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an der Mittelschule Averro&s gekündigt“. Er hatte bereits am 15. Januar 2015 einen Artikel in Libération unter dem Titel „Der Prophet ist auch Charlie“ publiziert. Deswegen wurde er gemobbt, was ihn bewog, diese staatlich subventionierte muslimische Schule zu verlassen. Zitouni erklärte: Zuallererst das immer wiederkehrende und zwanghafte Thema die Juden [...] in meiner mehr als zwanzig Jahre dauernden Karriere im schulischen Milieu habe ich nie zuvor so viele antisemitische Aussprüche aus dem Mund von Schülern gehört wie in dieser Mittelschule! Eine Schülerin wagte es eines Tages zu behaupten, dass „die jüdische Rasse eine von Allah verfluchte Rasse ist! Viele islamische Wissenschaftler sagen das!“ Tagtäglich wird die Bevölkerung des Nahen Ostens im Fernsehen antisemitisch bearbeitet, und diese Sendungen werden auch in Europa konsumiert. Doch wenige Franzosen kennen die Realität, und noch weniger Menschen sind bereit, diese zur Kenntnis zu nehmen. Dafür gibt es mehrere Gründe: das schlechte Gewissen, das mit der Kolonialgeschichte und dem Krieg in Algerien zu tun hat, oder auch die bewusst hingenommene Blindheit, was die neuen kulturellen und sozialen Realitäten in Frankreich betrifft. Bensoussan schrieb: Wir konnten sehr schnell feststellen, dass zahlreiche Leiter von Schulen bevorzugten, sich zu arrangieren, „um keine Unannehmlichkeiten“ zu haben. Sie waren besorgt um den Ruf ihrer Institutionen, aber auch um ihre Karriere und ihre Beförderung. Viele haben die Vorfälle dem Unterrichtsministerium nicht gemeldet. Ebenso war diese Leugnung der Realität durch viele französische Intellektuelle tabuisiert. Als im Mai 1990 ein jüdischer Friedhof in Carpentras geschändet wurde, gingen Massen von Franzosen auf die Straße. Doch das sollte sich ändern. Die Historikerin Mona Ozouf wies am 24. Januar 2015 auf „die schrecklichen Gewissensbisse“ hin, nicht während der Affäre Merah (März 2012) demonstriert zu haben, als man darüber hinwegging, dass die Schweigeminute, die vom Unterrichtsministerium nach dem Mord in der jüdischen Schule in Toulouse und dem Mord an französischen Soldaten in Montauban angeordnet wurde, in vielen Schulen nicht gehalten werden konnte (weil Schüler Milieu dies verhinderten). Zwei Jahre später, als Mehdi Nemmouche im Mai 2014 vier Menschen ermordete, gab es ebenfalls aus muslimisch-migrantischem keine Demonstrationen. Der Judenmord 72 ZWISCHENWELT in Frankreich hat die französische Gesellschaft kalt gelassen, erst als die Mitarbeiter von Charlie Hebdo im Januar 2015 ermordet wurden, kam es zu beeindruckenden Demonstrationen in Frankreich. Der Antisemitismus eint. So verbünden sich extrem Rechte (z.B. A. Soral) mit Antisemiten aus muslimisch-migrantischem Milieu und schwarzen Identitären wie Dieudonné. Wer geglaubt hatte, nach dem Mord an jüdischen Kindern würde der Antisemitismus zurückgehen, der irrte. Es kam allein in der Zeit zwischen dem 19. März und dem 30. April 2012 zu 140 antijüdischen Angriffen. Abdelghani Merah, der Bruder des Mörders, brachte es auf den Punkt, als er vom „kulturellen Antisemitismus, den banalisierten Judenhass“ sprach, den er in seiner Jugend in seiner Familie erfuhr. Viele stellen in Frankreich den Angriff auf die Ozar Hatorah Schule, an der Merah drei jüdische Kinder und deren Lehrer ermordete, als den ersten antijüdischen Angriff dar. In Wirklichkeit handelte es sich um den siebzehnten antijüdischen Anschlag in Frankreich seit 1978. Kaum war der Attentäter von der Polizei erschossen worden, erklärte der Chef des Inlandsgeheimdienstes Bernard Squarcini, am 23. März 2012, Merah habe sich „ganz allein im Gefängnis selbst radikalisiert, indem er den Koran las. Es war ein freiwilliger, spontaner, isolierter Akt [...] es gibt keine Mitgliedschaft in einem Netzwerk.