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Dass Schuberth daraus eine Abhandlung über den „aktuellen, latenten Antisemitismus“ macht, in von ihm erwähnter Kenntnis jener Rollen, die der „kunstwerkliche Spektakelsurrealist“ Heller gespielt hat und spielt, ist nicht nur grenzwertig, es schadet auch der vordringlichen Aufgabe: der Erkenntnis und Abwehr eines nicht nur latenten, sondern offenen Antisemitismus in Österreich und Europa. „Antisemitismus liegt zum Beispiel vor“, schreibt Schuberth, „wenn ein kleiner Kunstbetrug bei einem Menschen jüdischer Herkunft mehr Aufsehen erregt als bei einem Menschen nichtjüdischer Herkunft.“ Hier, das ist ihm in aller Deutlichkeit zu entgegnen, stellt sich nicht die Frage nach „groß oder klein“ (so klein ist die inkriminierte Summe auch nicht gewesen), hier stellt sich auch nicht die Frage nach „jüdisch oder nicht-jüdisch“, hier geht es einzig und allein um die Frage „prominent oder nicht-prominent“. „Kuckucksei“ oder Betrug... Und warum Andre Heller, wie es in Schuberths Schlusssatz heifst, ,, wieder mal nachfühlen könnte, wie es Israel die ganze Zeit geht.“, das - muss ich sagen - verstehe ich überhaupt nicht. Gerhard Moser, Wien, 6.1.2023 [...] Vor allem aber ist es mir ein Bedürfnis, Ihnen folgendes mitzuteilen: Seit vielen Jahren lese ich die ZWISCHENWELT mit großem Interesse und großem Gewinn an vielfältigen Einsichten. In den letzten beiden Nummern aber haben Sie sich nochmals übertroffen. Ich habe die letzten Tage fast nur mit deren Lektüre verbracht, fasziniert von den Themen, intensiv recherchiert und präzise formuliert, wie man dies selten findet. Einige Texte sollten Schullektüre werden. Mit Dank und freundlichen Grüßen, Herbert Bauer, 10.1.2023 Zum Nach- vielleicht auch Vordenken / Brief ans Burgtheater vom 14.12.2022 Lieber Konstantin, auf untenstehenden Brief vom 14. Dezember 2022 habe ich bis heute keine Antwort erhalten. Ein Geschichtsverständnis, das die menschenvernichtende Qualität von Antisemitismus wie eine Naturgegebenheit behandelt (wie etwa eine Naturkatastrophe, vor der man sich in Sicherheit bringen muss) müsste sich als Ganzes in Frage stellen lassen, um zu einer Antwort zu gelangen. Einem eventuellen Vorwurf der „Wortklauberei“ entgegne ich mit Karl Kraus „Wer nicht der Sprache vergibt, vergibt nicht der Sache“ -und meins dazu: NUR DIE /DER. Herzlich Katja Rainer, 26.2.2023 88 _ ZWISCHENWELT Liebe geschätzte Menschen, ich Jännerprogramm) “Aufgrund ihrer jüdischen lese (im mir zugesandten Herkunft musste Maria Lazar über Jahre im Exil leben....“. Tatsächlich war es ABER so, dass die Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen Regimes die Ursache für Maria Lazars Flucht ins Exil war. Ich erhoffe mir von einer der „Verwaltungshochburgen“ von Sprache genügend Sensibilität für die unterschiedliche Beschreibung. Warum: Dem berühmten Satz Disraelis folgend, dass das, was allgemein als Verbrechen angesehen wird, sich in den höchsten Gesellschaftsschichten in ein (glamouröses) Laster verwandelt, hat ihr eigener Antisemitismus die österreichischen Eliten nie davon abgehalten, den für sie prickelnden Umgang mit jüdischen Intellektuellen und Künstlern zu pflegen (Judesein war und ist ja etwas an sich Lasterhaftes). Dieser Tradition folgt die Lesart des zitierten Textes und beansprucht so eine „judenfreundlichere Überlegenheit“ gegenüber einem Regime, dass die Tatsache, Jude zu sein, aus einem Laster in ein Verbrechen (zurück) verwandelt hat. In Ihrer Schreibart bleibt das Jüdinsein als Laster (wie interessant und prickelnd auch immer) an der Person haften. UND