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Internierung“ kam ein Mietzuschuß hinzu. Das Tagegeld reichte nur unter größten Einschränkungen zum Unterhalt aus. An einigen Orten, wie Ferramonti-Tarsia, herrschte zeitweise Hunger. Der Gesundheitszustand der Internierten war infolge der Entbehrungen geschwächt. Jeder fünfte wurde im Laufe der Internierung einmal — es sei betont — auf Staatskosten, in ein Krankenhaus eingeliefert. In Ferramonti-Tarsia etwa wurden 820 Malariafälle registriert, zum Glück aber nicht einer tödlichen Form. Der Verlust an Privatsphäre, die Monotonie des Lagerlebens und die Vereinsamung in den meist abgelegenen Dörfern und Städten der „freien Internierung‘“, in denen der Umgang mit den Einheimischen außer für Einkäufe und Arztbesuche untersagt war, führten auf Dauer zu einem Zustand psychischer Bedrückung und Zermiirbung.*° Die faschistische Verfolgung hat das Leben der Juden nicht bedroht, solange Italien ein souveräner Staat war. Es gab keine Vernichtungspläne der Regierung. Dies schlug sich auch in der Einstellung gegenüber den Internierten wieder. Das Internierungsdekret vom 4. September 1940 betonte in Anlehnung an die Genfer Konvention zur Behandlung der Kriegsgefangenen von 1929 ausdrücklich: „Die Internierten sind menschlich zu behandeln und vor Beleidigung und Gewalt geschützt.“ Dieser Grundsatz wurde fast immer eingehalten. Gewaltakte gegenüber internierten Juden wurden vom Innenministerium mißbilligt und konnten zur Versetzung führen. Die Lagerdirektoren, Gemeindesekretäre und Wachmannschaften brachten den Juden keinen Haß und keine Verachtung entgegen. Vielfach erleichterten sie ihr Los, indem sie leichte Übertretungen der Vorschriften duldeten. In Ferramonti-Tarsia bestand eine gewählte Selbstverwaltung der Internierten, der zahlreiche Kommissionen (Schulkommission, Gesundheitskommission, Hilfskomitees usw.) angeschlossen waren. Es gab in Ferramonti-Tarsia drei Synagogen, eine liberale und zwei orthodoxe, die fast wie in normalen Zeiten kleine Streitigkeiten untereinander austrugen, und lebhaft besuchte Theater-, Musikund Sportveranstaltungen. Hochzeiten wurden gefeiert, und 25 Kinder kamen zur Welt. Es erstaunt daher nicht, daß die Berichte der Flüchtlinge weitgehend ein günstiges Bild der Internierung zeichnen, in welchem sich der Dank für das Überleben, wenn auch unter harten Bedingungen, widerspiegelt.” Nach dem Beginn der deutschen Besetzung als Folge des geheim abgeschlossenen Waffenstillstands Italiens mit den Alliierten vom 8. September 1943 waren die Juden, nicht anders als in allen besetzten Ländern, mit Verhaftung, Deportation und Tod in einem Lager oder einem Vernichtungslager bedroht.” Zwei Tage nach dem Waffenstillstand hob die nach dem Sturz Mussolinis am 25. Juli 1943 an die Macht gelangte Regierung Badoglio, entsprechend einer Vereinbarung im Waffenstillstandsabkommen, die Internierung von Ausländern auf. Die Freigelassenen durften wählen, ob sie am Ort bleiben und weiterhin das staatliche Unterhaltsgeld beziehen oder an ihren Wohnort vor der Internierung zurückkehren wollten. Das entsprechende Telegramm des Polizeichefs erreichte noch einige Präfekturen in Mittel- und Süditalien, aber keine mehr in Norditalien, das die deutschen Truppen bereits unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Ein großer Teil der Internierten verließ entweder kurz vor dem Eintreffen der deutschen Truppen oder in den folgenden Tagen die Internierungsorte. In den Lagern hingegen kam die Besetzung meist der Flucht zuvor. In Süditalien rückten die alliierten Verbände nach der Landung in Sizilien, in Kalabrien und im Golf von Salerno zügig nach Norden vor, bis sie nördlich von Neapel an der Linie