OCR
mit Leibowicz auf Meldegang und führt danach eine Gruppe von „36 zusammengewürfelten Männern“ über den Guadarrama bei Brunete zurück, bevor er am 20. Juli verschüttet und verletzt in ein Spital gerettet wird; Leibowicz verliert er aus den Augen. Es ist dies eine der wenigen Erwähnungen in deutschsprachigen Texten von rumänischen TeilnehmerInnen am Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Internationalen Brigaden. Dies ist nicht nur dem zahlenmäßigen Übergewicht der französischen, deutschen, italienischen, englisch-amerikanischen InterbrigadistInnen zuzuschreiben, die sich als Freiwillige im Herbst 1936 zu den Brigadas Internacionales anschlossen. Während viele Länder, aus denen nur kleine Kontingente das spanische Kriegsszenario erreichten, durchaus Aufmerksamkeit fanden, ist in den Berichten zur Geschichte der Brigaden über die Teilnahme von Rumänlnnen fast nichts festzustellen. Neben der geringen Zahl — etwa 400-500 waren sie? — beruht ihre Nichtbeachtung auch auf einer in Rumänien selbst bis heute anhaltenden Vernachlässigung kommunistischer Politik während der Illegalität der Partei in den 1920er und 1930er Jahre. Erst in letzter Zeit sind Forschungen publiziert worden, die es erlauben über die während der kommunistischen Diktatur publizierten apologetischen Erinnerungsliteratur der TeilnehmerInnen hinaus das Phänomen detaillierter und umfassender zu fokussieren.4 Dennoch sind wir weit davon entfernt, abschließend urteilen zu können. Wie in den meisten Staaten des Warschauer Pakts hat die kommunistische Partei in Rumänien das Kapitel „national-revolutionärer Krieg in Spanien“ propagandistisch aufbereitet. So erschienen mehrere Bücher, die auf der Basis von Teilnehmertreffen autobiographische Berichte sammelten, oder die Erinnerungen führender Teilnehmer. Bekannt ist der Name Valter Roman (Ernst [Ernö] Neuländer) geblieben, der als Publizist sowohl das Nachleben der Brigaden begleitete als auch eigene Darstellungen über seine Zeit in Spanien als Freiwilliger und Kommandant einer Einheit rumänischer Artilleristen schrieb.’ 35 Jahre nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges veröffentlichte 1971 das Institutul de Studii istorice ti social-politice de pe lingä C.C. al P.C.R. (Institut für historische und sozialpolitische Studien der PCR) einen umfangreichen Sammelband. Er enthielt neben zahlreichen Fotos ca. 400 Seiten Erinnerungen ehemaliger Interbrigadisten. Valter Roman und weitere, mittlerweile in das ZK oder gar zum Minister aufgestiegene Spanienkämpfer wie Petre Borilä (lordan Dragan Rusev), Mihai Florescu (Iacobi Iancu), berichten in dem Band von ihren Erfahrungen, der zudem Dokumente aus dem Archiv der PCR (Artikel der Parteizeitung „Scinteia“, Sigurantaberichte, Briefe aus Spanien, etc.) abdruckt.° Bereits in der Verlagsvorrede dieses Bandes wird eine ofhizielle Vorgabe entworfen: An die Spitze der Solidaritätsaktionen habe sich die trotz ihrer Illegalität von der PCR angeführte Arbeiterklasse gesetzt und unter dem Einfluss der Kommunisten habe die Solidaritätsbewegung aus Arbeitern, Bauern, rumänischen Intellektuellen und anderen Nationalitäten (d.i. der Minderheiten wie Ungarn, Deutsche, Juden, etc.) sich trotz des „repressiven Apparats des bürgerlichen Staates“ in einer Pluralität der Formen manifestiert. In Bukarest habe sich bereits in den ersten Tagen auf Initiative der PCR zusammen mit anderen Arbeiterparteien und Massenorganisationen ein Komitee gebildet,’ das im ganzen Land die Hilfsaktivitäten zur Unterstützung Spaniens koordinierte und die Bildung von weiteren Komitees anleitete. Das Vorwort der Autoren erwähnt die durch die illegale Parteipresse bereits im Sommer 1936 verbreiteten Proklamationen des ZK der Partei über den Charakter des „national-revolutionären“ Krieges in 40 ZWISCHENWELT