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Emigrantenpresse werden auch dargestellt unduntersucht. EineAuflistungallerOrgane der ungarischen Emigranten in Wien, die Tageszeitungen auch miteinbegriffen befindet sich auch in diesem Kapitel des Buches zusammen mit der grundlegenden, teils unveröffentlichten Fachliteratur (wie die des leidenschaftlichen Bibliografieund Repertorienzusammenstellers Ferenc Galambos: „ A becsi magyar emigräci6 üjsägjai &s folyöiratai“ [Zeitungen und Zeitschriften der ungarischen Emigration in Wien], Maschinenschrift: Budapest: Orszägos Szechenyi Könyvtär, 1960) auch online erreichbar: http://mek. oszk.hu/13700/13798.pdf). Galambos stellte übrigens die Findbücher für die Presseorgane, an denen der Dichter, Schriftsteller und bildende Künstler und Protagonist der ungarischen Avantgarde Lajos Kassäk (Ersekujvär/Nove Zämky, Sk., 1887 — Budapest, 1967) zusammen, u.a. für die der nach dem Sturz der Räterepublik in Wien herausgegebene Zeitschrift MA [Heute] (1916 — 1925). Die Autorin weist Wortwahl christlichen Ähnlichkeiten in Thematik in der Interessen dienenden sowie österreichischen Tageszeitung Reichstpost (1894 — 1938) und in daraus entnommenen Artikeln der rechtsradikalen, sich christlich sozial nennenden ungarischen Nemzeti Ujsdg (1919 — 1944) auf. Auf beide Organe war in Zusammenhang mit den Emigranten eine offen antisemitische Haltung bzw. Ausdrucksverwendung charakteristisch. Ihre Kritik bzw. Schmähungen wurden nach der offiziellen Verweigerung der ungarischen Auslieferungsbegehren österreichischerseits, nach dem Beschluss des Oberlandsgerichts vom 17. Oktober 1920, noch _ stärker. Die sogar der Arzneischmuggelei verdächtigt. Das Organ der österreichischen Sozialdemokratie, die Arbeiter-Zeitung (1889 — 1985), und die Bécsi Magyar Ujsdg (1919 — 1923) — beide unter der Mitarbeit von Oszkär Jäszi (Nagykäroly/Carei, Rum., 1875 — Oberlin/ USA, 1957), Gesellschaftswissenschaftler, Professor und Minister ohne Portefeuille für Emigranten wurden Nationalitätenangelegenheiten der KärolyiRegierung — nahmen aber in mehreren Artikeln an der Seite der ungarischen Emigranten Stellung. Nach Darstellung des Nachlebens bzw. der Aufnahme der Ereignisse der in den letzten Jahren relativ in Vergessenheit geratene 1919er Räterepublik (einschließlich des roten und weißen Terrors mit Blick auf den Ersten Weltkrieg und die Konsolidierung der Horthy-Ara in Historiografie und Kulturpolitik) kommt die Autorin zur Schlussfolgerung, dass das Jahr 1919 100 — ZWISCHENWELT einerseits zum Gründungsmythos des Staatssozialismus, andererseits zum Anhaltspunkt für die _konservativnationalistischen Regierungen nach der Wende geworden sei. Anhand zahlreicher Berichte (Memoiren von Augenzeugen, sowie belletristischer Bearbeitungen) werden die Mechanismen des weißen Terrors (Internierungslager, physische und seelische Folterungen) dargelegt. Es muss dabei bemerkt werden, dass viele Berichte auch gleichzeitig in fremden Sprachen erschienen. Somit war das Wesen des Horthy-Systems für das Ausland enthüllt und klar erkennbar. Die Palette der künstlerischen Bearbeitungen der Auswirkungen des weißen Terrors im Leben einzelner Menschen reicht von Anna Seghers’ Roman „Die Gefährten“, bis hin zu Werken mehrerer ungarischer Autoren — unter ihnen auch Rechtsradikale bzw. mit dem Faschismus Sympathisierende. Zum Abschluss dieses Kapitels wird die ungarische Filmografie zu diesem Thema ausgewertet. Das Jahr 1924 wird wegen dem 5. Jahrestag der Ausrufung der ungarischen Räterepublik unter die Lupe genommen, die Risse und Spaltungen unter den Emigranten bzw. die Auflösung ihrer Einheit festgestellt. weiterhin, dass manche in der Atmosphäre Bemerkenswert ist der