DAS TATSÄCHLICHE VERBRECHEN UND DIE TATSÄCHLICHEN VERBRECHER SIND GELÖSCHT. Ich sehe einem Dialog zu diesem wichtigen "Thema entgegen und hoffe von Herzen auf eine andere Antwort als die, die ich bei ähnlicher Gelegenheit (einer von unzähligen in diesem Medium) vom ORF (Radio) bekam, die lautete nämlich: „Es tut uns leid, dass Ihnen unser Programm nicht gefällt“ mit freundlichem Gruß Katja Rainer, 14.12.2022 Sehr geehrte Frau Pleßl, ich bin seit vielen Jahren in einem von Cécile Cordon (einer Autorin Ihres Verlags) gegründeten Czernowitzer Suchthilfeprojekt tätig und auch jetzt in der Ukrainehilfe aktiv. Daher habe ich mich besonders über die aktuelle Ausgabe der Zwischenwelt gefreut, Gratulation! Besonders beeindruckend fand ich Ihren Artikel über „Raschismus“, eine essentielle und lebendige Zusammenfassung mit vielen Literaturhinweisen. Ich würde den Artikel sehr gerne weiterleiten, könnte ich ihn wohl in elektronischer Form bekommen? „Slava Ukrajini“ und liebe Grüße, Silvia Franke, 4.2.2023 PS: Vor kurzem habe ich auch den hellsichtigen Osteuropa-Historiker Karl Schlögel entdeckt, ein deutsches Pendant zu Snyder: https://www.youtube.com/live/cpBZ9sz7NAefeature=share und ein Videointerview von Timothy Snyder mit Martin Pollack: https:// youtu.be/xQAgT7UwZW4. Alle drei kennen sich aus ihrer Zeit in Wien, wo immer wieder viele Osteuropa-Erlebenslinien zusammenlaufen. Liebe Silvia Franke! Vielen Dank fiir Ihre ermutigenden Zeilen und die Hinweise! Der Beitrag ist abrufbar unter: https://theodorkramer.at/ zwischenwelt/ausgaben/jg-39-3-4/plessl/ Slava Ukrajini, Sonja Pleßl (tatsächlich, die deutsche Transkription ist mit „j“ - liebe Grüße und danke fiir die Richtigstellung!) In dem sehr informativen Beitrag von Oksana Stavrou, der unter dem Titel „Drei postkoloniale Missverständnisse“ in der Zwischenwelt Nr.3-4 im November 2022 erschienen ist, befasst sich die Autorin mit Fragen, die zu mehr Klarheit und zum besseren Verständnis verschiedener Probleme rund um den brutalen Angriftskrieg Russlands auf die Ukraine beitragen. Wem gehören Verantwortung und Versöhnung? In diesem Teil heißt es unter anderem, dass Menschen in Russland, die Teil eines bestimmten Kollektivs sind, auch für Positionen dieses Kollektivs Verantwortung tragen. Als Beispiel eines solchen Kollektivs werden russische Kulturschaffende genannt, die allerdings nicht nur für eigene Werke, sondern auch für die gesamte russische Kultur und deren Haltung verantwortlich gemacht werden, auch für Werke, die nicht von ihnen selbst stammen. Dieser Anspruch scheint mir in der Realität schwer umsetzbar zu sein, da jeder Künstler, jede Künstlerin nur für sich selbst bzw. für eine Gruppe, der er/sie sich zugehörig fühlt, formal und inhaltlich bestimmend ist. Die Autorin verlangt unter anderem von russischen KünstlerInnen, KulturmanagerInnen, die darauf Wert legen, zu Gastspielen im Ausland eingeladen zu werden, dass sie sich öffentlich von Putins Angriffskrieg distanzieren. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass diese Art von ethischer Verantwortung in einem autoritären Staat schr gefährlich ist. Demokratische Gesinnung wird in Russland nicht selten mit Gefängnisstrafen geahndet. Im Jahr 2022 wurden das 2007 in der Ukraine gegründete Center for Civil Liberties, das seit Kriegsbeginn auf die Lage ukrainischer Gefangener aufmerksam macht, sowie der bereits seit mehr als einem Jahr in einem belarussischen Gefängnis inhaftierte Menschenrechtsvertreter Bjaljazki und die international bekannte russische Menschenrechtsorganisation Memorial, die sich für von der kommunistischen