Montecassino — Ortona aufgehalten 30 wurden. Dadurch waren zwischen 2.200 und 2.300 ausländische Juden in neun Provinzen in den Lagern Ferramonti-Tarsia, Campagna bei Salerno und Alberobello in Apulien sowie in den Städten und Dörfern der „freien Internierung‘“ in Sicherheit, bevor die deutsche Polizei in Erscheinung treten konnte.” Die Razzien der deutschen Polizei und damit der SS in Italien setzten bereits Mitte September in Meran ein. Am 16. Oktober fand die großangelegte Verhaftungsaktion in Rom im Viertel des historischen Ghettos statt, wo in wenigen Straßenzügen noch viele Juden wohnten. 1.030 Menschen, Männer, Frauen und Kinder jeden Alters wurden nach ihrer Festnahme und Einschließung in einer Kaserne in plombierten Güterwagen nach Auschwitz abtransportiert, wo nur wenige überlebten.” Es folgten weitere Razzien in Florenz, Bologna, Mailand, Turin und einigen kleineren Städten, die zum Teil von demselben Einsatzkommando durchgeführt wurden wie in Rom. Ab Anfang Dezember 1943 wurde die Organisation der Deportation der Juden, die nunmehr hauptsächlich vom Gefängnis San Vittore in Mailand ausging, von einem Amt des Befehlshabers der Sicherheitspolizei in Verona übernommen, dem Außenkommandos in mehreren großen Städten unterstanden. Nach neuestem Kenntnisstand wurden insgesamt 6.806 Juden aus Italien deportiert, von denen nur 837 die Deportation überlebten. 2.444 Deportierte waren außerhalb Italiens geboren und somit überwiegend Flüchtlinge. Eine Statistik der Deportierten nach Herkunftsländern fehlt bisher in den Veröffentlichungen. Grob geschätzt müßten 300 österreichische Juden in Italien der Deportation zum Opfer gefallen sein.” Die faschistische Regierung der nach der deutschen Besetzung gegründeten Repubblica Sociale Italiana mit Sitz in Salö am Gardasee schloß sich bald der deutschen Verfolgungspolitik an. Mussolini wollte den deutschen Razzien, die seinen Polizeiapparat verunsicherten, nicht tatenlos zusehen, um den italienischen Souveränitätsanspruch zu unterstreichen. In der am 30. November 1943 erlassenen Polizeiverordnung Nr. 5 wurde die Verhaftung „aller Juden, gleich welcher Nationalität, die im italienischen Staatsgebiet ansässig sind“, ihre Einlieferung in Konzentrationslager sowie die Einziehung ihres Vermögens verfügt. Anfangs sollten Lager in den Provinzen und in einer zweiten Phase auch auf nationaler Ebene errichtet werden. Bekannt sind bisher zwanzig solcher „Provinzkonzentrationslager“. Sie befanden sich wiederum meist in bereits bestehenden Gebäuden: Kasernen, Schulen, Hotels usw. In einigen Fällen dienten die Gefängnisse der Provinzhauptstädte zur Einsperrung. Im ganzen blieben die Regelungen der ersten Internierungsphase während der italienischen Souveränität bestehen, doch waren die Gebäude jetzt in der Regel strenger bewacht. In den Lagern Servigliano und Pollenza in den Marken sowie in Scipione di Salsomaggiore wurden Juden von Partisanen befreit.” Wohl auf Grund organisatorischer Schwierigkeiten wurde am Ende nur ein einziges zentrales oder nationales Konzentrationslager in Fossoli bei Carpi in der Emilia-Romagna errichtet. Es unterstand dem Innenministerium und wurde von zwei italienischen Polizeikommissaren geleitet. Bei der ersten Deportation von Fossoli nach Auschwitz am 22. Februar 1944 wurde das Lager von einer deutschen Polizeieinheit umstellt, die den Abtransport durchführte und das italienische Lagerpersonal zur Mitarbeit zwang. Wenig später wurde das Lager dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei in Verona unterstellt, der einen Angehörigen seines Stabs zum Lagerkommandanten ernannte. Danach wurden in Fossoli noch fünf weitere Transporte zusammengestellt, drei nach Auschwitz und zwei nach Bergen