infolge internationaler diplomatischer Aktivität wachsenden Legitimität Ungarns die Chance einer möglichen Heimkehr nach Ungarn erwogen, besonders die, die in der Emigration nichts gegen Horthy-Ungarn Die Spaltungen zwischen Sozialdemokraten und unternommen hatten. erwähnten Kommunisten führten auch in der Presse der Emigranten zu Umstrukturierungen. Manche Organe wurden eingestellt, bzw. vereinigt, neue gegründet (so z. B. Bécsi Magyar Ujsäg [ Wiener Ungarische Zeitung] (1919 — 1923), Jövo/ Zukunft] (1921 — 1923), Az Ember [Der Mensch] (1918 — 1952), Vasdrnap [Sonntag] (1920), Panorama (1921 — 1928) Bécsi Kurir[Wiener Kurier] (17. 01. — 03. 04. 1924), Diogenes (1923 — 1927). Kurze Einblicke in die Dramaturgie und Lyrik der emigrierten ungarischen Autoren runden dieses Kapitel ab. Teil die belletristischen Im folgenden werden ungarischsprachigen Prosawerke der Emigranten-Schriftsteller (Janos Lékai, Béla Illés, Andor Németh, Lajos Hatvany und Ferenc Paäl, dessen Prosa — laut Lajos Kassäk - manche Ähnlichkeiten mit der von 'Ihomas Mann aufweise) Ausführlich behandelt wird Hugo Bettauers 1922 erschienener thematisiert. Schlüsselroman „Der Kampf um Wien“. Die verzweigten Geschehnisse des aus Episoden komponierten, reportagehafte Elemente aufweisenden Romans, der „das ganze soziale Tableau Wiens“ einfange und zuerst in Fortsetzungen in der Zeitung Der Tag (1922 — 1923) veröffentlicht wurde, verbindet die Gestalt des Haupthelden, des Millionärs Ralph, Halbösterreicher, Halbamerikaner, der anstatt zu handeln, die Geschehnisse eher bloß beobachtet. Viele, u.a. eine Gruppierung ungarischer Faschisten, versuchen sein Geld zu ergattern. Seine Milliarden sollen der Unterwerfung des Roten Wiens und der Errichtung einer faschistischen Diktatur dienen. Der Roman, der in seiner Gattungsvielfalt auch als Abenteuer- und Kriminalroman auch als die sozialdemokratische und republikanische Staatsutopie des Autors betrachtet werden. Fast die Hälfte des Bandes beinhaltet Aufsätze zur Wiener Publizistik von Bela Balazs (bis 1913: Herbert Béla Bauer, Szeged, 1884 — Budapest, 1949; Filmästhet, Dichter, Schriftsteller, Kritiker, Regisseur), dessen aufzufassen ist, kann Schaffen seit Jahrzehnten im Zentrum der Untersuchungen der Verfasserin steht. Es werden die Ergebnisse der neueren Monografien sowie Texteditionen über und von Baläzs zusammengefasst und ausgewertet. Es wird auf die zum Bruch führenden Differenzen von Baläzs mit György Lukäcs eingegangen; aufgrund von Tagebucheintragungen und Briefen die Gründe von Baläzs’ Ausscheiden aus der Redaktion der Zeitung Der Tag, wo er sich als Theaterkritiker betätigte (trotz dessen, dass er anfangs des Deutschen nicht mächtig war), erleuchtet. Die weiteren Kapitel behandeln Baläzs’ kulturpolitische Publizistik sowie seine Buchrezensionen im Der Tag und in der Becsi Magyar Ujsag, weiterhin in der ungarisch- bzw. deutschsprachigen Rumäniens. Baläzs’ Weg von der Avantgarde durch die Moderne bis hin zur neuen Sachlichkeit Presse wird in seinen theoretischen Schriften sowie in seinen Feuilletons verfolgt. Im letzten Kapitel geht die Autorin auf Baläzs’ („Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films, Wien-Leipzig, 1924 und „Der Geist des Films“, Halle, 1930) ein und vergleicht sie mit der von Siegfried Kracauer. Die Wiener Jahre von Filmtheorie Baläzs waren sehr produktive, seine auf Deutsch und Ungarisch veröffentlichten Feuilletons, die an ein breites Publikum adressiert waren, trugen zur Erneuerung dieser journalistischen Gattung durch die Elastizität der Form und des Inhalts bei. Gegensätze künstlerischer, theoretischer und Balazs’ weltanschaulicher Art mit Lajos Kassäk bzw. mit anderen Autoren des Ma-Kreises wurden immer