“ „Seine Tat“, so fügte er hinzu, „ist eher ein medizinisches Problem und Fanatismus“. Der Autor Pierre Vermeren wies nach, dass diese Aussage von Anfang bis Ende falsch war. [...] Und dieser Mann, der angeblich allein ‚radikalisiert‘ wurde und in den Akten des französischen Salafısmus und/oder Dschihadismus unbekannt war, stand seit 2008 auf der Liste der zu beobachtenden Islamisten. Merah wurde von algerischen, amerikanischen, syrischen, irakischen, israelischen, pakistanischen und ägyptischen Diensten gemeldet. Schon weil er drei größere Reisen im Nahen Osten unternommen hatte und bekannte Salafısten kontaktierte. Vermeren schlussfolgert: „Die Theorie des einsamen Wolfs verschleiert das Ausmaß des Bankrotts der staatlichen Dienste.“ Bensoussans neues Buch (Un exil frangais. Un historien face a la Justice, LArtilleur) beschreibt die gegen ihn angestrengten Prozesse. Das einzige Verbrechen des Historikers — der schließlich von allen Gerichten freigesprochen wurde — war, den „neuen Antisemitismus“ vor anderen angeprangert zu haben. In einer von Alain Finkielkraut moderierten Sendung, die am 10. Oktober 2015 auf France Culture ausgestrahlt wurde, griff GB aus dem Gedächtnis heraus Bemerkungen des Soziologen Smain Laacher auf, die dieser über die tiefe Verkrustung des Antisemitismus im arabischen Raum gemacht hatte und sagte: „Es ist eine Schande, dieses Tabu aufrechtzuerhalten, nämlich dass in arabischen Familien in Frankreich, und jeder weiß es, aber niemand will es sagen, der Antisemitismus mit der Muttermilch eingesogen wird...“. Laacher hatte das so ausgedrückt: „Dieser Antisemitismus ist bereits im häuslichen Raum verankert, und er ist fast natürlich in der Sprache verankert. Er ist in der Luft, die wir atmen. Eltern nennen ihre Kinder .. , wenn sie sie zurechtweisen wollen, einfach Juden. Nun, alle arabischen Familien wissen das!“ GB wurde daraufhin als „antiarabischer Propagandist“ bezeichnet. Diesem Gegner des Antisemitismus wurde nichts erspart, während echte Rassisten und Antisemiten Gegenstand der medialen Selbstgefälligkeit sind, sobald sie im Namen der „Islamophobie“ mobilisieren. Im Dezember 2015 erteilte die audiovisuelle Behörde wegen der Ausstrahlung dieser Äußerungen France Culture eine „strenge Verwarnung“. Im Figaro vom 4.12.2015 wurde Bensoussan von Intellektuellen verteidigt, die darauf hinwiesen, dass angesehene Autoren, vor allem solche aus dem Maghreb oder maghrebinischer Herkunft, wie Boualem Sansal, Kamel Daoud, Fethi Benslama und Riad Sattouf, zu diesem tief verwurzelten Antisemitismus Stellung nahmen. Die Arbeit, die dieser Historiker seit mehr als zwanzig Jahren sowohl in seinen Büchern als auch an der Spitze der Revue d'histoire de la Shoah geleistet hat, zeigt die Unsinnigkeit dieser Anschuldigungen. Der Rapper Mehdi Meklat, dessen Spriiche oft nicht Druckerschwärze dulden, konnte den Terror verherrlichen und einer Politikerin drohen, ihr „nach muslemischen Ritus die Kehle aufzuschlitzen“ ohne dafür belangt zu werden, hingegen wurde GB von der Staatsanwaltschaft angeklagt, die einem Bericht des CCIF, einem den Moslembrüdern nahestehender Verein gegen „Islamophobie“, folgte. Ende 2020, nach der Ermordung von Samuel Paty, erklärte die CCIF, dass sie sich selbst aufgelöst und ihr Vermégen ins Ausland verlagert habe, nachdem Innenminister Gérald Darmanin sie als ,islamistische Organisation, die