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Anmerkungen 1 Im Jahr 1930 lebten in Böhmen und Mähren laut Volkszählung über 117.000 Jüdinnen und Juden (76.301 in Böhmen und 41.250 in Mähren und Schlesien). Während der NS-Herrschaft laut dem tschechischen Historiker Pavel Skorpil wurden an die 80.000 Jüdinnen und Juden aus den Böhmischen Ländern wurden ermordet. Hinzu kommen noch die Opfer aus verschiedenen Ländern in den Konzentrationslagern, insgesamt starben 265.000 Menschen, die auf dem Gebiet der Tschechoslowakei gelebt hatten oder in Lagern gewesen waren. 2 Aus: Tomäs Stanek: Verfolgung 1945. Die Stellung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien (außerhalb der Lager und Gefängnisse). Wien, Köln, Weimar 2002, S. 118. 3 „Bruna“ Heimatverband der Brünner in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (Hg.). Der „Brünner Todesmarsch“ 1945. Die Vertreibung und Misshandlung der Deutschen aus Brünn. Eine Dokumentation. BHB Verlag 1999, S. 154. 4 Laut Niklas Perzi kamen im Jahr 1945 innerhalb weniger Wochen etwa 150.000 Personen über die österreichisch-tschechoslowakische Grenze. 5 Eva Hahn: Bekenntnis eines Kindes der Nachkriegszeit. In: Bernhard Bolzano Stiftung und Ackermann Gemeinde (Hg.): Deutsche und Tschechen. Weg des Dialogs / CeSi a Neméi cestou dialogu. Praha 1996, S. 40-53. Erinnerungen von Zeitzeuginnen zu den Vertreibungen Barbara Coudenhove-Kalergi (geb. 1932 in Prag): Zuhause ist überall. Erinnerungen. Wien: Zsolnay Verlag 2013. Erica Pedretti (geb. 1930 in Sternberk): Engste Heimat. Frankfurt./M. Suhrkamp 1995. Ilse Tielsch (geb. 1929 in Auspitz/Hustopece in Mähren): Die Ahnenpyramide. (Erstauflage Graz: 1980). Wien: Edition Atelier 2019. Heimat suchen. (Erstauflage Graz 1982) Wien: Edition Atelier. 2019. Die Früchte der Tränen. (Erstauflage Graz 1988) Wien: Edition Atelier 2020. Die Zerstörung der Bilder. Unsentimentale Reise durch Böhmen und Mähren. (Erstauflage: Graz 1991). Das letzte Jahr. Wien: Edition Atelier 2006, 72017. Wissenschaftliche Literatur: Brandes, Detlef / Sundhaussen, Holm, Troebst, Stefan (Hg.); Lexikon der Vertreibungen. Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung in Europa im 20. Jahrhundert. Wien u. a. 2010. Melville, Ralph / Pesek, Jitf / Scharf, Claus (Hg.): Zwangsmigration im mittleren und östlichen Europa. Völkerrecht, Konzeptionen, Praxis (1938-45). Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte. Beiheft 69. Mainz 2007. Perzi, Niklas: Die Sudetendeutschen in Niederösterreich 1945/46. In: Jahrbuch für Landeskunde Niederösterreich. Neue Folge 82, 2016. St. Pölten 2017, S. 135233. Skorpil, Pavel: Probleme bei der Berechnung der Zahl der tschechoslowakischen Todesopfer des nationalsozialistischen Deutschland. In: Brandes, Detlev / Kural, Vaclav (Hg.): Der Weg in die Katastrophe. Deutsch-tschechoslowakische Beziehungen 1938-1947. Veröffentlichungen des Instituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa. Essen 1994, Bd. 3, S. 161-164. Ders.: Jüdische Opfer Nazi-Deutschlands aus den Böhmischen Ländern 1938-1945. Versuch einer Bilanz. In: Theresienstädter Studien und Dokumente 1994, S. 152165. Ders.: Internierung und Zwangsarbeit. Das Lagersystem in den böhmischen Ländern 1945 — 1948. Veröffentlichungen des Collegium Carolinum, Bd. 92, München 2007. Katerina Tuckovd: Gerta. Das deutsche Mädchen. Roman. Aus dem Tschechischen übersetzt von Iris Milde. Berlin: KLAK Verlag 2019 (tschechische Ersterscheinung: Vyhndani Gerty Schnirch. Brno: Host 2009). 548 S. Euro 20,90 Radka Denemarkovd: Ein herrlicher Flecken Erde. München: Deutsche Verlagsanstalt 2009 (tschechische Ersterscheinung 2006). 304 S. Euro 8,99 Ein Zeitdokument Freund! Dieses Büchlein schrieb ein Mensch, der selber viele Jahre im Konzentrationslager zubringen musste, dem nichts erspart blieb und der als Krüppel heut im Leben steht. (...) Vielleicht bist du enttäuscht, wenn du dies Büchlein gelesen hast. Es trieft nicht von Blut, und Prügelszenen fehlen ganz. (...) Aber bitte, öffne deine Augen und öffne deine Ohren und lies zwischen den Zeilen und horche auf die Stimmen, die aus den Dialogen schwingen. Das schrieb Arthur Alexander Becker im Vorwort zu seinem Drama „Mauthausen!“, das 1946 in Salzburg unter dem Titel „Der Weg ins Leben“ am Landestheater uraufgeführt wurde und im selben Jahr gedruckt erschien. Es ist ein 'Iheaterstück in klassischer Form und sicherlich kein Meisterwerk. Die Dialoge sind platt, die Handlung einfach gestrickt und schnell erzählt. Handlungsort ist das KZ Mauthausen in den letzten Tagen vor der Befreiung. Ein neu nach Mauthausen deportierter politischer Häftling kommt in eine Einzelzelle, wird beim Verhör misshandelt, gewinnt aber durch seine ehrliche und aufrechte Haltung das Vertrauen eines brutalen, kriminellen Häftlings. Durch ihn kann er sogar Kontakt zu einem Verwandten aufnehmen. Doch dieser wird noch knapp vor der Befreiung ermordet. Einerseits ist dieses Stück eine der ersten literarischen Arbeiten in Dramenform, das KZ-Erfahrungen zum Inhalt hat und aufgrund seiner frühen Entstehungszeit von literaturhistorischer Bedeutung ist — auch wenn es nicht an Borcherts „Draußen vor der Tür“ oder Zuckmayers „Des Teufels General“ herankommt. Andererseits ist es durch die Person des Autors und seiner „Botschaft“ von Interesse. Arthur Alexander Becker wurde am 27. März 1943 als „gefährlicher Gewohnheitsverbrecher“ nach Verbüßung einer dreijährigen ZuchtAugust 2022 87