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Wartehalle eines Bahnhofs einen Platz, wo er zur Ruhe kommt, doch selbst da lässt man ihn nicht ungestört verweilen und sterben, sondern scheucht ihn weiter auf: „Manchmal hustet er noch oder winkt mit den Händen / wie ein Kind, das sich vor Schlägen wehrt. / Aber auch hier wird er nicht in Frieden verenden. / Weil er nämlich schon stinkt bei lebendigem Leib und die andern das stört.“ Hans Eichner ist ein sehr vielschichtiger Dichter, der nicht nur politische und zeitgeschichtlich relevante Gedichte geschrieben hat, sondern ebenso griechische Mythologie oder den Vanitasgedanken thematisiert: „Sieh diese Säule: spottet sie nicht meiner? / So stand sie aufrecht, noch eh ich war. / So wird sie kalt und unbewegt und stumm verharrn, wenn keiner / mehr weiß, noch wissen will, ob je ich war.“ Er war ein Dichter der Stadt und viele seiner Gedichte lassen sich als Skizzen einer Momentaufnahme lesen: „Der Finken Flatterflug und der Wind, / und gegenüber im Himmel / einsam ein Drache. Drunten tief der Strom, / und wo die Fähre streift, verhallt ein Schrei.“ Und last but not least verhandeln sehr viele Gedichte das große Der Narzißmus des Ähnlich wie in den letzten Jahren Konrad Paul Liessmann wurde der heuer überraschend verstorbene Philosoph und Wissenschaftsbeamte Rudolf Burger zu Fragen der Bildung, Politik, Kultur, Moral von Journalisten gerne befragt, verstand er sich doch gut darauf, konzis zu formulieren, ohne unverständlich oder gar umständlich zu werden; seine provokativen Einschätzungen und Schlussfolgerungen hatten nicht unerheblichen Unterhaltungswert. Mancher der Versuche, die Zeit in Gedanken zu fassen, wirkt mittlerweile hilflos. Notgedrungen knüpfen derartige Interviews selten aneinander an; wenn aber der Faden immer neu aufgenommen werden soll, sind inhaltliche (nicht wörtliche) Wiederholungen bei aller Differenziertheit des Ausdrucks unvermeidlich. Indem der Herausgeber die Interviews nicht chronologisch, sondern thematisch anordnet und damit den Finger auf die „Wiederkunft des Gleichen“ bei Burger legt, tut er dem von ihm bewunderten Autor keinen wirklich guten Dienst; Langweilen mit Burger war sicher nicht Absicht des Herausgebers. 70 ZWISCHENWELT Thema Liebe: „Sehnsucht nach dir ist wie ein Frühlingsregen / umwölkt und doch mit einem Glanz von Licht / wenn in den nachtumflorten Wolkenwegen / der erste Mond den Strahlenweg sich bricht.“ Hans Eichner schrieb vorwiegend, aber nicht ausschließlich auf Deutsch, daher enthält der Gedichtband auch einige wenige englische Gedichte. Dichter, die Hans Eichner in seinen Gedichten erwähnt und bei denen man daher davon ausgehen kann, dass er selbst sie schätzte und bewunderte, sind Rilke, Garcia Lorca, Arno Holz und Erich Fried, den er im Londoner Exil kennenlernte. Über das Versmaß der Gedichte Hans Eichners schreibt David G. John: „Eichner war vermutlich Wolfgang Kaysers Kleine deutsche Versschule (1. Auflage 1946, jetzt in der 17.!) geläufig. Viele von Eichners Gedichten könnten Muster sein für Kaysers metrische Modelle. Deren artistische Anforderungen und ihre Variierung wurden von Eichner spielerisch als Aufgabe angenommen. Was aber die Politik betraf, stand Eichner im absoluten Gegensatz zu Kayser, der das Hitler-Regime unterstützte.“ Wem kein Bogen gesetzt ist nicht nur sehr „Bin ich nicht” Langweilig ist jedoch der ständig strapazierte Gestus geistiger Souveränität und Distanz dem Treiben der moralisierenden „Gutmenschen“ gegenüber, sowie die zum Narzißmus kleidsamer Negativitat gesteigerte Pose, dieses oder jenes nicht und anderes schon gar nicht zu sein. Originell ist die Paginierung des Buches, die den Leser zur genauen Entzifferung des Inhaltsverzeichnises nötigt. Einfacher wäre besser, schließlich handelt es sich, mit Karl Kraus zu reden, bei aller Pietät nicht um eine Urne. Seltsam hingegen ist das pompöse Nachwort des Herausgebers, in dem zunächst Vorbildhaftes von Ernst Jünger zitiert und gerühmt und der Schriftsteller Andre Müller, der Ernst Jünger ein spätes Bekenntnis zum eliminatorischen Antisemitismus entlockte, gescholten wird, dann aber die Gelegenheit zu einer gehässigen Polemik gegen Gerhard Oberschlick, den Herausgeber des FORVM, genützt wird. Bernhard Kraller hatte Oberschlick und andere zu einer Stellungnahme aus heutiger Sicht zu Rudolf Burgers umstrittenem sorgfältig, sondern ungemein liebevoll gestaltet und begleitet. Neben zahlreichen Fotos von Hans Eichner gibt es auch Abbildungen seiner Handschrift und einen sehr umfassenden Anmerkungsteil, der auch „TEILWEISE UNLESERLICHES, FRAGMENTARISCHES“ enthält und neben einem Nachwort des Herausgebers David G. John auch noch einen Beitrag von Corina Prochazka über den Lebensweg Hans Eichners. Es ist damit ein Buch, das man wirklich nur empfehlen kann und dem man die größtmögliche Aufmerksamkeit wünscht. Es lohnt sich sehr, sich ausreichend Zeit für dieses Buch zu nehmen, da es keine leichte Kost ist und sich nicht schnell überfliegen lässt, sondern eine seltene Perle von Buch ist. Wem kein Bogen gesetzt enthält sehr starke Gedichte und ist eine große Entdeckung! Astrid Nischkauer Hans Eichner: Wem kein Bogen gesetzt. Gedichte. Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2021. 146 S. € 15,Aufsatz „Die Irrtümer der Gedenkpolitik“ (2001) eingeladen. Oberschlick verfaßte eine Schritt für Schritt behutsam vorgehende Autopsie des Burger-Textes, die aber um die Feststellung nicht herum kam, daß Burgers Argumentation letztlich auf die sattsam bekannte Forderung hinauslaufe, endlich einen Schlußstrich zu ziehen. Oberschlicks Stellungnahme hat Kraller offenbar missfallen, denn ihre zuerst ins Gespräch gebrachte Veröffentlichung findet in Krallers Wirkungsbereich jedenfalls nicht mehr statt. Dafür aber nimmt Kraller die Gelegenheit wahr, in Abwesenheit von Oberschlicks Text gegen diesen und seinen Verfasser vom Leder zu ziehen. Man mag Kraller gerne glauben, wenn er Oberschlicks Autopsie-Ergebnisse „ästhetisch und argumentativ ungenießbar“ findet. Doch von Interesse ist, was sich in Krallers Magen-Darm-Trakt als genießbar herausstellt, nur insofern, als Kraller mit dem Schwenk in die Genießbarkeit den Boden sachlicher Auseinandersetzung verläßt, zu einer Stil- und Geschmacksfrage macht, was rational zu erörtern wäre, von