Spanien und seiner Gefahr für die Welt, die auch in Massenveranstaltungen und über die legale demokratische Presse verbreitet wurden. Entsprechend sind auch die Erinnerungen der — nur z.T. zu hochrangigen stalinistischen Kadern aufgestiegenen — Spanienkampfer von offiziellen Deutungen und nachträglichen Informationen dominiert. So stellt der spätere Minister und ZK-Mitglied Florescu anhand zahlreicher Presseartikel aus dem Archiv seine Erinnerungen an die Vortrags- und Pressekampagnen der Partei und der ihrer noch legalen Massenorganisationen” und Zeitungen dar. Petre Borilä, höchster Repräsentant der rumänischen Interbrigadisten und später enger Mitarbeiter des Parteichefs Gheorghe Gheorghiu-Dej, gibt Eindrücke von den Kämpfen der rumänischen Einheiten in Spanien wieder, vor allem aber wiederholt er die allgemeinen Lehren der kommunistischen Partei zu den Ereignissen, während Stan Minea die Situation als junger Arbeiter in Bukarest vor der Abreise nach Spanien schildert. Als er längst in den Reihen der Securitate hohe Positionen einnahm, schreibt der frühere Taxifahrer Dumitru Maxim über die Wege aus Rumänien via Paris nach Spanien. Am ausführlichsten sind die Berichte von Valter Roman und Mihai Burcä über die militärische Situation in Spanien und der des späteren Parteichefs der Hauptstadt und langjährigen ZK-Mitglieds Gheorghe Stoica (Moscu Cohn) über seine Funktion als Politkommissar an der Ebro-Front im Jahre 1938. Ihre Darstellungen werden ergänzt durch einzelne Beiträge zu bestimmten Frontabschnitten, die Beteiligung medizinischen Personals und auch über eine Gefangennahme durch die Truppen Francos (ttefan Mera). Einzelne „Medaillons“ erinnern an gefallene rumänische Interbrigadisten, darunter auch an Constantin, den Bruder von Mihai Burcä aus Patcani, die beide zur kommunistischen Zelle der dortigen Eisenbahnwerkstatt gehörten und auch Kontakt zu Leibovici, Schneiberg u.a. hielten. Insgesamt kamen etwa 60 rumänische Interbrigadisten in Spanien ums Leben." Der Einsatz der kommunistischen Parteien in der Komintern zur Unterstützung der spanischen regulären republikanischen Regierung gegen die aufständischen Militärs fand in einer geopolitischen Situation statt, in der auch Rumänien sich positionieren musste. Während der sich abzeichnenden Konfliktsituation der westlichen Garantiemächte Rumäniens Frankreich und Großbritannien mit Nazi-Deutschland war die rumänische Außenpolitik an einer Abstimmung der mitteleuropäischen Staaten CSSR, Jugoslawien, Rumänien als „kleine Entente“ interessiert. Der angeschene Außenminister Nicolae Titulescu, der als Präsident des Völkerbundes amtierte, versuchte auch nach der Rückkehr Bessarabiens zu Rumänien nach dem Ersten Weltkrieg gegenüber der Sowjetunion ein entspannteres Verhältnis herzustellen. Ihm gelang 1934 die Aufnahme des sozialistischen Staates in den Völkerbund. Wie die westlichen Großmächte hatte auch Rumänien die fatale Politik der „Nonintervention“ in Spanien bei dem Londoner Komitee für Nichteinmischung ratifiziert, die zudem Anlass für die Verfolgung von Freiwilligen auf der Seite der spanischen Republik bot. Titulescu wurde Ende August 1936 durch den rumänischen König Carol II. entlassen. Ursache war u.a., dass er schon in den ersten Wochen des Bürgerkriegs den Transport von in Frankreich gekauften Waffen an die spanische Republik ermöglicht habe." Innenpolitisch war die Zeit um 1936 von den politischen Provokationen der antisemitischen und rechtsradikalen Parteien geprägt, die durch Terror und Demagogie das parlamentarische Regierungssystem mit seinen eher schwachen demokratischen Parteien unter dem wenig produktiv in die Politik eingreifenden König Carol II. zu destabilisieren suchten. Die rechtsextreme Legion Erzengel St. Michael (Eiserne Garde) und die antisemitische Par