehrte, das Grab besuchen, wenn die vielen
österreichischen Freunde auf dem Wege nach Süden hier kurz
verweilen, oder wenn ein Mann vom Niederrhein des stillen
Dichters gedenkt und ein paar Blumen nicederlegt, so wird ihnen
allen zum Bewußtsein kommen, daß die Heimatstadt den Dich¬
ter und Gelehrten nicht vergessen hat und daß sie ihm über den
Tod hinaus jene Ehre und Wertschätzung entgegenbringt, die er
verdient.“ ?*