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hen.“ Mit der Soldatenherrlichkeit war es allerdings relativ bald vorbei, der militärische Zusammenbruch der Donaumonarchie entließ den jungen Kameraden ziemlich abrupt ins Zivilleben: Jeder Zug hatten einen Soldaten als Schneider und zwei Ordonnanzen zum Stiefelputzen zugeteilt, da die Zöglinge selbst solche Arbeiten nicht verrichten mußten. Ebenso war das Reinigen der Schlaf- und Lehrsäle die Aufgabe von Soldaten. Als ich am genannten Tag [dem 28. Oktober 1918] morgens zum Schneider ging, um mir einen Mantelknopf annähen zu lassen, erhielt ich zu meinem Erstaunen die Antwort: „Nichts wird mehr g macht, es hat sich ausg’näht. “ Tschadek machte auf diese Weise Bekanntschaft mit einer sehr österreichischen Form der Revolution. Bald jedoch wurde es ungemiitlicher: Da auch die Lagerwachen des italienischen Kriegsgefangenenlagers den Dienst verweigerten, war Bruck bald von tausenden Italienern überschwemmt und die Geschäftsleute mußten manche unbezahlte Entnahme ihrer Waren hinnehmen. Gegen den Versuch, die Lebensmittelvorräte der Anstalt zu plündern, setzten sich Offiziere und Unteroffiziere zur Wehr, und es kam zu einem kurzen Feuergefecht. Aber auch unter den Militärzöglinge brachen Gewalttätigkeiten aus. „Am intransigentesten haben sich die tschechischen Schüler verhalten. Mit ihnen gab es beim Zerfall des Staates handgreifliche Auseinandersetzungen“, berichtete Tschadek mehr als vierzig Jahre später. Erst im Februar 1919 konnte der Militärrealschüler Tschadek, Mitglied des Deutschen Mittelschülerbundes, seine Ausbildung fortsetzen, mit ihm „die österreichischen, aber auch die sudetendeutschen Zöglinge“, die „in die ehemalige Militärakademie in der Boerhavegasse in Wien einberufen [wurden], wo eine Staatsstiftungsrealschule als Vorgänger der späteren Bundeserziehungsanstalten geschaffen wurde, die uns in den normalen Realschullehrgang überführen sollte. Dort fand sich auch ein Teil unserer Offiziere wieder, die als Erzieher verwendet wurden [...] Im Wien des Jahres 1919 nahm Tschadek auch erstmals die Formationen der Sozialdemokratie wahr — und verwendete zu ihrer affirmativen Beschreibung noch Jahrzehnte später durchaus so etwas wie militärische Begriffe: „Ich sah am 1. Mai erstmalig den gewaltigen Aufmarsch der Wiener Arbeiter, der in mir einen nachhaltigen Eindruck hervorrief. Drei Jahre später bin ich selbst zum ersten Mal mitmarschiert.“ Ein Studium der Staatswissenschaften an der Universität Wien endete nach einem Jahr am allzu großen Engagement in der sozialdemokratischen Studentenvereinigung, Tschadek sattelte auf Jus um. In der Autobiographie steht über dieses erste Studienjahr nicht viel mehr als eine Passage über durchaus ehrenvolle Händel mit nationalsozialistischen Studenten, die am 9. November 1923 in der Aula der Universität den Münchner Putschversuch Hitlers grölend feierten, aber auch der durchaus dubiose Satz: „Es ist kein Wunder, daß nach dem Zusammenbruch des Münchner Putsches, sich der Groll der Nationalen Studenten gegen die Juden richtete und das „Heil Hitler“ vom Ruf „Juden hinaus“ abgelöst wurde.‘ Das politische Hochschulengagement Tschadeks erlahmte trotz des Misserfolgs im ersten Studienjahr vorerst nicht. Im Sommer 1926 hielt er etwa vor der Votivkirche die Schlussrede bei einer großen Anschlusskundgebung der sozialistischen Studenten Deutschlands und Österreichs. In dieser Rolle wurde der Studiosus sogar nach Deutschland eingeladen: „In der Turnhalle von Heidelberg wurde ebenfalls eine Anschlusskundgebung veranstaltet, in der ich für Österreich das Wort ergriff.