OCR
hausstrafe zur „Sicherungsverwahrung“ ins KZ Mauthausen deportiert. Von den 86 mit ihm deportierten „Sicherheitsverwahrten“ kamen 66 ums Leben, was deutlich die furchtbare Behandlung dieser Menschen zeigt. Geboren wurde Becker 1890 in Prenzlau. Schon in der Weimarer Republik und weiter im nationalsozialistischen Deutschland schlägt er sich als Kleinkrimineller mit Betrügereien — darunter häufigem Scheckbetrug — und Hochstapeleien durchs Leben. Er gibt sich dabei als Doktor aus oder bezeichnet sich als Schriftsteller. 1943 wird er als Gewohnheitsverbrecher „dauerhaft aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen“ und fällt unter die Doppelbestrafung und Verfolgungspolitik des NS-Terrorstaates: Gefängnishaft mit anschließender Deportation in ein Konzentrationslager. Vom Stammlager Mauthausen dürfte er ins Außenlager Schwechat und auch ins Außenlager Wien-Floridsdorf in der Hopfengasse verlegt worden sein und kommt schließlich mit einem Todesmarsch zu Kriegsende wieder nach Mauthausen, wo er am 5. Mai 1945 befreit wird. Danach gelingt ihm kurzfristig ein Einstieg in ein anderes Leben. Er dient sich den US-Besatzungsbehörden als „Dr.med. et Mag.Pharm“ an und Verstreutes Beim Lektorieren von Mark Siegelbergs Bericht über seine Schutzhaft in Buchenwald und Dachau fällt mir auf, wie der Wille zu überleben, in dem der Häftling mit seinen Angehörigen verbunden bleibt und Zeugenschaft ablegen will, den Häftling zur Geisel der KZ-Verwaltung macht. Unbeantwortet blieb der Brief, den Evelyn Adunka am 1. August 2021 an die ORFRedakteurin Andrea Lehner schrieb. Auch nach einer Urgenz kam keine Antwort. Sieht man es beim ORF denn als Schikane an, wenn man es befremdlich findet, wenn in einem Film zur Geschichte Europas Auschwitz und die Shoah nicht erwähnt werden? Der Brief lautete: Sehr geehrte Frau Lehner, Vorgestern habe ich mir die Dokumentation in „Universum History“ über Euro83 — ZWISCHENWELT erfindet eine politische und rassische Verfolgungsgeschichte. Das geht eine Zeitlang gut, doch dann muss er wieder seine kleinkriminelle Existenz fortsetzen. Jahrelang bemüht er sich um eine Opferrente, aber der Gruppe der sogenannten „Kriminellen“ wird diese von Deutschland und auch Österreich verweigert. Das Unrecht dieser Doppelbestrafung des NS-Terrorstaates wird nicht anerkannt. Das letzte im sehr informativen Nachwort der Herausgeber angeführte und vorliegende Dokument zu Becker stammt aus dem Jahr 1966. Es ist dies ein Antrag Beckers auf „Wiedergutmachung“ an das Sozialreferat der Landeshauptstadt München, der abgelehnt wird. Danach verliert sich seine Spur. Im Stück schwingt Beckers „Botschaft“ der Solidarität von politischen mit „kriminellen“ KZ-Häftlingen mit, die sich nach 1945 aber als Utopie erweist. Diese solidarische Gemeinschaft gab es in den Lagern nicht und gibt es auch später bei den KZ-Überlebenden nicht. Dies zeigt sich auch in den abgelehnten Ansuchen Beckers um „Wiedergutmachung“. Im Stück führt Becker eine Reihe von Tatsachen an, die von historischem Interesse sind. Z.B. berichtet er von der Misshandlung US-amerikanischer Bomberbesatzungen oder führt viele Klarnamen Es ist die ständige Todesdrohung, ja, aber auch diese Geiselnahme, die ihn zur Fügsamkeit zwingt. Siegelberg sagt: Was in Dachau als "Arbeit" betrieben wurde, war eine Verhöhnung von Arbeit. Ein Loch wird aufgetragen und ein Berg wird zugeschüttet. pa angesehen; anfangs dachte ich, sie sei ganz hervorragend und auch sehr für den Schulunterricht geeignet. Bis es zum Zweiten Weltkrieg kam, denn dass Auschwitz und die Shoah mit keinem einzigen Wort erwähnt wurden, ist ein überaus bedauerliches und nverständliches Versäumnis. Mir sind die notwendigen Verkürzungen bei einem so großen Thema bewusst, und ich glaube auch nicht, dass es eine absichtliche Auslassung war, aber dennoch muss ich Ihnen meine Reaktion übermitteln. an: Etwa den berüchtigten Totschläger Franz Unek (im Stück Unnek), der als zweiter Lagerältester seine privilegierte Häftlingsfunktion schamlos ausnützt, oder die brutalen SS-Männer Bachmayer (im Stück Bachmeier) und Streitwieser. Auch der berüchtigte SS-Lagerarzt Aribert Heim findet in dem Stück seine erste literarische Erwähnung. Streitwieser lässt er im Stück sterben. Doch in Wirklichkeit kann dieser unter falschem Namen 1945 in Deutschland untertauchen, wird aber später enttarnt und 1967 zu lebenslanger Haft verurteilt, stirbt aber bereits 1972 im Haftkrankenhaus Bochum. Das Buch samt Nachwort ist also insgesamt für Literaturhistoriker und Zeitgeschichtehistoriker von Interesse, aber wahrscheinlich eher nicht für einen breiteren LeserInnenkreis. Martin Krist Arthur Alexander Becker: Mauthausen! Schauspiel in drei Aufzügen (vier Bildern). Hrsg. V. Christian Angerer und Andreas Kranebitter (= Mauthausen-Erinnerungen. Schriftenreihe der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Bd. 5). Wien/ Hamburg: new academic press 2021. 162 S. Euro 15,An diese "Arbeit", die "frei" machen soll, kann man eine Kritik des Arbeitsethos aber nicht anknüpfen. - K.K Mit nur einer weiteren Minute wäre alles in Ordnung gewesen. Vielleicht gibt es die Möglichkeit einer Korrektur für künftige Fassungen. Mit freundlichen Grüßen. Dr. Evelyn Adunka