“ Tschadek fand in zwei prominenten Sozialdemokraten der damaligen Zeit auch politische Vorbilder bzw. Ziehväter, an denen er „mit Liebe und Verehrung“ hing. Das war zum einen der Nationalratsabgeordnete Karl Leuthner: „Leuthner war ein Feuergeist von ganz ungewöhnlicher rhetorischer Begabung, stark national eingestellt und jeder starren Dogmatik abhold.“ Zum anderen der Wiener Stadtrat Julius Tandler, der sich bereits 1924 für die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ ausgesprochen hatte: „Ein ebenso treuer Freund und Berater war Universitätsprofessor Dr. Julius Tandler, der berühmte Anatom, der gleichzeitig das Wohlfahrtswesen in Wien neu organisierte.“ 1929 war aber zunächst einmal Schluss mit der Politik, aus ganz prosaischen Gründen: „Die Notwendigkeit, mein Studium abzuschließen, hat mich nach dem Studienjahr 1929 gezwungen, meine Funktionen in der sozialistischen Studentenbewegung aufzugeben.“ 1930 wurde der frischgebackene Akademiker Gemeindebeamter in Mannersdorf am Leithagebirge und rückte ein Jahr später zum dortigen Amtsleiter auf. Am 12. Februar 1934 wurde er in seinem Gemeindeamt verhaftet, in das Bezirksgericht Bruck an der Leitha eingeliefert und kam Anfang März in das Anhaltelager Kaisersteinbruch. In einer solchen Lage ist man sicherlich leicht versucht, die Feinde seiner Feinde in einem positiveren Licht zu sehen, als es ihnen eigentlich gebühren würde. Jedenfalls war der Naziputsch vom 25. Juli 1934 für den Inhaftierten noch im Jahr 1960 nichts als ein „kühner Streich“, durchgeführt von „Rebellen“. Im September des Bürgerkriegsjahres wurde Tschadek aus dem Anhaltelager Wöllersdorf entlassen, aber ebenso von seiner Stelle als Gemeindebeamter. In Bruck an der Leitha versuchte er, sich eine neue Existenz als Rechtsanwaltsanwärter aufzubauen. Offenbar nur mit mäßigem Erfolg, denn die „viele Freizeit‘ machte dem jungen Mann zu schaffen: „Das Ergebnis [...] war ein politisches Manuskript, das ich im Jahre 1937 fertigstellte und meinem Freund Oskar Helmer übergab. Dieser wollte dafür die Druckerlaubnis erwirken und hat das Manuskript auch anderen Freunden zu lesen gegeben. Glücklicherweise hat sich die Druckerlaubnis verzögert, so daß das Buch im März 1938 noch immer nicht erschienen war.“ Zum Widerstandskämpfer fühlte sich Tschadek in dieser Zeit wohl eher nicht berufen, auch bei der sogenannten Volksabstimmung am 10. April 1938 gab er seinen Stimmzettel offen mit „ja“ für Großdeutschland ab. Mit einem Gesuch um Aufnahme in den NS-Rechtswahrerbund versuchte er 1939 entgültig, sich mit dem Regime zu arrangieren, erhielt aber die Mitteilung, daß seine Aufnahme wegen seiner politischen Vergangenheit abgelehnt sei. Nun fanden im Jahr 1939 die letzten Rechtsanwaltsprüfungen nach der österreichischen Anwaltsordnung statt und ich hatte mich daher zur Prüfung angemeldet. Wenige Wochen vor dem bereits feststehenden Prüfungstermin erfolgte eine Mitteilung des Oberlandesgerichtes Wien, daß ich wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit auch zur Prüfung nicht zugelassen würde. Ich mußte mich also auf den Weg machen, um eine Abänderung dieses Bescheides zu erreichen. Örtliche nationalsozialistische Dienststellen haben mich dabei auf Grund längerer persönlicher Bekanntschaft unterstützt, nicht zuletzt auch deshalb, weil ich zwischen 1934 und 1938 einige Male als Strafverteidiger für angeklagte Nationalsozialisten aufgetreten bin. So ist in letzter Minute eine Abänderung dieses Bescheides erfolgt und ich konnte am 30. August 1939 [...] die Prüfung ablegen. Meine Eintragung in die Verteidigerliste wurde anstandslos durchgeführt, die Eintragung in die Rechtsanwaltsliste blieb mir jedoch versagt. 17